Leitsatz (amtlich)
1. Der überschließende Wert eines Vergleichs mit einer Abgeltung des Berufsunfähigkeitsversicherungsvertrages, dessen Wirksamkeit nicht Streitgegenstand ist, besteht i.H.v. 20 % der 3,5fachen Jahresbeiträge von Rentenleistung und Versicherungsprämie, da der Versicherungsnehmer auf weitere Ansprüche auch aus zukünftigen Versicherungsfällen verzichtet.
2. Für die Frage eines überschießenden Vergleichswerts spielt es keine Rolle, ob die Klagepartei ihren Anspruch auf zukünftige Leistung in Form einer Leistungs- oder einer Feststellungsklage geltend gemacht hat.
Normenkette
ZPO §§ 3, 9
Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth (Beschluss vom 16.12.2011; Aktenzeichen 11 O 5917/11) |
Tenor
I. Auf die sofortige Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Beklagten wird der Streitwertbeschluss des LG Nürnberg-Fürth vom 16.12.2011, korrigiert mit Beschluss vom 22.12.2011, wie folgt geändert:
Der Streitwert für das Verfahren wird auf 74.648,56 EUR festgesetzt.
II. Der Streitwertbeschluss des LG Nürnberg-Fürth vom 16.12.2011, korrigiert mit Beschluss vom 22.12.2011, wird von Amts wegen weiterhin wie folgt geändert:
Der überschießende Streitwert wird auf 8.903,08 EUR festgesetzt.
III. Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.
IV. Diese Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Die Klägerin hat von der Beklagten die Zahlung von 34.000 EUR Berufsunfähigkeitsrente, die Feststellung, dass bei der Klägerin mindestens 50 % Berufsunfähigkeit vorliegt, die Zahlung von 2.036,26 EUR zu Unrecht gezahlte Beiträge, die Feststellung, dass keine Verpflichtung zur Zahlung der Beiträge mehr besteht, sowie das Fondsguthaben abzurechnen und auszuzahlen, begehrt.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 23.11.2011 hat das LG den Parteien einen Vergleich vorgeschlagen, in dem sich die Beklagte verpflichtet, an die Klägerin 25.000 EUR zur Abgeltung sämtlicher gegenseitiger Ansprüche aus der streitgegenständlichen Versicherung zu zahlen, der Versicherungsvertrag aufgehoben und erledigt ist und die Kosten des Rechtsstreits gegeneinander aufgehoben werden.
Nachdem beide Parteien dem Vergleich zugestimmt hatten, hat das LG mit Beschluss vom 16.12.2011 das Zustandekommen des Vergleiches festgestellt und den Streitwert für das Verfahren auf 7.159.917,26 EUR festgesetzt sowie einen überschießenden Vergleichswert von 22.226,82 EUR. Mit Beschluss vom 22.12.2011 hat das LG den Streitwertbeschluss wegen eines offensichtlichen Schreibversehens dahingehend berichtigt, dass der Streitwert für das Verfahren auf 71.599,17 EUR festgesetzt wird und der überschießende Streitwert auf 22.226,82 EUR. Beide Beschlüsse wurden den Beklagtenvertretern am 28.12.2011 zugestellt.
Mit Schriftsatz vom 9.1.2012 haben die Prozessbevollmächtigten der Beklagten gegen den Streitwertfestsetzungsbeschluss Beschwerde bzw. Rechtsmittel eingelegt mit dem Ziel, dass der Streitwert für das Verfahren auf 77.163,94 EUR und der überschießende Vergleichswert auf 32.160,77 EUR festgesetzt werden. Sie sind der Ansicht, dass für den Feststellungsantrag Ziff. 2 (Feststellung, dass bei der Klägerin mindestens 50 % Berufsunfähigkeit vorliegt) 42 × (1000 EUR + 59,99 EUR) × 0,8 also 35.612,30 EUR, für Ziff. 4 der Klage (Feststellung, dass keine Verpflichtung zur Zahlung der Beiträge mehr besteht) 42 × 59,99 EUR also 2.515,38 EUR und für Ziff. 5 der Klage (das Fondsguthaben abzurechnen und auszuzahlen) 3.000 EUR der Streitwertfestsetzung zugrunde zu legen sind und bei dem überschießenden Vergleichswert neben dem Streitwert für die Vertragsaufhebung von 44.515,38 EUR × 0,5 noch weitere 9.903,08 EUR als Restbetrag aus Ziff. 2 der Klage festzusetzen sind.
Das LG hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen. Die Akten wurden dem OLG zur Entscheidung vorgelegt.
Mit Verfügung vom 29.2.2012 hat der Senat darauf hingewiesen, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Senates bei einer in einem Vergleich geregelten Vertragsbeendigung kein überschießender Vergleichswert festzusetzen ist und deshalb beabsichtigt ist, von Amtswegen den Streitwertbeschluss dahingehend zu ändern, dass kein überschießender Vergleichswert besteht. Auch zu den übrigen Streitpunkten wurden rechtliche Hinweise gegeben. Die Parteien und Parteivertreter erhielten Gelegenheit hierzu Stellung zu nehmen.
II. Die sofortige Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Beklagten ist gem. §§ 32 Abs. 2 RVG, 68 Abs. 1 GKG zulässig und hat in der Sache teilweise Erfolg.
Der mit der Klage Ziff. 2 gestellte Antrag auf Feststellung, dass bei der Klägerin mindestens 50 % Berufsunfähigkeit vorliegt, wäre so wohl nicht zulässig gewesen; denn diese Feststellung stellt keine Feststellung eines Rechtsverhältnisses dar. Dem Sinngehalt des Antrages nach wurde aber begehrt festzustellen, dass die Beklagte Leistungen wegen der Berufsunfähigkeit auch ab 1.6.2011 bis längstens zum Vertragsende zu erbringen hat. Ein solcher Antrag ist ein Feststellungsantrag, der gem. §§ 3, 9 ZPO mit dem 3,5fac...