Leitsatz (amtlich)

1. Im Abänderungsverfahren nach § 51 VersAusglG ist auch die Vorschrift über den Tod eines Ehegatten (§ 31 VersAusglG) anzuwenden. Ein Versorgungsausgleich findet nicht mehr statt, wenn der insgesamt ausgleichspflichtige Ehegatte nach dem Versterben des ausgleichsberechtigten Ehegatten unter den Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 4 VersAusglG die Abänderung beantragt.

2. Allein die fiktive Erfüllung einer Wartezeit nach § 51 Abs. 5 VersAusglG i. V. m. § 225 Abs. 4 FamFG eröffnet dem insgesamt ausgleichspflichtigen Ehegatten aber keinen Zugang zum Abänderungsverfahren.

 

Normenkette

FamFG § 225 Abs. 4; SGB VI §§ 5-6, 50 Abs. 1, § 52 Abs. 1; VersAusglG § 51 Abs. 5

 

Verfahrensgang

AG Erlangen (Aktenzeichen 4 F 1355/19)

 

Tenor

1. Die Beschwerde gegen den am 07.07.2020 erlassenen Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Erlangen wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Antragstellerin zu tragen.

3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist die Abänderung eines vor dem 01.09.2009 durchgeführten Versorgungsausgleichs auf Antrag des per saldo ausgleichsverpflichteten Ehegatten nach dem Tod des Ausgleichsberechtigten.

Die am 21.01.1977 geschlossene Ehe der Antragstellerin mit ihrem früheren Ehemann wurde durch Endurteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Erlangen vom 29.03.1993 geschieden und der Versorgungsausgleich durchgeführt. Zu Lasten der Versorgung der Antragstellerin bei der Bezirksfinanzdirektion wurden auf dem Konto des Ehemanns Rentenanwartschaften von 511,10 DM bezogen auf den 30.11.1991 begründet. Dieser Entscheidung lagen ehezeitliche gesetzliche Rentenanwartschaften der Ehefrau in Höhe von monatlich 31,54 DM und des Ehemanns von monatlich 229,81 DM sowie eine ehezeitliche Anwartschaft der Ehefrau aus einer Beamtenversorgung von monatlich 1.220,46 DM zugrunde. Der Ehemann ist am 08.01.2019 verstorben, sein Erbe ist der Freistaat Bayern.

Mit am 20.11.2019 beim Amtsgericht eingegangen Schreiben hat die Antragstellerin, die bereits eine Pension bezieht, die Abänderung des Versorgungsausgleichs beantragt.

Nach den Ermittlungen des Amtsgerichts beträgt der monatliche Ehezeitanteil der gesetzlichen Rentenanrechte nunmehr beim Ehemann 117,44 EUR, der monatliche Ehezeitanteil der Beamtenversorgung der Ehefrau 1.187,22 DM. Die gesetzlichen Rentenanrechte der Ehefrau sind aufgrund einer Beitragserstattung weggefallen.

Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 07.07.2020 den Antrag als unzulässig zurückgewiesen, weil die [absolute Wesentlichkeits-] Grenze nach § 225 Abs. 3 FamFG von 33,60 DM bei keiner Versorgung überschritten werde.

Gegen diesen ihrer Bevollmächtigten am 10.07.2020 zugestellten Beschluss wendet sich die Antragstellerin mit ihrer am 27.07.2020 beim Amtsgericht eingegangenen Beschwerde. Sie moniert die fehlende Berücksichtigung einer fiktiven Wartezeiterfüllung. Auf der Zulässigkeitsebene müssten entsprechend der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 05.02.2020 (FamRZ 2020, 743) die fiktiven Auswirkungen des Abänderungsantrags ohne Berücksichtigung des Todes des Ehemanns geprüft werden. Durch die Übertragung des Ausgleichswerts der gesetzlichen Rentenanrechte erhalte sie 2,7710 Entgeltpunkte. Die Entgeltpunkte seien durch den Faktor 0,0313 zu teilen, so dass sich 88 volle Monate ergäben. Die Voraussetzungen der Wartezeit von 60 Monaten für den Bezug einer Regelaltersrente würden fiktiv erfüllt. Damit sei ihr Antrag zulässig. Weil ihr früherer Ehemann verstorben sei, käme bei der Begründetheitsprüfung § 31 VersAusglG zur Anwendung.

Die weiteren Beteiligten hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.

II. Die Beschwerde der Antragstellerin ist gemäß §§ 58 ff., 228 FamFG statthaft und zulässig, aber im Ergebnis nicht begründet.

Der Senat hat von einer mündlichen Erörterung abgesehen, da die Beteiligten rechtliches Gehör hatten und der Sachverhalt hinreichend geklärt ist (§ 69 Abs. 3, § 221 Abs. 1 FamFG).

Der Antrag auf Abänderung der Entscheidung zum Versorgungsausgleich ist unzulässig.

Zutreffend und von der Beschwerde auch nicht angegriffen hat das Amtsgericht festgestellt, dass bei keiner der einzelnen Versorgungen (hierzu BT-Drs. 16/10144 S. 89; Borth, Versorgungsausgleich, 8. Aufl., Kap. 11 Rn. 146) die absolute Wesentlichkeitsgrenze gemäß § 51 Abs. 2 VersAusglG in Verbindung mit § 225 Abs. 3 Alt. 2 FamFG überschritten ist. Die Grenze beträgt bei Ehezeitende (30.11.1991) 33,60 DM oder 17,18 EUR. Die Änderungen betragen bezogen auf den Ausgleichswert beim Rentenanrecht des Ehemannes 0,06 DM, bei der Beamtenversorgung der Antragstellerin 16,62 DM und bei dem Rentenanrecht der Antragstellerin 15,77 DM, wobei offenbleiben kann, ob die Änderung aufgrund einer Beitragserstattung berücksichtigungsfähig ist (BGH FamRZ 2005, 2055 juris Rn. 14).

Die Antragstellerin kann sich auf die fiktive Erfüllung der allgemeinen Wartezeit nach § 50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI nicht berufen.

Da § 51 Abs. 5 VersAusglG auch auf § 225 Abs. 4 F...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge