Leitsatz (amtlich)

1. Das Nichtbetreiben des Verfahrens wird kostenrechtlich wie eine fiktive Klagerücknahme behandelt.

2. Zahlt der Kläger einer Vollstreckungsabwehrklage den Gerichtskostenvorschuss nicht ein, ist ihm die Erstattung der dem Antragsgegner erwachsenden Kosten eines parallelen Eilrechtsschutzverfahrens (§ 769 ZPO) aufzuerlegen.

 

Verfahrensgang

LG Nürnberg-Fürth (Beschluss vom 16.01.2017; Aktenzeichen 17 O 3408/16)

 

Tenor

I. Die sofortige Beschwerde gegen den Beschluss des LG Nürnberg-Fürth vom 16.1.2017 wird zurückgewiesen.

II. Der Beschwerdeführer trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

 

Gründe

Die sofortige. Beschwerde ist zwar zulässig (I), hat in der Sache aber keinen Erfolg (II.).

I. Die sofortige Beschwerde ist zulässig. Der Beschwerdeführer hat die sofortige Beschwerde (Bl. 73 f. d.A.) form- und fristgerecht eingelegt. Sie ist gemäß § 269 Abs. 5 Satz 1 ZPO statthaft. Der Wert des Beschwerdegegenstands übersteigt 200 EUR (vgl. § 567 Abs. 2 ZPO).

II. Die sofortige Beschwerde ist aber unbegründet. Das LG hat dem Kläger in der mit der sofortigen Beschwerde angegriffenen Kostengrundentscheidung zu Recht die wegen des Antrags auf eine einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung entstandenen Kosten auferlegt.

1. Von einer Kostengrundentscheidung werden in der Regel nur "die Kosten des Rechtsstreits" erfasst (vgl. § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Vorausgesetzt hierfür ist die Rechtshängigkeit, die durch die Zustellung der Klage bewirkt wird (vgl. § 261 Abs. 1 ZPO). Vor diesem Zeitpunkt kann grundsätzlich kein prozessualer, sondern allenfalls ein materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch geltend gemacht werden (vgl. Schulz in: Münchener Kommentar zur ZPO, 5. Auflage 2016, § 91 Rn. 20, allerdings mit Hinweis auf die sich aus 269 Abs. 3 ZPO ergebende Ausnahme).

2. Das LG hat aber zu Recht die Besonderheiten des vorliegenden Falles gewürdigt.

a) Nachdem seine Gegenvorstellungen (vgl. Bl. 18 ff., 36 ff. d.A.) gegen die Beschlüsse des LG Nürnberg-Fürth vom 17.5.2016 (vgl. Bl. 10 ff. d.A.) und vom 8.6.2016 (vgl. Bl. 32 f. d.A.) erfolglos geblieben waren (vgl. zuletzt den Beschluss des LG Nürnberg-Fürth vom 15.9.2016, Bl. 54 f. d.A.), hat der Kläger das Verfahren in der Hauptsache nicht weiter betrieben. Mit Vermerk vom 15.11.2016 hat das LG Nürnberg-Fürth daher festgestellt, dass das Verfahren gemäß § 7 Abs. 3 AktO als erledigt gilt (vgl. Bl. 60 d.A.).

b) Das Nichtbetreiben des Verfahrens wird kostenrechtlich wie eine fiktive Klagerücknahme behandelt (vgl. Zimmermann, in: Binz/Dörndorfer, GKG. 3. Auflage 2014, § 12 Rn. 4, bezogen auf die Zahlungspflicht des Antragstellers als Veranlasser des Verfahrens). Eine Klage kann auch vor ihrer Zustellung (hier: fiktiv) zurückgenommen werden (vgl. BGH, Beschluss vom 18.11.2003 -. VIII ZB 72/03 -, juris Rn. 6; Bacher, in: Beck'scher Online-Kommentar ZPO, Stand: 1.12.2016, § 269 Rn. 17; Zöller/Greger. ZPO, 31. Auflage, § 269 Rn. 8). Der Gesetzgeber hat zudem beispielsweise in § 102 Abs. 2 Satz 1 SGG eine Fiktion der Klagerücknahme für den Fall des Nichtbetreibens geregelt. Die rechtliche Konsequenz besteht sodann in der Verpflichtung des Gerichts, eine Kostengrundentscheidung zu treffen (vgl. § 102 Abs. 3 Satz 1 SGG; vgl. auch § 54 Abs. 5 ArbGG: Dort wird für den Fall, dass nicht binnen 6 Monaten ein Antrag auf Terminbestimmung zur streitigen Verhandlung gestellt wird, unter anderem auf § 269 Abs. 3 ZPO Bezug genommen).

c) Auf dieser Grundlage teilt der Senat die Auffassung des Oberlandesgerichts Koblenz. das in einer vergleichbaren Fallgestaltung eine den Antragsteller belastende Kostengrundentscheidung getroffen hat (vgl. OLG Koblenz, Beschluss, vom 1.4.2016 - 14 W 154/18 -, juris Rn. 2). Zwar befasst sich der von den Beschwerdegegnern in Bezug genommene Beschluss des Oberlandesgerichts Koblenz unmittelbar nur mit der im dortigen Kostenfestsetzungsverfahren relevanten Frage, ob die geltend gemachte Verfahrensgebühr entstanden war (vgl. die hierauf bezogenen Ausführungen des Beschwerdeführers im Schriftsatz vom 21.12.2016. Bl. 62 f. d.A.). Die Beschwerdegegner weisen im Schriftsatz vom 3.1.2017 (vgl. Bl. 64 f. d.A.) aber zutreffend darauf hin, dass das Oberlandesgericht Koblenz dem dortigen Kläger einer dem Kostenfestsetzungsverfahren zugrundeliegenden Kostengrundentscheidung die bis dahin entstandenen Kosten auferlegt hatte.

Bei der nach § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO den Veranlasser treffenden Kostenlast muss es daher auch im vorliegenden Verfahren sein Bewenden haben.

III.1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

2. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß § 574 ZPO liegen nicht vor.

 

Fundstellen

Haufe-Index 10628289

NJW 2017, 3795

MDR 2017, 792

AGS 2017, 402

RVGreport 2018, 78

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