Entscheidungsstichwort (Thema)

Reparaturkosten, Berufung, Versicherungsfall, Erfolgsaussicht, Streitwertfestsetzung, Versicherungsnehmer, Kaufvertrag, Rechtsanwaltskosten, Rechtsmittel, Versicherer, Arbeitsleistung, Restwert, Ersatzpflicht, Versicherungsvertrag, pauschale Behauptung, im eigenen Namen, Eintritt des Versicherungsfalls

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein Wohngebäude- und Hausratversicherer, der für die Sanierung eines Leitungswasserschadens ein Fachunternehmen auswählt, übernimmt damit grundsätzlich keine eigene Reparaturpflicht gegenüber dem Versicherungsnehmer.

2. Der Versicherer schuldet in einer solchen Konstellation nur die ordnungsgemäße Auswahl eines geeigneten Unternehmens, er haftet hingegen nicht für behauptete weitere Schäden, die das ausgewählte Unternehmen bei Durchführung der Sanierungsarbeiten versuracht haben soll (Fortführung von OLG Nürnberg, NJW-RR 1994, 1512 = r+s 1995, 106).

3. Solange das Rechtsmittel in der Hauptsache bei ihm anhängig ist, ist das Berufungsgericht auch dann zur Änderung der erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung gemäß § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG befugt, wenn alle Beteiligten auf Rechtsmittel gegen den erstinstanzlichen Festsetzungsbeschluss verzichtet haben.

 

Normenkette

BGB §§ 278, 280 Abs. 1; GKG § 63 Abs. 3; VVG § 1 S. 1; ZPO § 138 Abs. 1, § 256 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Nürnberg-Fürth (Urteil vom 16.09.2021; Aktenzeichen 11 O 8959/20)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 16.09.2021, Aktenzeichen 11 O 8959/20, wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens, einschließlich der Kosten der Streithelferinnen, zu tragen.

3. Das in Ziffer 1. genannte Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte oder die Streithelferinnen vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 36.011,05 EUR festgesetzt.

5. Der Streitwert für das Verfahren der ersten Instanz wird unter Abänderung des Beschlusses des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 20.07.2021 auf 36.011,05 festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten über Leistungs- und Schadenersatzansprüche im Rahmen einer Hausrat- und Gebäudeversicherung, die der Kläger für sein Einfamilienhaus in der M. Straße ... in B. seit dem 14.07.2017 bei der Beklagten unterhielt. Der Risikoschutz ist Teil des Versicherungsprodukts "... PrivatPolice" (Anlage K 1). Neben den Allgemeinen Versicherungsbedingungen der Beklagten für dieses Produkt liegen dem Vertrag die Hausratversicherungsbedingungen (Anlagenkonvolut K 2 ab Seite 63; im Folgenden: HRB) und die Wohngebäudeversicherungsbedingungen (Anlagenkonvolut K 2 ab Seite 93; im Folgenden: WGB) zugrunde.

Hintergrund des Rechtsstreits ist ein Leitungswasserschaden, der sich am 17.07.2017 v.a. in der Küche des klägerischen Anwesens ereignete und den der Kläger am gleichen Tag bei der Beklagten meldete. Nach einer von der Beklagten veranlassten Schadensprüfung durch die D. erteilte die Beklagte am 30.08.2017 einen Auftrag an die Streithelferin zu 1) zur Feuchtigkeitsmessung und Trocknung (Anlage B 1). Diese erstellte unter dem 14.09.2017 ein entsprechendes Angebot an den Kläger (Anlage B 2) und beauftragte ihrerseits die Streithelferin zu 2) für einen Teil der Arbeiten als Subunternehmerin.

Für den Schaden am Gebäude leistete die Beklagte eine Entschädigung von insgesamt 5.433,85 EUR an den Kläger (Anlage K 11). Auf den Schaden am Hausrat des Klägers leistete die Beklagte eine Entschädigung von insgesamt 2.050 EUR (Anlagen K 12 und K 13).

Der Kläger macht geltend, die Schadensbeseitigungsmaßnahmen seien durch die Streithelferinnen nicht fachgerecht ausgeführt worden. Dadurch sei die Einrichtung des Anwesens in erheblichem Umfang weiter beschädigt worden. Über den eigentlichen Versicherungsfall hinaus sei dem Kläger ein weiterer Schaden von 32.737,32 EUR entstanden.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das Landgericht hat die auf Zahlung von 32.737,32 EUR, Feststellung der Ersatzpflicht für weitere mit der Sanierung des Leitungswasserschadens zusammenhängende Schäden sowie Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.809,75 EUR gerichtete Klage mit Endurteil vom 16.09.2021 ohne Beweisaufnahme vollständig abgewiesen. Es hat dabei im Wesentlichen darauf abgestellt, dass die Feststellungsklage unzulässig sei, da der Kläger nicht dargelegt habe, dass über den bezifferten Betrag hinaus weitere Schäden möglich oder gar wahrscheinlich seien. Im Übrigen bestehe dem Grunde nach weder ein Erfüllungs- noch ein Schadenersatzanspruch des Klägers gegen die Beklagte. Es gebe keine vertraglich vereinbarte Verpflichtung der Beklagten, die Repa...

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