Leitsatz (amtlich)
1.
Die Rüge, mit der die Befangenheit wegen einer Aufforderung des Vorsitzenden der Berufungskammer zur Rücknahme des Rechtsmittels geltend gemacht wird, bei der dieser auf den Ablauf und das Ergebnis der Beweisaufnahme vor dem Amtsgericht abgehoben hatte, ist regelmäßig nur dann ordnunngsgemäß erhoben, wenn sie die wörtliche oder zumindest inhaltliche Wiedergabe der hierfür relevanten Teile der erstinstanzlichen Beweisaufnahme mitteilt.
2.
Die Ablehnung eines Richters wegen Besorgnis der Befangenheit ist gerechtfertigt, wenn der Angeklagte auf Grund des ihm bekannten Sachverhalts bei verständiger Würdigung der Sache Grund zu der Annahme hat, der abgelehnte Richter nehme ihm gegenüber eine innere Haltung ein, die dessen Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit störend beeinflussen könne.
3.
Ein Richter kann den Eindruck erwecken, er habe sich in der Schuld- und Straffrage bereits festgelegt, wenn er den Verteidiger der den Tatvorwurf bestreitenden Angeklagten beim Vorwurf des Betruges wegen der Gewährung von Leistungen nach dem BAföG zur Rücknahme der Berufung auffordert und in der übermittelten Verfügung mitteilt, "es können keine Zweifel bestehen, dass die Angeklagte bei Antragstellung von bestehendem Vermögen wusste, das wissentlich nicht angegeben wurde".
Tenor
I.
Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts ... vom 23. April 2007 aufgehoben.
II.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts ... zurückverwiesen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht ... hat die Angeklagte am 25.1.2007 wegen Betruges in zwei
Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 75 Tagessätzen zu je 10,00 Euro verurteilt.
Die gegen dieses Urteil von der Angeklagten eingelegte Berufung hat das Landgericht ... mit Urteil vom 23.4.2007 verworfen.
Mit ihrer hiergegen gerichteten Revision rügt die Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts.
II.
Die Revision ist form- und fristgerecht eingelegt (§ 341 Abs.1 StPO) und in zulässiger Weise begründet (§§ 344, 345 StPO). Die erhobene Verfahrensrüge dringt durch.
1.
Der Schuldspruch kann keinen Bestand haben; wie die Beschwerdeführerin zutreffend geltend macht, war das gegen den Vorsitzenden gerichtete Ablehnungsgesuch begründet (§ 338 Nr. 3 StPO).
a)
Dem liegt folgendes Verfahrensgeschehen zugrunde:
Aufgrund einer Verfügung des Vorsitzenden der Berufungskammer vom 28.2.2007 wurde bei dem Verteidiger der Angeklagten im Vorfeld der Berufungshauptverhandlung schriftlich nach dem mit dem Rechtsmittel verfolgten Ziel angefragt. In dieser Verfügung heißt es auszugsweise: "Anfrage bei Vert. nach Berufungsziel. Die rechtliche Wertung des AG ist aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme nicht zu beanstanden. Es können keine Zweifel bestehen, dass die Angeklagte bei Antragstellung von bestehendem Vermögen wusste, das wissentlich nicht angegeben wurde. Auch die Strafzumessung ist nicht zu beanstanden. Bleibt Berufung aufrecht erhalten? Frist 2 Wo."
Die Angeklagte hat den Vorsitzenden mit Schriftsatz vom 19.3.2007 außerhalb der Hauptverhandlung wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass es der Vorsitzende, noch bevor die Hauptverhandlung überhaupt begonnen hatte, es - ausweislich der von ihm mitgeteilten richterlichen Verfügung vom 28.2.2007 - als feststehende Tatsache angesehen habe, sie habe bei Stellung ihres BAföG-Antrages von bestehendem Vermögen gewusst und dieses wissentlich verschwiegen. Wenn der Vorsitzende nicht einmal abwarte, bis der Verteidiger die Anfrage nach dem Berufungsziel beantwortet habe, bedürfe es der Durchführung des Rechtsmittels nicht mehr. Es bestehe daher der begründete Verdacht, dass der abgelehnte Richter voreingenommen gewesen sei.
Der Vorsitzende hat in seiner dienstlichen Erklärung vom 22.3.2007 mitgeteilt, der Hinweis habe sich "aufgrund der in erster Instanz durchgeführten Beweisaufnahme aufgedrängt, nachdem die Angeklagte selbst angegeben hatte, von dem bestehenden Vermögen gewusst und dennoch den unzutreffenden BAföG-Antrag unterschrieben zu haben".
Das Landgericht hat das Ablehnungsbegehren mit Beschluss vom 5.5.2007 als unbegründet zurückgewiesen. Die Angeklagte ist der Ansicht, dies sei zu Unrecht geschehen.
b)
Die erhobene Rüge entspricht den Anforderungen des § 344 Abs. 2 S. 2 StPO.
Will der Beschwerdeführer eine Verletzung des Verfahrensrechts geltend machen, muss er die den Mangel enthaltenden Tatsachen so vollständig und genau angeben, dass das Revisionsgericht allein aufgrund der Begründungsschrift prüfen kann, ob ein Verfahrensfehler vorliegt, wenn die behaupteten Tatsachen bewiesen werden (BGHSt 3, 213, 214; Meyer-Goßner StPO 50. Aufl. § 344 Rn. 21; Kuckein in: KK-StPO 5. Aufl. § 344 Rn. 38).
Diesem Erfordernis wird der Sachvortrag der Beschwerdeführerin gerecht.
Die Entscheidung des Revisionsgerichts darüber, ob der aus dem Ablauf und dem Ergebnis der Beweisaufnahme vor dem Amtsgericht resultierende Vorwurf der Voreingenommenheit gegenüber dem Vorsi...