Leitsatz (amtlich)

Ein Feststellungsinteresse des Betroffenen an der nachträglichen Feststellung der Rechtswidrigkeit einer gegen seine Person von der Justizvollzugsanstalt angeordneten inzwischen aber erledigten Maßnahme im Antragsverfahren nach § 109 StVollzG ist zu verneinen, wenn außer der Vorbereitung eines Amtshaftungs- oder Schadensersatzprozesses kein sonstiges berechtigtes Interesse des Betroffenen an der Rechtswidrigkeitsfeststellung besteht. Hierfür steht dem Betroffenen ausschließlich der Zivilrechtsweg offen (Anschluss an KG Berlin NJW 1997, 563).

 

Normenkette

StVollzG § 115 Abs. 3

 

Verfahrensgang

LG Regensburg (Entscheidung vom 05.09.2012; Aktenzeichen StVK 52/12)

 

Tenor

Die Rechtsbeschwerde des Strafgefangenen M... G... gegen den Beschluss der auswärtigen Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Regensburg mit dem Sitz in Straubing vom 5. September 2012 wird auf seine Kosten unter Festsetzung des Beschwerdewerts auf 800,00 € als unzulässig verworfen.

 

Gründe

I.

Mit Beschluss vom 5.9.2012 hat die auswärtige Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Regensburg mit dem Sitz in Straubing den Antrag auf gerichtliche Entscheidung des Strafgefangenen vom 20.2.2012 in Form des abgeänderten Antrags vom 7.5.2012 als unzulässig verworfen.

Gegen diesen, seinem Bevollmächtigten am 10.9.2012 zugestellten Beschluss hat der Verurteilte mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 10.10.2012, eingegangen am gleichen Tag, form- und fristgerecht Rechtsbeschwerde eingelegt.

Die Generalstaatsanwaltschaft Nürnberg hat mit Schreiben vom 23.10.2012 beantragt,

die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.

Der Verurteilte hat mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 8.11.2012 zum Antrag der Generalstaatsanwaltschaft eine Stellungnahme abgegeben.

Der Senat nimmt im Übrigen auf die angegriffene Entscheidung und die genannten Schreiben vollumfänglich Bezug.

II.

1.

Die Rechtsbeschwerde ist nicht zulässig, weil die besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen des Art. 208 BayStVollzG in Verbindung mit § 116 StVollzG nicht gegeben sind.

a)

Nach diesen Bestimmungen ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn die Nachprüfung der angefochtenen Entscheidung geboten ist, um entweder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu ermöglichen. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor, was der Senat aufgrund der ausreichenden tatsächlichen Feststellungen, den rechtlichen Erwägungen im angegriffenen Beschluss und dem Rechtsbeschwerdevorbringen überprüfen konnte. Es ist weder davon auszugehen, dass der vorliegende Einzelfall Anlass gibt, Leitsätze für die Auslegung gesetzlicher Vorschriften des materiellen oder formellen Rechts aufzustellen oder Gesetzeslücken rechtschöpferisch auszufüllen, noch ist ersichtlich, weshalb die Rechtsbeschwerde zur Vermeidung der Entwicklung einer unterschiedlichen Rechtsprechung geboten ist. Es liegt in diesem konkreten Einzelfall eine Entscheidung der Strafvollstreckungskammer über die Zulässigkeit eines Antrags auf nachträgliche Feststellung der Rechtswidrigkeit von inzwischen erledigten besonderen Sicherungsmaßnahmen vor, der unter Berücksichtigung der individuellen Gesichtspunkte eine darüber hinausgehende grundsätzliche Bedeutung nach Art. 208 BayStVollzG in Verbindung mit § 116 Abs. 1 StVollzG entgegen der Annahme des Beschwerdeführers nicht zukommt.

b)

Die Strafvollstreckungskammer ist von der obergerichtlichen Rechtsprechung zum Feststellungsinteresse und damit zum Rechtsschutzbedürfnis des Beschwerdeführers für einen Antrag auf nachträgliche Feststellung der Rechtswidrigkeit von inzwischen erledigten Maßnahmen nicht abgewichen.

Das Feststellungsinteresse bedeutet kein rechtliches, sondern ein schutzwürdiges Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art. In der Rechtsprechung haben sich drei Fallgruppen herausgebildet, bei denen ein solches Interesse bejaht werden kann: Bei einem Rehabilitationsinteresse aufgrund des diskriminierenden Charakters, bei konkreter Wiederholungsgefahr und zur Vorbereitung eines Amtshaftungsprozesses.

Die Strafvollstreckungskammer hat aufgrund des Vortrags des Beschwerdeführers im Schreiben seines Bevollmächtigten zur Wiederholungsgefahr und seiner Absicht gegen den Freistaat Bayern einen Schadensersatzanspruch geltend machen zu wollen, ein Feststellungsinteresse des Beschwerdeführers zutreffend verneint.

aa)

Ob sich ein Feststellungsinteresse des Beschwerdeführers im Antragsverfahren nach §§ 109 ff StVollzG aufgrund eines Rehabilitationsinteresses wegen einer gravierenden Grundrechtsverletzung ergeben könnte, kann vorliegend offen bleiben, da der Strafgefangene ein solches nicht geltend gemacht hat. Im Schreiben seines Bevollmächtigten vom 7.5.2012, in welchem der Verurteilte, nach der Rückverlegung aus der Justizvollzugsanstalt S... in die Justizvollzugsanstalt Sc..., beantragte, die Rechtswidrigkeit der durch die Justizvollzugsanstalt S... angeordneten besonderen Sicherungsmaßnahmen nachträglich festzustellen, hat er sein Feststellungsintere...

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