Leitsatz (amtlich)
Der Streitwert für eine Klage auf Bewilligung der Löschung einer Grundschuld beträgt, wenn die zu sichernde Forderung nicht mehr besteht, nur 20 % des Nominalwerts der Grundschuld, sofern der Kläger nicht konkrete weitere Nachteile vorträgt.
Normenkette
ZPO §§ 3, 6
Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth (Beschluss vom 13.10.2008) |
LG Nürnberg-Fürth (Beschluss vom 19.08.2008) |
Tenor
I. Der Streitwert für den ersten Rechtszug wird - abweichend von den Beschlüssen des LG Nürnberg-Fürth vom 19.8. und 13.10.2008 - auf 346.333,71 EUR festgesetzt.
II. Die weitergehende Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des LG Nürnberg-Fürth vom 19.8.2008 wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Das LG setzte den Streitwert mit Beschluss vom 19.8.2008 zunächst auf 184 677,52 EUR fest. Hiergegen legte der Beklagten Vertreter Beschwerde ein, weil er einen höheren Streitwert für richtig hielt. Auch die Klägerin erhob Beschwerde; sie strebt einen niedrigeren Streitwert an. Das LG half der Beschwerde des Beklagten Vertreters mit Beschluss vom 13.10.2008 in vollem Umfang ab und setzte den Streitwert (unter Änderung seines Beschlusses vom 19.8.2008) auf 469 043,76 EUR fest. Der Streitwertbeschwerde der Klägerin half das LG nicht ab.
II. Das Gericht macht von der Befugnis, den Streitwert von Amts wegen zu ändern (§ 63 Abs. 3 Satz 1 GKG), Gebrauch. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift liegen vor, weil das Verfahren zurzeit in der Berufungsinstanz schwebt.
Der Streitwert beläuft sich auf 346 333,71 EUR.
Grundsätzlich gilt, dass der Klageantrag und die Klagebegründung den Wert des Streitgegenstands festlegen. Die Werte mehrerer Streitgegenstände sind zusammenzurechnen (§ 39 Abs. 1 GKG). In der Klageschrift stellte die Klägerin fünf Anträge:
1. Mit ihrem Antrag 1 begehrte die Klägerin, dass die Beklagte die Löschung der auf ihrem Grundstück lastenden Grundschulden bewillige; sie lauten auf Nennbeträge von 200 000 DM und 100 000 DM. Nach der Zweckerklärung vom 16.4.1999 dienten beide Grundschulden (nur) zur Sicherheit für Forderungen der Beklagten aus den Darlehen Nr. 614 7805, 611 2783 und 610 0861. Diese Forderungen sind durch eine Zahlung der Klägerin vom 20.11.2007 beglichen.
Die Frage, wie der Streitwert für die Bewilligung der Löschung einer nicht mehr valutierten Grundschuld zu bemessen ist, wird in der obergerichtlichen Rechtsprechung (und im Schrifttum) unterschiedlich beantwortet. Nach bisher überwiegender Meinung richtet sich der Streitwert in derartigen Fällen grundsätzlich nach dem Nennbetrag der Grundschuid, auch wenn das Grundpfandrecht unstreitig nicht mehr valutiert (OLG Düsseldorf MDR 1999, 506; KG KGReport Berlin 2000, 378; OLG Saarbrücken MDR 2001, 897; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 67. Aufl., § 6 Rz. 12; Musielak-Heinrich, ZPO, 6. Aufl., § 3 Rz. 31). Nach der im Vordringen begriffenen Gegenmeinung ist der Streitwert in diesen Fällen nur auf 20 % des Nominalwerts festzusetzen, sofern der Kläger nicht konkrete weitere Nachteile vorträgt (OLG Hamburg mdr 1975, 846; OLG Köln MDR 1980, 1025; OLG Celle NJW-RR 2001, 712; MDR 2005, 1196; OLG Frankfurt OLGReport Frankfurt 2008, 321; MünchKomm/ZPO/Wöstmann, 3. Aufl., § 6 Rz. 18; Schneider-Herget, Streitwertkommentar, 12. Aufl., Rz. 3321 ff.; Hüsstege in Thomas/Putzo, ZPO, 29. Aufl., § 3 Rz. 99; Zöller/Herget, ZPO, 27. Aufl., § 3 Rz. 16 "Löschung").
Der Senat folgt der zuletzt genannten Auffassung.
Soweit sich die Gegenmeinung zur Begründung auf das Argument beruft, die Belastung des Grundstücks mit einem Grund Pfandrecht wirke sich ungeachtet der Valutierung der zu sichernden Forderung in der vollen Höhe des Nennwerts der Grundschuld aus, weil bei einem Verkauf des Grundstücks der Kaufpreis entsprechend herabgesetzt werde, liegt hierin eine zu weit gehende Verallgemeinerung. Wer beim Kauf eines Grundstücks bestehende Belastungen übernimmt, informiert sich im Regelfall genau darüber, welche Forderungen durch das Grund Pfandrecht gesichert werden. Nur in Höhe dieser Forderungen wird es zu einer Ermäßigung des zu zahlenden Kaufpreises kommen. Weist der Verkäufer nach, dass die Grundschuld nicht mehr valutiert, dann beeinflusst ein noch eingetragenes Grund Pfandrecht den Verkehrswert des Grundstücks in der Regel nur noch unwesentlich. Letztlich geht es dem die Löschung Begehrenden dann nur um die Beseitigung einer formell noch bestehenden grundbuchmäßigen Position.
Entsprechendes gilt für das zweite Argument der Gegenmeinung, bei einer weiteren Beleihung des Grundstücks wirke sich die dingliche Belastung in voller Höhe des Nennwerts aus. Auch damit wird zu sehr verallgemeinert. Wenn dem Grundstückseigentümer im konkreten Einzelfall tatsächlich ein Kredit mit der Begründung verweigert werden sollte, sein Grundstück lasse keine weitere Belastung mit einer Sicherungsgrundschuld mehr zu, dann gäbe ein derartiger substantiierter Sachvortrag sicher Anlass, den Streitwert einer Löschungsklage in diesem Einzelfall ausnahmsweise an der Höhe des Nennwerts des noch eingetragenen Grundp...