Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozesskostenhilfe: Erstreckung der Prozesskostenhilfe in Ehesachen auch auf den Abschluss eines Vergleichs über eine nicht rechtshängige Angelegenheit
Leitsatz (amtlich)
Erstreckt sich die für eine Ehesache bewilligte Prozesskostenhilfe gem. § 48 Abs. 3 Satz 1 RVG auf den Abschluss eines Vergleiches über eine nicht rechtshängige Angelegenheit, so steht dem Prozessbevollmächtigten bezüglich dieser Angelegenheit neben der 1,5 Einigungsgebühr nach Nr. 1000 VV-RVG auch die 0,8 Verfahrensdifferenzgebühr nach Nr. 3101 Nr. 2 VV-RVG und die Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV-RVG zu. Dies gilt auch für einen Vergleich über Kindesunterhalt für die Zeit vor Rechtskraft der Scheidung.
Normenkette
RVG § 48 Abs. 3; RVG-VV Nrn. 1000, 3101 Nr. 2, Nr. 3104; ZPO a.F. § 623
Verfahrensgang
AG Nürnberg (Beschluss vom 05.11.2010; Aktenzeichen 106 F 103/09) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Nürnberg vom 5.11.2010 in Nr. 1. wie folgt abgeändert:
Auf die Erinnerung des Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin wird der Vergütungsfestsetzungsbeschluss des AG - Familiengericht - Nürnberg vom 19.7.2010 - 106 F 103/09, dahin abgeändert, dass die dem Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin, ... aus der Staatskasse zu zahlende Prozesskostenhilfevergütung auf 1.149,54 EUR festgesetzt wird.
Gründe
Mit Beschluss vom 27.1.2009 bewilligte das AG Nürnberg der Antragstellern für die Ehesache Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlungsanordnung und ordnete Rechtsanwalt ... bei.
Mit Schriftsatz vom 9.12.2009 machte der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin zunächst eine Auskunftsklage wegen Kindesunterhalts als Folgesache anhängig und beantragte hierfür Prozesskostenhilfe. Nach erteilter Auskunft stellte er einen Antrag auf Leistung, und zwar auch für die Zeit vor Rechtskraft der Scheidung. Nachdem das AG darauf hingewiesen hatte, dass Kindesunterhalt als Folgesache nur ab Rechtskraft der Scheidung verlangt werden kann, stellte der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin den Leistungsantrag mit Schriftsatz vom 12.3.2010 dementsprechend um und beantragte nunmehr hierfür Prozesskostenhilfe. Mit Beschluss vom 9.4.2010 erstreckte das AG die Prozesskostenhilfe auf die Folgesache Kindesunterhalt.
Im Termin vom 12.5.2010 einigten sich die Parteien schließlich hinsichtlich des Kindesunterhaltes, und zwar auch für die Zeit vor Rechtskraft der Scheidung. Aufgrund des vor Abschluss des Vergleiches gestellten Antrags erstreckte das AG im Termin vom 12.5.2010 die bereits bewilligte Prozesskostenhilfe auch auf den Abschluss des Vergleiches.
Den überschießenden Vergleichswert hinsichtlich des Kindesunterhaltes (Kindesunterhalt für die Zeit vor Rechtskraft der Scheidung) setzte das AG auf 2.341 EUR fest. Im Vergütungsfestsetzungsverfahren beantragte der Prozessbevollmächtigte der Antragsgegnerin auch die Verfahrensdifferenzgebühr gem. Nr. 3101 VV RVG aus dem überschießenden Vergleichswert sowie die Terminsgebühr gem. Nr. 3104 VV RVG aus dem um den überschießenden Vergleichswert erhöhten Streitwert und beantragte eine Vergütung i.H.v. 1.149,54 EUR.
Mit Beschluss vom 19.7.2010 lehnte das AG die Festsetzung der Terminsgebühr aus dem erhöhten Streitwert sowie die der Verfahrensdifferenzgebühr ab mit der Begründung, dies sei von der PKH-Bewilligung nicht gedeckt, und setzte die zu erstattende Vergütung auf 1.130,50 EUR fest. Mit Schriftsatz vom 25.8.2010 hat der Prozessbevollmächtigte hiergegen Erinnerung erhoben. Diese hat das AG Nürnberg mit Beschluss vom 5.11.2010 zurückgewiesen und die Beschwerde wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zu entscheidenden Frage zugelassen.
Gegen diesen Beschluss, der dem Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin am 24. November 2010 zugestellt worden ist, hat dieser mit Schriftsatz vom 3.12.2010, der am 8.12.2010 vorab als Telefax beim AG Nürnberg eingegangen ist, Beschwerde eingelegt. Mit dieser verfolgt er sein ursprüngliches Ziel, seine Vergütung auf 1.149,54 EUR festzusetzen, weiter.
Das AG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und diese dem OLG Nürnberg zur Entscheidung vorgelegt.
II. Die vom Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin gegen den Beschluss vom 5.11.2010 eingelegte befristete Beschwerde ist statthaft. Zwar ist das Rechtsmittel der Beschwerde gegen einen Vergütungsfestsetzungsbeschluss nur dann gegeben, wenn der Beschwerdewert 200 EUR übersteigt (§ 56 Abs. 2 Satz 1, § 33 Abs. 3 Satz 1 RVG) und dies ist hier nicht der Fall, da die Differenz zwischen der Vergütung, die der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin begehrt, und der festgesetzten Vergütung lediglich 19,04 EUR (= 1.149,54 EUR - 1.130,50 EUR) beträgt. Die Statthaftigkeit ergibt sich jedoch aus § 56 Abs. 2 Satz 1, § 33 Abs. 3 Satz 2 RVG, da das AG in seinem Beschluss vom 5.11.2010 die Beschwerde wegen grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung anstehenden Frage zugelassen hat. Die Beschwerde ist auch zulässig, da sie form- und fris...