Entscheidungsstichwort (Thema)

Versorgungsausgleichsverfahren: Stufenprüfung bezüglich des Ausschlusses des Versorgungsausgleichs bei einzelnen geringfügigen Anrechten

 

Leitsatz (amtlich)

Ist ein Versorgungsanrecht im Rahmen der Geringfügigkeitsprüfung gem. § 18 Abs. 1 VersAusglG zu berücksichtigen und führt dies nicht zum Absehen der Durchführung des Versorgungsausgleiches, ist zu prüfen, ob ein Ausschluss gem. § 18 Abs. 2 VersAusglG in Betracht kommt. Ist das einzelne Versorgungsanrecht in diesen Fällen i.S.d. § 18 Abs. 2 VersAusglG geringfügig, ist im Regelfall vom Ausgleich abzusehen.

 

Normenkette

VersAusglG § 18

 

Verfahrensgang

AG Weiden i.d. OPf. (Urteil vom 29.09.2010; Aktenzeichen 002 F 658/09)

 

Tenor

1. Die Beschwerde der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See gegen die Entscheidung des AG - Familiengericht - Weiden i.d.Opf. zum Versorgungsausgleich mit Endurteil vom 29.9.2010 (Ziff. 2 des Urteilstenors) wird zurückgewiesen.

2. Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See. Außergerichtliche Kosten trägt jeder Beteiligte selbst.

3. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.084 EUR festgesetzt.

4. Die Rechtsbeschwerde wird zur Klärung der Frage zugelassen, ob ein Absehen von dem Ausgleich einzelner Ausgleichswerte gem. § 18 Abs. 2 VersAusglG auch dann in Betracht kommt, wenn diese Anrechte zwar im Rahmen der Bagatellprüfung gem. § 18 Abs. 1 VersAusglG zu berücksichtigen waren, nach dieser Vorschrift aber im konkreten Fall ein Absehen von der Durchführung des Versorgungsausgleichs nicht möglich ist.

 

Gründe

I. Der Antragsteller, geboren am ... und die Antragsgegnerin, geboren am ... haben am 12.8.1999 vor dem Standesbeamten des Standesamtes ... die Ehe geschlossen.

Mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 4.5.2009 hat der Antragsteller bei dem AG - Familiengericht - Fürth Scheidungsantrag einreichen lassen, welcher der Gegenseite am 9.6.2009 zugestellt worden ist.

Mit Beschluss vom 21.8.2009 hat das AG Fürth sich für örtlich unzuständig erklärt und das Verfahen an das AG - Familiengericht - Weiden i.d.Opf. verwiesen.

Das AG - Familiengericht - Weiden i.d.Opf. hat mit Endurteil vom 29.9.2010 die am 12.8.1999 geschlossene Ehe geschieden und den Versorgungsausgleich wie folgt geregelt:

Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Antragstellers bei der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See Versicherungsnummer ... zugunsten der Antragsgegnerin ein Anrecht in Höhe von 3,8513 Entgeltpunkten auf das vorhandene Konto ... bei der Deutschen Rentenversicherung Bayern-Süd bezogen auf den 31.5.2009 übertragen.

Der Ausgleich des Anrechts der Antragsgegnerin bei der Deutschen Rentenversicherung Bayern-Süd i.H.v. 0,6416 Entgeltpunkten unterbleibt.

Gegen diese Entscheidung, welche ihr am 4.10.2010 zugestellt worden ist, richtet sich die Beschwerde der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See vom 19.10.2010, eingegangen beim AG Weiden i.d.Opf. am 20.10.2010, Die Beschwerdeführerin rügt, dass das AG von dem Ausgleich der von der Antragsgegnerin in der Ehezeit erworbenen Versorgungsanrechte abgesehen hat. Auch diese Anrechte seien nach dem Halbteilungsgrundsatz auszugleichen. Für eine Anwendung von § 18 Abs. 2 VersAusglG bleibe kein Raum.

Beide Ehegatten haben sich dafür ausgesprochen, es bei der Entscheidung des AG zu belassen.

Die Beteiligten haben Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten. Der Ankündigung des Senats, ohne mündliche Erörterung zu entscheiden, haben die Beteiligten zugestimmt bzw. nicht widersprochen.

II. Für das Verfahren ist das seit dem 1.9.2009 geltende Prozessrecht und materielle Recht anzuwenden, weil in erster Instanz vor dem 1.9.2010 zum Versorgungsausgleich eine Endentscheidung noch nicht erlassen worden war, § 48 Abs. 3 VersAusglG.

Die Beschwerde der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See ist gem. §§ 58 ff. FamFG statthaft und zulässig.

Die Beschwerdeführerin ist gem. § 59 Abs. 1 FamFG beschwerdeberechtigt, weil sie sich auf ein Betroffensein in eigenen Rechten berufen kann. Dies beruht vorliegend auf § 10 Abs. 2 VersAusglG. Die Ehegatten haben in der gesetzlichen Ehezeit vom 1.8.1999 bis zum 31.5.2009 (§ 3 Abs. 1 VersAusglG) Versorgungsanrechte ausschließlich in der gesetzlichen Rentenversicherung erworben. Es handelt sich bei diesen Anrechten um solche gleicher Art i.S.d. § 10 Abs. 2 VersAusglG. Dennoch sind diese Anrechte grundsätzlich gem. § 1 VersAusglG gesondert auszugleichen. Eine Saldierung bereits im Rahmen der gerichtlichen Entscheidung findet, im Gegensatz zum früheren Recht, auch bei gleichartigen Anrechten nicht statt. Bei dem Vollzug des Ausgleiches ist allerdings, wenn die Versorgungsanrechte bei demselben Versorgungsträger, vorliegend der Deutschen Rentenversicherung, erworben worden sind, nur die Höhe des Wertunterschiedes nach Verrechnung auszugleichen, § 10 Abs. 2 VersAusglG. Die Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See und die Deutschen Rentenversicherung B...

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