Verfahrensgang

LG Nürnberg-Fürth (Beschluss vom 03.05.1999; Aktenzeichen 1 OH 3280/98)

 

Tenor

I. Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluß des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 03. Mai 1999 abgeändert.

II. Die Ablehnung des Sachverständigen Dipl.-Ing. (FH) R. F. wegen Besorgnis der Befangenheit wird für begründet erklärt.

 

Gründe

Die gemäß §§ 492 Abs. 1, 406 Abs. 5, 577 Abs. 2, 569 ZPO zu lässige sofortige Beschwerde ist begründet.

1. Der Antrag, den Sachverständigen F. wegen Befangenheit abzulehnen, ist zulässig.

a) Zwar kann ein Sachverständiger zu einem späteren Zeitpunkt als zwei Wochen nach Verkündung oder Zustellung des Beschlusses über die Ernennung des Sachverständigen in zulässiger Weise nur dann abgelehnt werden, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, daß er ohne sein Verschulden verhindert war, den Ablehnungsgrund früher geltend zu machen. Dies ist jedoch vorliegend der Fall, da zur Begründung des Ablehnungsantrages Tatsachen angeführt werden, die sich erst aus dem Gutachten des Sachverständigen F. ergeben. Nachdem dieses Gutachten äußerst umfangreich ist, ist das am 03. März 1999 eingegangene Ablehnungsgesuch auf das am 03. Februar 1999 hinausgegebene Gutachten – eine förmliche Zustellung ist nicht erfolgt – insoweit noch nicht zu beanstanden.

b) Die Ablehnung eines Sachverständigen kann nach herrschender Meinung und ständiger Rechtsprechung des Senats auch im selbständigen Beweisverfahren erfolgen (vgl. Senatsbeschluß, Az.: 13 W 1466/99; OLG Celle NJW-RR 95, 1404; Jessnitzer/Frieling, Der gerichtliche Sachverständige, 10. Aufl., Rn. 355).

2. Nach §§ 406 Abs. 1 Satz 1, 42 Abs. 1 ZPO kann ein Sachverständiger wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Mißtrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen.

Dabei kommt es für die Besorgnis der Befangenheit nicht darauf an, ob der vom Gericht beauftragte Sachverständige tatsächlich parteiisch ist oder ob das Gericht Zweifel an der Unparteilichkeit des Sachverständigen hat. Vielmehr rechtfertigt bereits der bei der ablehnenden Partei erweckte Anschein der Parteilichkeit des Sachverständigen dessen Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit, wenn vom Standpunkt der ablehnenden Partei aus genügend objektive Gründe vorhanden sind, die in den Augen einer verständigen Partei geeignet sind, Zweifel an der Unparteilichkeit des Sachverständigen zu wecken (BGH NJW 75, 1363; NJW-RR 87, 893). Es genügt also das Vorliegen von Umständen, die auch bei einer vernünftigen, nüchtern denkenden Partei die Befürchtung rechtfertigen können, der Sachverständige habe sich einseitig festgelegt oder glaube den Angaben der einen Partei mehr als denjenigen der anderen (OLG München NJW 92, 1569). Es genügt daher jede Tatsache, die ein auch nur subjektives Mißtrauen der Partei (nicht ihres Rechtsanwalts) in die Unparteilichkeit des Sachverständigen vernünftigerweise rechtfertigen kann (vgl. auch Zöller/Greger, 21. Aufl., ZPO § 405 Rn. 8).

Der Ablehnungsantrag ist hiernach gerechtfertigt:

a) Der Sachverständige hat am 27. November 1998 eine Ortsbesichtigung des streitgegenständlichen Bauvorhabens im Beisein eines Antragstellers durchgeführt, ohne die Antragsgegnerin hiervon zu verständigen und ihr damit die Teilnahme an diesem Termin zu ermöglichen.

Eine Ablehnung ist regelmäßig begründet, wenn der Sachverständige zur Vorbereitung seines Gutachtens eine Ortsbesichtigung in Anwesenheit nur einer der Parteien durchführt, ohne die andere Partei von dem Ortstermin zu benachrichtigen und ihr Gelegenheit zur Teilnahme daran zu geben, da hierdurch der Eindruck entstehen kann, daß der Sachverständige allein der geladenen Partei Möglichkeiten der Einflußnahme gegeben hat, die der nicht verständigten Partei versagt blieben (OLG Frankfurt, NJW 83, 581). Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn die andere Partei an vorangegangenen Ortsterminen nicht teilgenommen hat. Auch wenn angesichts des nach Meinung der Antragsteller gefahrdrohenden Zustandes, von welchem auch der Sachverständige aufgrund der Mitteilung der Antragsteller zunächst ausgehen durfte, ein sofortiger Ortstermin notwendig war, wäre es dem Sachverständigen doch möglich gewesen, die Antragsgegnerin bzw. deren Prozeßbevollmächtigte per Fax oder Telefon von der Abhaltung des Termins zu informieren und ihnen so Gelegenheit zur Teilnahme daran zu geben. Unerheblich hingegen ist in diesem Zusammenhang der seitens des Landgerichts angeführte Umstand, daß die Ausführung der aufgrund der Feststellungen beim Termin vom 27. November 1998 als notwendig angesehenen Abstützungsmaßnahmen auch im Interesse der Antragsgegnerin lag. Diese Frage hat mit der Frage der Informationspflicht des Sachverständigen über von ihm vorzunehmende Ortsbesichtigungen nichts zu tun. Auch die seitens des Landgerichts aufgeworfene Frage, ob die Parteien überhaupt einen Anspruch auf Teilnahme an einer Ortsbesichtigung des Sachverständigen haben, kann hier schon deswegen dahinstehen, weil jedenfalls ei...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?