Entscheidungsstichwort (Thema)
Anrechnung der Geschäftsgebühr bei Gesamtvergleich
Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth (Beschluss vom 20.11.2009; Aktenzeichen 6 O 5025/08) |
Tenor
I. Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Nürnberg-Fürth vom 20.11.2009 in der Fassung vom 4.3.2010 wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagten haben als Gesamtschuldner die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
III. Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 647,27 EURfestgesetzt.
Gründe
I. Mit der Klage, des vorliegenden Rechtsstreits machte die Klägerin gegen die Beklagten eine Hauptforderung i.H.v. 47.222,46 EUR zzgl. Zinsen sowie vorgerichtlich entstandene Rechtsanwaltskosten i.H.v. 1.641,96 EUR geltend, in der mündlichen Verhandlung vom 15.9.2009 einigten sich die Parteien vergleichsweise dahin, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch an die Klägerin 38.000 EUR, bei Zahlung bis zum 30.9.2009 35.000 EUR zahlten, bei Abgeltung aller wechselseitigen streitgegenständlichen Forderungen; die Parteien ei nigten sich zudem auf eine Kostenquote von 80 % (Beklagte) zu 20 % (Klägerin).
Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 20.11.2009 hat der Kostenbeamte des LG die von der Beklagtenpartei als Gesamtschuldner an die Klagepartei nach dem Vergleich zu erstattenden Kosten auf 3.020,93 EUR festgesetzt, wobei er die Verfahrensgebühr in voller Höhe angesetzt hat. Hiergegen haben sich zunächst die Beklagten mit einer sofortigen Beschwerde gewandt, in der sie eingewandt haben, dass die Geschäftsgebühr gem. § 15a RVG anzurechnen sei, weil diese Gebühr in demselben Verfahren geltend gemacht wurde und auch in der Vergleichssumme mitenthalten sei. Nachdem die Klägerin zunächst der sofortigen Beschwerde der Beklagten nicht entgegengetreten ist, hat das LG mit Beschluss vom 19.2.2010 unter Anrechnung der vorprozessual entstandenen Geschäftsgebühr die von den Beklagten zu erstattenden Kosten auf 2.373,66 EUR festgesetzt. Auf die daraufhin von der Klägerin eingelegte sofortige Beschwerde hat das LG mit Abhilfebeschluss vom 4.3.2010 den ursprünglichen Kostenfestsetzungsbeschluss vom 20.11.2009 wieder hergestellt und ihn aufgrund der Beschwerde der Beklagtenseite vom 1.12.2009 dem OLG zur Entscheidung vorgelegt. Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 1.7.2010 beantragt, die sofortige Beschwerde der Beklagten zurückzuweisen.
II. Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Nürnberg-Fürth vom 20.11.2009 ist zulässig (§ 104 Abs. 3, §§ 567 ff. ZPO), sie hat aber in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht hat der Rechtspfleger von einer Anrechnung der vor-prozessual entstandenen Geschäftsgebühr abgesehen, weil die Voraussetzungen des § 15a Abs. 2 RVG nicht vorliegen.
§ 15a RVG stellt lediglich die bereits unter § 118 Abs. 2 BRAGO geltende und mit Einführung des RVG nicht geänderte Rechtslage klar, wonach sich die Gebührenanrechnung im Verhältnis zu Dritten und damit insbesondere im Kostenfestsetzungsverfahren grundsätzlich nicht auswirkt. Da § 15a RVG somit keine Gesetzesänderung sondern nur eine vom Gesetzgeber gewollte Klarstellung der geltenden Rechtslage darstellt, gilt diese Vorschrift auch für sog. "Altfälle" (BGH Beschluss vom 9.12.2009, XII ZW 175/07, NJW 2010, 1375 ff. = MDR 2010, 471 f.).
Eine Anrechnung der in Nr. 2300 der Anlage 1 zum RVG geregelten Geschäftsgebühr findet somit im Kostenfestsetzungsverfahren zugunsten des "dritten" Kostenschuldners nur statt, soweit dieser den Anspruch erfüllt hat, wegen des Anspruch ein Vollstreckungstitel besteht oder beide Gebühren in demselben Verfahren gegen ihn geltend gemacht werden (§ 15a Abs. 2 RVG).
Zu Recht ist das LG davon ausgegangen, dass keine dieser Alternativen vorliegend erfüllt ist. Auch der Senat schließt sich der ganz herrschenden Meinung an, wonach eine als Nebenforderung mit der Hauptsacheklage geltend gemachte vorgerichtliche Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 RVG-VV durch einen Prozessvergleich über die streitgegenständlichen Forderungen mit Abgeltungsklausel nur dann i.S.d. § 15a Abs. 2 Alt. 2 RVG tituliert wird, wenn und soweit die Parteien einen bezifferten Einzelbetrag als auf die Geschäftsgebühr entfallend vereinbart haben; nicht ausreichend ist, wenn die Parteien zwar die Geschäftsgebühr während der Vergleichsgespräche angesprochen haben, ohne indes hierfür im Vergleich einen bezifferten Betrag anzusetzen (OLG Karlsruhe Beschl. v. 15.4.2010 - 13 W 159/09; NJW-Spezial 2010, 379 f.; OLG des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss vom 18.2.2010,2 W 5/2010; JurBüro 2010, 299 f.; OLG Stuttgart Beschl. v. 4.12.2009 - 8 W 439/09; FamRZ 2010, 832 f.).
Da § 15a Abs. 2 RVG von dem Grundsatz ausgeht, dass sich Gebührenanrechnungen grundsätzlich nicht im Verhältnis zu Dritten auswirken und demzufolge eng auszulegen ist, ist im Hauptsacheverfahren und im anschließenden Kostenfestsetzungsverfahren auch nicht "dasselbe Verfahren" im Sinne dieser Vorschrift zu sehen (wie hier OLG Stuttgart, a.a.O.).
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
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