Leitsatz (amtlich)

Der ausschließliche Gerichtsstand des § 32b Abs. 1 Nr. 1 ZPO ist für Klagen gegeben, mit denen der Beklagte wegen falscher, irreführender oder unterlassener öffentlicher Kapitalmarktinformationen als Prospektverantwortlicher aufgrund typisierten Vertrauens vom Kläger auf Schadensersatz in Anspruch genommen wird.

 

Normenkette

ZPO § 32b Abs. 1 Nr. 1

 

Verfahrensgang

LG Regensburg (Aktenzeichen 63 O 483/20)

 

Tenor

Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Regensburg vom 15.09.2020, Az. 63 O 483/20, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.

 

Gründe

I. 1. Die Klägerin macht Schadensersatzansprüche gegen den Beklagten wegen angeblich falscher Testate betreffend die zwischenzeitlich insolvente . AG und die vier . Vertriebsgesellschaften geltend.

Die Klägerin erwarb zum Zweck der Kapitalanlage im Sommer 2014 von der . Vertriebs- und Verwaltungs-GmbH 21 Seefrachtcontainer zum Gesamtpreis von 39.165 Euro und schloss mit dieser einen Verwaltungsvertrag über die Verwaltung dieser Container für 5 Jahre mit einer garantierten Tagesmiete von 0,49 Euro pro Container ab. Der Beklagte war seit 2006 als Wirtschaftsprüfer für den . Konzern tätig, prüfte u.a. für die genannte GmbH Jahresabschlüsse und versah diese in seiner Eigenschaft als Wirtschaftsprüfer mit einem Bestätigungsvermerk. Weiterhin erstellte er gesellschaftsübergreifende Testate, worin er die Vollständigkeit und Pünktlichkeit der garantierten bzw. vertraglich vereinbarten Mietauszahlungen ab dem Jahr 2012 bestätigte.

Die mit dem Bestätigungsvermerk des Beklagten versehenen Jahresabschlüsse sind im Bundesanzeiger veröffentlicht. Diese und auch die weiteren Testate des Beklagten standen der Klägerin vor Abschluss des Kauf- und Verwaltungsvertrages zur Verfügung.

Mit Beschluss des Amtsgerichts München vom 24.07.2018 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der . Vertriebs- und Verwaltungs-GmbH eröffnet.

Die Klägerin behauptet, der Beklagte habe unrichtige Testate erstellt, mit denen die . auch geworben habe. Er hätte bei der Jahresabschlussprüfung bemerken können und müssen, dass der . Konzern das größte Schneeballsystem der deutschen Rechtsgeschichte aufgebaut habe, und hätte deshalb die Testate nicht erstellen dürfen.

Die Klägerin ist der Meinung, das Landgericht Regensburg sei örtlich zuständig, da der ausschließliche Gerichtsstand des § 32 b Abs. 1 Halbsatz 2 ZPO nur dann Anwendung finde, wenn die Klage zumindest auch gegen den Emittenten, den Anbieter oder die Zielgesellschaft gerichtet werde, was hier nicht der Fall sei.

Der Beklagte beantragte Klageabweisung. Er bringt unter anderem vor, eine Pflichtverletzung sei ihm nicht vorzuwerfen.

Mit Verfügung vom 08.04.2020 und 17.05.2020 hat das Landgericht auf seine örtliche Unzuständigkeit hingewiesen.

2. Mit Urteil vom 15.09.2020 hat das Landgericht die Klage mangels örtlicher Zuständigkeit abgewiesen. Es sei die ausschließliche Zuständigkeit des Landgerichts Nürnberg-Fürth nach § 32 b Abs. 1 Nr. 1 ZPO i.V.m. § 37 GZVJu gegeben. Die Vorschrift des § 32 b ZPO gelte insbesondere für Wirtschaftsprüfer. Die Voraussetzung des § 32 b Abs. 1 Halbsatz 2 ZPO, dass sich die Klage auch gegen den Emittenten, den Anbieter oder die Zielgesellschaft richten müsse, gelte bei § 32 b Abs. 1 Nr. 1 ZPO nicht. Damit solle die einheitliche Beurteilung öffentlicher Kapitalmarktinformationen gesichert werden.

3. Mit der Berufung beantragt die Klägerin die Aufhebung des Urteils des Landgerichts Regensburg vom 15.09.2020 und die Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landgericht Regensburg. Hilfsweise verfolgt sie ihren Klageantrag weiter. Sie ist der Meinung, da der Beklagte seinen Wohn- und Kanzleisitz in Regensburg habe, sei das Landgericht Regensburg örtlich zuständig. § 32 b ZPO finde keine Anwendung, da hierfür Voraussetzung sei, dass die Klage auch gegen den Emittenten, den Anbieter oder die Zielgesellschaft gerichtet werde, was hier nicht der Fall sei. Die von dem Landgericht herangezogene Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 30.07.2013 habe einen anderen Inhalt, als vom Landgericht angenommen. Der Bundesgerichtshof lehne gerade eine Anwendung des § 32 b ZPO ab, wenn der Wirtschaftsprüfer isoliert in Anspruch genommen werde. Nach einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamburg seien dritte Dienstleister keine Prospektverantwortlichen im Sinne des § 32 ZPO. Für die hier streitgegenständlichen Anlageprodukte seien auch keine Prospekte erstellt worden. Es würden daher die allgemeinen Zuständigkeitsregelungen Anwendung finden.

Der Beklagte beantragt die Zurückweisung der Berufung und trägt vor, die Klage müsse je...

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