Leitsatz (amtlich)
Die Abtretung des Kostenerstattungsanspruchs des Beschuldigten gegen die Staatskasse an seinen Verteidiger ist gemäß § 305c BGB unwirksam, wenn sie in der formularmäßig ausgestalteten Vollmachtsurkunde "erklärt" (also ein Angebot auf Abschluss eines Abtretungsvertrags abgegeben) wird, ohne dass in der Überschrift oder sonst in hervorgehobener Weise ein deutlicher Hinweis hierauf erfolgt.
Normenkette
RVG § 43; BGB § 305c
Verfahrensgang
LG Regensburg (Entscheidung vom 10.07.2014; Aktenzeichen SR StVK 311/08) |
Tenor
- Die sofortige Beschwerde der Verteidigerin gegen den Beschluss der auswärtigen Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Regensburg mit dem Sitz in Straubing - Rechtspfleger - vom 10.07.2014 wird als unbegründet verworfen.
- Die Beschwerdeführerin hat die Kosten ihres Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
I.
Der Senat hat im Strafvollstreckungsverfahren 2 Ws 704/13 mit Beschluss vom 05.05.2014 auf die Beschwerde des Verurteilten den Beschluss der auswärtigen Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Regensburg mit dem Sitz in Straubing vom 22.11.2013 hinsichtlich bestimmter Weisungen aufgehoben und die Kosten des Beschwerdeverfahrens sowie die notwendigen Auslagen des Verurteilten im Beschwerdeverfahren der Staatskasse auferlegt.
Die Verteidigerin des Verurteilten beantragte mit Schreiben vom 09.05.2014 gemäß § 126 Abs. 1 ZPO im eigenen Namen, die notwendigen Auslagen ihres Mandanten für das Beschwerdeverfahren auf 448,75 € (Wahlverteidigermittelgebühr gemäß Nr. 4201 VV-RVG) festzusetzen.
Die Strafvollstreckungskammer hat nach Anhörung des Bezirksrevisors und Stellungnahme der Antragstellerin mit Beschluss der Rechtspflegerin vom 10.07.2014 den Antrag der Verteidigerin auf Festsetzung notwendiger Auslagen im eigenen Namen gegen die Staatskasse unter Hinweis auf die in anderer Sache ergangene Entscheidung des Senats vom 20.05.2014 (2 Ws 225/14) zurückgewiesen.
Hiergegen legte die Antragstellerin mit Schreiben vom 17.07.2014 sofortige Beschwerde ein. Zur Begründung führt sie aus, in der seit Juli 2013 vorliegenden Strafprozessvollmacht (vom 19.06.2013; Bl. 130 d.A.) habe der Verurteilte seine Erstattungsansprüche gegen die Staatskasse an seine Rechtsanwältin abgetreten, so dass sie im eigenen Namen antragsbefugt sei.
Demgegenüber vertritt der Bezirksrevisor im Schreiben vom 30.07.2014 die Ansicht, dass eine in der Strafprozessvollmacht enthaltene Abtretung von Erstattungsansprüchen an den Verteidiger unwirksam sei.
Die Antragstellerin nahm hierzu mit Schreiben vom 24.08.2014 Stellung.
II.
1. Die sofortige Beschwerde der Verteidigerin gegen den ihren Antrag auf Kostenfestsetzung zurückweisenden Beschluss der Rechtspflegerin vom 10.07.2014 ist statthaft (§ 464b Satz 3 StPO, § 104 Abs. 3 Satz 1 ZPO, § 11 Abs. 3 RPflG) und auch im Übrigen zulässig, vor allem formgerecht und innerhalb der Wochenfrist des § 311 Abs. 2 StPO erhoben. Der Beschwerdewert von 200 € (§ 304 Abs. 3 Satz 1 StPO) ist überschritten.
Das Beschwerdeverfahren richtet sich nach StPO-Grundsätzen (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt StPO, 57. Aufl. § 464b Rdn. 6 f.). Für die Entscheidung ist somit nicht gemäß § 464b Satz 3 StPO i.V.m. § 568 Satz 1 ZPO der Einzelrichter, sondern der gesamte Senat zuständig (vgl. OLG Nürnberg, Beschluss vom 06.12.2010 - 2 Ws 567/10, zfs 2011, 226 Rdn. 7 nach [...]). Der Senat folgt der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH, NJW 2003, 763 Rdn. 9 nach [...]), wonach gemäß § 464 b Satz 3 StPO auf das Verfahren (§§ 103 ff. ZPO) und die Vollstreckung (§§ 794 ff. ZPO) der Kostenfestsetzung die Vorschriften der Zivilprozessordnung lediglich insoweit Anwendung finden, als sie strafprozessualen Prinzipien nicht widersprechen. Demgemäß sind für das Beschwerdeverfahren die §§ 304 ff. StPO und nicht die entsprechenden Vorschriften der Zivilprozessordnung anwendbar (vgl. BGH a.a.O.; OLG Hamm, AGS 2013, 254 Rdn. 15 nach [...] m.w.N.).
2. In der Sache erweist sich die sofortige Beschwerde der Verteidigerin als unbegründet.
Die Strafvollstreckungskammer hat im Ergebnis zu Recht ihren Antrag auf Festsetzung der notwendigen Auslagen ihres Mandanten im eigenen Namen zurückgewiesen.
a) Bei der vorliegenden Fallkonstellation, in der die Beschwerdeführerin zunächst als Wahlverteidigerin des Verurteilten tätig war, diesem später als Pflichtverteidigerin beigeordnet wurde und gemäß dem Beschluss des Senats vom 05.05.2014 (2 Ws 704/13) die Staatskasse die notwendigen Auslagen des Verurteilten zu tragen hat, bestehen folgende Möglichkeiten, Anwaltsgebühren gegenüber der Staatskasse geltend zu machen:
aa) Der Pflichtverteidiger kann seine aus der Staatskasse zu gewährende Pflichtverteidigervergütung gemäß § 55 Abs. 1 Satz 1 RVG festsetzen lassen. § 55 RVG betrifft nur den eigenen Vergütungsanspruch des Anwalts gegen die Staatskasse und keinen Erstattungsanspruch seines Mandanten gegen einen Dritten. Antragsberechtigt ist grundsätzlich der beigeordnete Anwalt selbst (Volpert, in: Burhoff RVG Straf- und Bußgeldsachen, 3. Aufl., Teil A Rdn. 582...