Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth (Beschluss vom 01.08.2005; Aktenzeichen 4 O 1092/99) |
Tenor
I. Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des LG Nürnberg-Fürth vom 1.8.2005 abgeändert.
II. Die Ablehnung der Sachverständigen Dr. B., Dr. P. und Dipl.-Phys. Dr. S. wegen der Besorgnis der Befangenheit wird für begründet erklärt.
Die weiter gehende Beschwerde der Klägerin wird als unzulässig verworfen.
III. Für das Beschwerdeverfahren wird keine Gebühr erhoben.
Gründe
I. Die am 16.4.1989 geborene Klägerin verlangt mit ihrer am 9.2.1999 eingereichten Klage vom Beklagten als Träger des Klinikums der F. Schadensersatz. Sie behauptet, im Zusammenhang mit einer am 29.4.1992 durchgeführten Herzoperation durch ein dabei eingesetztes Diathermiegerät Verbrennungen am Hinterkopf erlitten zu haben, die zu schweren Hirnschädigungen geführt hätten. Der Beklagte bestreitet u.a., dass die bei der Klägerin unstreitig vorhandenen Hirnschädigungen durch das Diathermiegerät ausgelöst worden sein können.
Im Termin vom 17.6.1999 einigten sich die Parteien darauf, zunächst einen Sachverständigen aus dem Bereich der Physik oder der Rechtsmedizin mit der Klärung der Frage zu beauftragen, ob rein theoretisch die Möglichkeit einer strombedingten Schädigung der Klägerin bestehe. Mit Beschluss vom 20.9.1999 beauftragte das Erstgericht dementsprechend den Leiter des Instituts für Rechtsmedizin der L., Herrn Prof. Dr. E., mit der Beantwortung dieser Frage. Dieses Gutachten ging am 6.12.2000 beim LG ein. Es war jedoch in wesentlichen Teilen von dem am Institut des Sachverständigen Prof. Dr. E. als Akadem. Rat tätigen Arzt Dr. P. und dem ebenfalls dort beschäftigten Dipl.-Phys. Dr. S. sowie dem als Akadem. Oberrat am Institut für Neuropathologie beschäftigten Facharzt Dr. B. erbarbeitet worden. Unter anderem deswegen kam es in der Folgezeit zu langwierigen Auseinandersetzungen um die von der Klägerin behauptete Befangenheit der beteiligten Sachverständigen und Richter.
Mit Verfügung vom 24.6.2005 kündigte das LG an, es wolle die genannten Personen für einzelne Teilbereiche "ad personam" zu Sachverständigen ernennen, und gab der Klägerin Gelegenheit, hierzu Stellung zu nehmen. Die Klägerin widersprach dieser Absicht und lehnte die drei neu zu bestellenden Gutachter mit der Begründung als befangen ab, diese seien beim Beklagten beschäftigt.
Mit Beschluss vom 1.8.2005 genehmigte das Erstgericht unter Berufung auf § 404 Abs. 1, § 407a Abs. 2 ZPO die Zuziehung der Sachverständigen Dr. P., Dr. B. und Dipl.-Phys. Dr. S. für Teilbereiche des Gutachtensauftrags und wies zugleich das Ablehnungsgesuch der Klägerin zurück. Gegen diesen ihr am 8.8.2005 zugestellten Beschluss richtet sich die am 22.8.2005 beim LG eingegangene sofortige Beschwerde.
II. Die sofortige Beschwerde ist unzulässig, soweit sie sich gegen die nachträgliche Ernennung der Dres. B., P. und Dipl.-Phys. S. zu Sachverständigen wendet, da es sich bei dem angefochtenen Beschluss insoweit um einen nicht selbstständig anfechtbaren Beweisbeschluss handelt (Zöller/Greger, ZPO, 25. Aufl., § 355 Rz. 7 und § 358 Rz. 4; Musielak/Stadler, ZPO, 4. Aufl., § 358 Rz. 3).
Im Übrigen ist das Rechtsmittel zulässig (§ 406 Abs. 5 ZPO) und hat auch in der Sache Erfolg.
1. Das Ablehnungsgesuch ist nicht verspätet.
Nach § 406 Abs. 2 ZPO ist der Ablehnungsantrag spätestens zwei Wochen nach Verkündung des Beschlusses über die Ernennung des Sachverständigen zu stellen. Ernannt wurden die von dem Gesuch betroffenen Sachverständigen aber erst durch den Gerichtsbeschluss vom 1.8.2005. Vorher hatten sie zwar Spezialwissen zu dem Gutachten beigesteuert, waren dabei aber nur im Auftrag des Gerichtsgutachters Prof. Dr. E., nicht im Auftrag des Gerichts selbst tätig. Hilfskräfte des Sachverständigen können aber selbst nicht abgelehnt werden (OLG Zweibrücken v. 30.1.1986 - 1 WF 179/85, MDR 1986, 417; Musielak/Huber, ZPO, 4. Aufl., § 406 Rz. 2; Zöller/Greger, ZPO, 25. Aufl., § 406 Rz. 2 und § 404 Rz. 1a).
Bedenken gegen die Zulässigkeit des Ablehnungsantrags könnten eher unter dem Gesichtspunkt erhoben werden, dieser sei zu früh angebracht worden. Da die Klägerin mit ihrem Rechtsmittel jedoch dargetan hat, dass sie an dem Antrag festhält, hält der Senat das Ablehnungsgesuch für wirksam. Das Erstgericht hat hierüber auch in Form des Nichtabhilfebeschlusses bereits entschieden.
2. Das Ablehnungsgesuch hat Erfolg, auch wenn der Senat selbst keinen Zweifel an der Unparteilichkeit der Sachverständigen hat. Denn es kommt insoweit nicht auf die Sicht des Gerichts an, sondern auf die der Partei.
Für die Ablehnung eines Sachverständigen wegen der Besorgnis der Befangenheit genügt jede Tatsache, die bei dieser ein auch nur subjektives Misstrauen in der Unparteilichkeit des Sachverständigen vernünftigerweise rechtfertigen kann (BGH NJW 1975, 1363; NJW-RR 1987, 893; Zöller/Greger, ZPO, 25. Aufl., § 406 Rz. 8). Lediglich bloß subjektive oder unvernünftige Gedankengänge der Antragstellerin würden ausscheiden (Musielak/Huber, ZPO, 4....