Verfahrensgang
LG Regensburg (Entscheidung vom 15.06.2011; Aktenzeichen 7 AR 2/11) |
Tenor
I.
Auf die Beschwerde des Leiters der Justizvollzugsanstalt S. vom 4.7.2011 wird der Beschluss der 7. Zivilkammer des Landgerichts Regensburg vom 15.6.2011 aufgehoben und die vorläufige Unterbringung des Betroffenen in einer geeigneten geschlossenen Einrichtung im Sinne des § 2 ThUG einstweilen angeordnet.
II.
Diese Anordnung endet spätestens am 21. Oktober 2011, sofern sie nicht vorher verlängert wird.
III.
Bei der Zuführung zur Unterbringung darf die zuständige untere Verwaltungsbehörde - soweit nötig mit Hilfe der polizeilichen Vollzugsorgane - Gewalt anwenden und erforderlichenfalls auch gegen den Willen des Betroffenen dessen Wohnung betreten.
IV.
Die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung wird angeordnet.
Gründe
I.
Der Betroffene wurde am 16.12.1997 vom Landgericht München I im Verfahren 10 KLs ... wegen sexueller Nötigung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Zugleich wurde gegen ihn die Sicherungsverwahrung angeordnet, die seit dem 5.6.2000 in der Justizvollzugsanstalt S. vollzogen wurde. Der Verurteilung lag zugrunde, dass der Betroffene sich gegenüber einer ihm bis dahin völlig unbekannten 24-jährigen dunkelhäutigen Asylbewerberin als Polizeibeamter ausgab und sie so veranlasste, ihm in seine Wohnung zu folgen. Dort verlangte er von der jungen Frau sexuelle Handlungen und erreichte mit der Drohung, sie vom Balkon zu werfen, dass diese ihm keinen Widerstand entgegensetzte. Sie duldete deshalb manuelle und orale Manipulationen an ihrer Scheide und ihrem After, sowie die Rasur ihrer Schamhaare. Er erreichte ferner, dass die Geschädigte mit ihren Händen an seinem Geschlechtsteil rieb. Die Tathandlungen zogen sich über einen Zeitraum von zwei Stunden hin und waren mit entwürdigenden Handlungen für das Opfer verbunden.
Am 03.01.2011 beantragte der Leiter der Justizvollzugsanstalt S. bei dem Landgericht Regensburg die Unterbringung des Betroffenen in einer geschlossenen Einrichtung gemäß § 1 ThUG anzuordnen und insoweit vorab die vorläufige Unterbringung gemäß § 14 ThUG anzuordnen.
Mit Beschluss vom 15.4.2011 hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Nürnberg entschieden, dass die Unterbringung des Betroffenen in der Sicherungsverwahrung mit Ablauf des 30.6.2011 erledigt ist; am 30.6.2011 wurde der Betroffene aus dem Maßregelvollzug entlassen.
Mit Beschluss vom 15.6.2011 hat die 7. Zivilkammer des Landgerichts Regensburg, nach vorheriger persönlicher Anhörung des Betroffenen und Stellungnahme des beigeordneten Rechtsanwalts, den Antrag auf Anordnung einer vorläufigen Unterbringung des Betroffenen zurückgewiesen und die Zurückweisung im Wesentlichen damit begründet, dass unter Berücksichtigung des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 4.5.2011 (2 BvR 2365/09 u.a.) auch eine Unterbringung nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 ThUG nur dann zulässig sei, wenn von dem Betroffenen aufgrund seiner psychischen Störung eine hochgradige Gefahr schwerster Gewalt- oder Sexualdelikte ausgeht. Da beim Betroffenen nur gravierende und nicht schwerste Sexualstraftaten zu befürchten seien, dürfe keine vorläufige Unterbringung nach § 14 ThUG angeordnet werden.
Gegen den am 22.6.2011 zugestellten Beschluss, hat der Leiter der Justizvollzugsanstalt S. mit Schriftsatz vom 4.7.2011, der am 5.7.2011 beim Landgericht Regensburg einging, Beschwerde eingelegt. Auf die Begründung der Beschwerde wird Bezug genommen.
Mit Beschluss vom 6.7.2011 hat die 7. Zivilkammer des Landgerichts Regensburg der Beschwerde nicht abgeholfen.
II.
1.
Die Beschwerde des Beteiligten zu 1) und Antragstellers ist gemäß § 14 Abs. 1 ThUG statthaft und auch im Übrigen zulässig (§§ 14 Abs. 2, 3 ThUG i.V.m. §§ 58 ff FamFG). Dass der Betroffene zwischenzeitlich aus dem Maßregelvollzug der Justizvollzugsanstalt S. entlassen wurde und seinen Wohnsitz nunmehr in D. genommen hat, hat gemäß § 3 ThUG i.V.m. § 2 Abs. 2 FamFG keinen Einfluss auf die nach § 4 Abs. 2 Satz 2 bei Einleitung des Verfahrens begründete ausschließliche Zuständigkeit des Landgerichts Regensburg und damit des Oberlandesgerichts Nürnberg als Beschwerdegericht.
2.
Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg und führt zur Anordnung der einstweiligen Unterbringung des Betroffenen nach § 14 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 und 2 und § 2 ThUG.
a)
Die Vorschriften der §§ 1 ff., 14 ThUG sind anwendbar. Die mit Schriftsatz des Beistandes des Betroffenen vom 15.4.2011 geäußerte Auffassung, das Therapieunterbringungsgesetz sei verfassungswidrig, teilt der Senat nicht. Aus den nachfolgend dargelegten Gründen (b, cc, 2) besteht insbesondere auch kein Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot.
b)
Nach § 14 Abs. 1 ThUG kann das Gericht im Hauptsacheverfahren durch einstweilige Anordnung für die Dauer von 3 Monaten eine vorläufige Unterbringung anordnen, wenn Gründe für die Annahme bestehen, dass die Voraussetzungen für die Anordnung einer Therapieunterbringung nach § 1 ThUG gegeben sind und ein dringendes Bedürfnis für ein sofo...