Leitsatz (amtlich)

1. Zur Wahrung der Schriftform bei einem Antrag auf Erteilung der Vollstreckungsklausel für einen Titel aus einem anderen Mitgliedsstaat der Europäischen Union durch eine Rubrumsunterzeichnung nach österreichischem Recht, bei der die Abzeichnung den nachfolgenden Antrag auf Vollstreckbarerklärung nicht räumlich abschließt.

2. Ein Mangel der Schriftform bei einem Antrag auf Erteilung der Vollstreckungsklausel für einen Titel aus einem anderen Mitgliedsstaat der Europäischen Union kann auch noch während des Verfahrens der Vollstreckbarerklärung durch Nachholung der Unterschrift geheilt werden.

 

Normenkette

ZPO § 130 Nr. 6; AVAG § 4 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Amberg (Beschluss vom 13.05.2011; Aktenzeichen 11 O 340/11)

 

Tenor

I. Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des LG Amberg vom 13.5.2011 (Az.: 11 O 340/11) wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Antragsgegner.

 

Gründe

I.1. Mit Schriftsatz vom 23.3.2011 (Bl. 1 d.A.), eingegangen bei Gericht am 1.4.2011, stellte der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers und Beschwerdegegners einen Antrag auf Vollstreckbarerklärung eines Urteils des LG Innsbruck vom 12.3.2008 (Az.: 29 Hv 180/07g - 2).

2. Mit Beschluss des LG Amberg vom 13.5.2011 (Az.: 11 O 340/11) wurde entschieden, den oben genannten Titel des LG Innsbruck mit der Vollstreckungsklausel zu versehen (Bl. 9 d.A.).

3. Der Beschluss vom 13.5.2011 samt erteilter Vollstreckungsklausel wurde dem Antragsgegner am 3.6.2011 zugestellt. Mit Schriftsatz vom 30.6.2011, eingegangen bei Gericht am gleichen Tag, legte der Prozessbevollmächtigte des Antragsgegners Beschwerde gegen den Beschluss des LG Amberg vom 13.5.2011 ein. Das LG Amberg hat mit Verfügung vom 5.7.2011 die Beschwerde mit Akten dem OLG Nürnberg zur Entscheidung zugeleitet.

Mit Schriftsatz vom 23.8.2011 trägt der Antragsgegner und Beschwerdeführer vor, dass der Antrag auf Erteilung der Vollstreckungsklausel nicht schriftlich eingereicht worden sei. Die Schriftform des § 4 Abs. 2 AVAG, § 126 BGB sei nicht gewahrt, weil der Antrag nicht handschriftlich unterzeichnet worden sei. Unterschrieben, aber lediglich in Schreibmaschinenschrift, sei er mit den Worten "I. O.", also dem Namen des Antragstellers. Auf der Vorderseite des Antrages seien die Rechtsanwälte des Antragstellers angegeben und diese Zeilen seien mit handschriftlichen Linien durchstrichen, die sich mit etwas Fantasie und gutem Willen als eine Art Paraphe interpretieren ließen. Eine Namensunterschrift, die den Urkundentext räumlich abschließe, liege nicht vor; eine "Oberschrift" sei nach der Rechtsprechung nicht ausreichend.

4. Der Stellungnahme des Antragstellervertreters vom 14.9.2011, eingegangen bei Gericht am 20.9.2011, war ein weiterer Ausdruck des ursprünglichen Antrags vom 23.3.2011 beigefügt, der nunmehr nicht nur im Bereich des Rubrums, sondern auch am Ende des Antrages mit einer Abzeichnung versehen ist, die sich mit der in Kopie beigefügten Unterschrift auf der Ausweis- und Signaturkarte (Legitimation) der Rechtsanwaltskammer Niederösterreich, ausgestellt auf Rechtsanwalt Dr. R. S. z decken soll.

5. Mit Schriftsatz vom 26.9.2011 beantragt der Antragsgegner weiterhin, auf seine Beschwerde hin den Beschluss des LG Amberg vom 13.5.2011 aufzuheben, weil der verfahrenseinleitende Beschluss nicht unterschrieben gewesen sei.

II.1. Die Beschwerde gegen den Beschluss des LG Amberg vom 13.5.2011 ist zulässig; insbesondere ist es unschädlich, dass sie bei dem LG eingelegt wurde (§ 11 Abs. 2 AVAG).

2. Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. Als Unterschrift i.S.v. § 130 Nr. 6 ZPO ist nach der Rechtsprechung des BGH (NJW 2005, 3775; FamRZ 1997, 737; jeweils m.w.N.) ein aus Buchstaben einer üblichen Schrift bestehendes Gebilde zu fordern, das nicht lesbar zu sein braucht. Erforderlich, aber auch genügend ist das Vorliegen eines die Identität des Unterschreibenden ausreichend kennzeichnenden Schriftzugs, der individuelle und entsprechend charakteristische Merkmale aufweist, die die Nachahmung erschweren, der sich als Wiedergabe eines Namens darstellt und der die Absicht einer vollen Unterschriftsleistung erkennen lässt, selbst wenn er nur flüchtig niedergelegt und von einem starken Abschleifungsprozess gekennzeichnet ist. Unter diesen Voraussetzungen kann selbst ein vereinfachter und nicht lesbarer Namenszug als Unterschrift anzuerkennen sein, wobei insbesondere von Bedeutung ist, ob der Unterzeichner auch sonst in gleicher oder ähnlicher Weise unterschreibt. Dabei ist in Anbetracht der Variationsbreite, die selbst Unterschriften ein und derselben Person aufweisen, jedenfalls bei gesicherter Urheberschaft ein großzügiger Maßstab anzulegen (BGH MDR 2009, 14 Tz 11; NJW 2005, 3775; von Selle in Beck'scher Online-Kommentar ZPO, Rz. 7 zu § 130).

Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist die Abzeichnung der Schriftstücke durch den Prozessbevollmächtigten des Antragstellers als wirksame Unterschrift i.S.d. § 130 Nr. 6 ZPO für bestimmende Schriftsätze anzuerkenn...

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