Leitsatz (amtlich)

1. Der Nachweis eines ausreichenden Aktienbesitzes i.S.d. § 246a Abs. 2 Nr. 2 AktG ist nicht entbehrlich, wenn ein solcher Aktienbesitz im Freigabeverfahren unstreitig ist oder vom Antragsteller des Freigabeverfahrens selbst vorgetragen wird. Vielmehr ist auch in diesem Falle binnen einer Woche nach Zustellung des Freigabeantrags vom Kläger des Anfechtungsklageverfahrens (Antragsgegner des Freigabeverfahrens) der urkundliche Nachweis zu führen, dass er seit Bekanntmachung der Einberufung einen anteiligen Betrag von mindestens 1.000 EUR hält (Anschluss an KG AG 2011, 170, an OLG Hamm AG 2011, 826 und an OLG Köln BeckRS 2012, 03266; entgegen OLG Frankfurt AG 2010, 508 und AG 2012, 414; Aufgabe von OLG Nürnberg AG 2011, 179).

2. Das Erfordernis eines Nachweises ausreichenden Aktienbesitzes i.S.d. § 246a Abs. 2 Nr. 2 AktG gilt für Inhaberaktien wie für Namensaktien in gleicher Weise. Es gilt unabhängig davon, ob ein Anspruch des Aktionärs auf Verbriefung seines Mitgliedschaftsrechts in einer Aktienurkunde besteht oder nicht.

3. Der von § 246a Abs. 2 Nr. 2 AktG geforderte urkundliche Nachweis kann bei Namensaktien (§ 10 Abs. 1 Fall 2 AktG) auch durch Vorlage eines aktuellen Auszugs aus dem Aktienregister der Gesellschaft (§ 67 AktG) geführt werden (§ 246a Abs. 1 Satz 2 AktG, § 420 ZPO).

Verweigert die Gesellschaft entgegen § 67 Abs. 6 AktG die Erteilung aktueller Aktienregisterauszüge, muss dem klagenden Aktionär (Antragsgegner des Freigabeverfahrens) nach Treu und Glauben auch eine Beweisführung gem. § 246a Abs. 1 Satz 2 AktG, § 421 ZPO (durch den Antrag, der Gesellschaft die Vorlage eines entsprechenden Auszugs aufzugeben) möglich sein (insoweit entgegen OLG Hamm AG 2011, 826). Hierauf hat der Antragsgegner innerhalb der Wochenfrist des § 246a Abs. 2 Nr. 2 AktG unter entsprechenden Darlegungen anzutragen.

 

Normenkette

AktG § 10 Abs. 1, 5, §§ 67, 246a Abs. 2 Nr. 2; ZPO §§ 420-421

 

Verfahrensgang

LG Nürnberg-Fürth (Aktenzeichen 1 HK O 325/12)

 

Tenor

I. Es wird festgestellt, dass die von den Antragsgegnerinnen mit Klageschrift vom 13.1.2012 unter Klageantrag zu 1) erhobene und beim LG Nürnberg-Fürth unter dem Aktenzeichen 1 HK O 325/12 anhängige Anfechtungs- und Nichtigkeitsfeststellungsklage gegen den Beschluss der ordentlichen Hauptversammlung der Antragstellerin vom 13.12.2011 zu Tagesordnungspunkt 9 über eine ordentliche Kapitalerhöhung und eine entsprechende Anpassung von § 7 Abs. 1 der Satzung (Grundkapital) der Eintragung dieser Kapitalerhöhung in das Handelsregister nicht entgegensteht und mögliche Mängel des angefochtenen Hauptversammlungsbeschlusses die Wirkungen der Eintragung unberührt lassen.

II. Die Antragsgegnerinnen tragen die Kosten des Verfahrens.

III. Der Streitwert wird in Richtung gegen die Antragsgegnerin zu 1) auf 100.000 EUR und in Richtung gegen die Antragsgegnerin zu 2) auf 25.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin ist eine im Handelsregister des AG Nürnberg unter HRB. eingetragene, nicht börsennotierte Aktiengesellschaft. Geschäftsgegenstand ist die Systementwicklung und -beratung im informationstechnischen Bereich; insb. bietet die Antragstellerin ein Hochleistungsdatenbank-Produkt für sog. Business-Intelligence-Anwendungen im B2B-Bereich an.

Das Grundkapital der Gesellschaft beträgt nach mehreren vorausgegangenen Kapitalerhöhungen 11.045.000 EUR und ist in ebenso viele auf den Namen lautende Stückaktien ohne Nennbetrag eingeteilt.

Die Antragsgegnerinnen sind jeweils Aktionäre der Antragstellerin.

Mit Einschreiben vom 3.11.2011 wurden die Aktionäre zu einer ordentlichen Hauptversammlung der Antragstellerin am 13.12.2011 eingeladen. Bei der an diesem Tage stattfindenden ordentlichen Hauptversammlung der Antragstellerin wurde mehrheitlich mit über 74 % des vertretenen Grundkapitals - gegen die Stimmen der Antragsgegnerinnen - zu TOP 9 der Beschluss gefasst, das Grundkapital der Gesellschaft gegen Bareinlagen um bis zu 2.209.000 EUR auf bis zu 13.254.000 EUR zu erhöhen, im Wege der Ausgabe von bis zu 2.209.000 neuen, auf den Namen lautenden Stückaktien zum Ausgabebetrag von 1 EUR je Aktie. Den bisherigen Aktionären wurde ein Bezugsrecht im Verhältnis 5:1 eingeräumt, d.h. jeder Aktionär sollte berechtigt sein, für fünf bisher gehaltene Aktien eine neue Aktie zu beziehen.

Nachdem Aktionäre der Antragstellerin dieses Bezugsrecht im Umfang von 2.000.000 EUR ausgeübt haben, erfolgte seitens der Antragstellerin unter dem 2.4.2012 eine entsprechende Anmeldung sowohl des Beschlusses über die Durchführung der Kapitalerhöhung als auch der Durchführung selbst als auch der entsprechenden Satzungsänderung zum Handelsregister (Anlage ASt42).

Die Antragsgegnerinnen - die dieses Bezugsrecht nicht wahrgenommen haben - haben mit Schriftsatz vom 13.1.2012 beim LG Nürnberg-Fürth Klage gegen die Antragstellerin eingereicht, mit der sie u.a. die Nichtigerklärung, hilfsweise die Feststellung der Nichtigkeit des zu TOP 9 gefassten Hauptversammlungsbeschlusses der Antragstellerin erstreben (Anlage...

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