Leitsatz (amtlich)
1. Zum Nachweis gemäß § 29 GBO, dass ein Nießbrauch gemäß § 1061 Satz 1 BGB wegen Versterbens des Berechtigten erloschen ist, genügt die Vorlage der notariell beglaubigten Abschrift einer Sterbeurkunde beim Grundbuchamt auch dann, wenn diese vom Standesamt mit dem Vermerk "Nur für Rente - gebührenfrei -" versehen worden ist.
2. Die einer Personenstandsurkunde im Sinne des § 55 Abs. 1 PStG zukommende Beweiskraft (§ 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 PStG) wird nicht dadurch eingeschränkt, dass sie gemäß § 64 Abs. 2 Satz 3 SGB X gebührenfrei erteilt wurde.
3. Aus der Grundbuchordnung ergibt sich nicht, dass das Grundbuchamt die Gebühreninteressen des Standesamts zu wahren hätte und deshalb gebührenfrei erteilte Sterbeurkunden zurückweisen dürfte.
Normenkette
BGB § 1061 S. 1; GBO § 22 Abs. 1 S. 1, §§ 29, 84 Abs. 1 S. 1; PStG § 54 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, § 55 Abs. 1 Nr. 5, § 60; SGB X § 64 Abs. 2 S. 3
Verfahrensgang
AG Hersbruck (Aktenzeichen NE-439-82) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Beteiligten J wird die Zwischenverfügung des Amtsgerichts Hersbruck - Grundbuchamt - vom 03.04.2019 aufgehoben.
2. Die Sache wird an das Amtsgericht Hersbruck - Grundbuchamt - zur Entscheidung über den Grundbuchberichtigungsantrag der Beschwerdeführerin unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung des Senats zurückverwiesen.
Gründe
I. Im Grundbuch des Amtsgerichts Hersbruck von Neunkirchen am Sand ist in Blatt 439 die Beteiligte J als Eigentümerin eingetragen.
Das Grundstück ist mit einem Nießbrauch zugunsten C, geb. S, belastet. Mit Schreiben des Notars vom 21.03.2019 beantragt die Eigentümerin unter anderem die Löschung dieses Nießbrauchs wegen Gegenstandslosigkeit infolge Ablebens der Berechtigten. Beigefügt ist die vom Notar hergestellte und mit dem von ihm am 04.02.2019 unterschriebenen Vermerk, dass die Übereinstimmung mit der Urschrift bestätigt wird, versehene beglaubigte Abschrift einer mit dem Siegel des Standesamts der Stadt N versehenen und von der Standesbeamtin S unterschriebenen Sterbeurkunde vom 30.04.2015, in der bescheinigt wird, dass C, geb. S, am 29.03.2015, 18:15 Uhr verstorben ist. Die Sterbeurkunde trägt den (offenbar aufgestempelten) Vermerk "Nur für Rente - gebührenfrei -".
Das Amtsgericht Hersbruck - Grundbuchamt - erließ am 03.04.2019 eine Zwischenverfügung unter Fristsetzung bis 03.05.2019, wonach der beantragten Eintragung entgegenstehe, dass es an einem geeigneten Nachweis des Versterbens der Frau C fehle. Durch den Vermerk "Nur für Rente - gebührenfrei -" sei ausgedrückt, dass die Urkunde nur in Rentenangelegenheiten Beweiskraft haben soll. Den Hinterbliebenen soll die Erledigung bestimmter rechtlicher Angelegenheiten um den Sterbefall erleichtert, aber gleichzeitig das Kosteninteresse der Stadt N geschützt werden. Durch die Anerkennung der Urkunde als Nachweis würde dieses Interesse der Stadt N verletzt werden. Sie habe daher keine Gültigkeit außerhalb des Verfahrens über die Rente.
Gegen diesen am 08.04.2019 zugestellten Beschluss legte der Urkundsnotar mit Schreiben vom 08.04.2019 im Namen der Antragstellerin Beschwerde ein, der das Grundbuchamt mit Beschluss vom 10.04.2019 nicht abhalf.
II. Die zulässige Beschwerde hat in der Sache auch Erfolg. Der Beschwerdeführer hat den Nachweis des Versterbens der Frau C in grundbuchrechtlicher Form geführt.
1. Gemäß § 1061 Satz 1 BGB erlischt der Nießbrauch einer natürlichen Person mit dem Tod des Nießbrauchers. Die aufgrund des Todes des Nießbrauchers eintretende Unrichtigkeit der Eintragung des Nießbrauchs im Grundbuch muss gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 GBO nachgewiesen werden (vgl. Demharter, GBO, 31. Aufl. § 22 Rn. 18). Die Löschung gegenstandsloser Eintragungen, wie etwa des Nießbrauchs beim Tod des Berechtigten (vgl. Demharter a.a.O. § 84 Rn.. 6 f.) kann gemäß § 84 Abs. 1 Satz 1 GBO auch von Amts wegen erfolgen, wenn sich aus Tatsachen, die in einer den Anforderungen der GBO entsprechenden Weise festgestellt sind, ergibt, dass die Eintragung gegenstandslos ist (§ 87 lit. a GBO). Auch diese Tatsachen müssen entsprechend den Anforderungen der GBO festgestellt, d.h. in der Form des § 29 GBO nachgewiesen sein (Demharter, a.a.O., § 87 Rn. 2 f.). In beiden Verfahrensarten muss somit der Tod des Berechtigten durch eine Sterbeurkunde nachgewiesen werden.
2. Dem Formerfordernis des § 29 GBO - Nachweis durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden - ist die Antragstellerin durch Vorlage der notariell beglaubigten Abschrift (vgl. § 42 Abs. 1 BeurkG; s. hierzu Demharter, a.a.O., § 29 Rn. 57 f.) der Sterbeurkunde vom 30.04.2015 nachgekommen. Hierbei handelt sich um eine öffentliche Urkunde i.S.d. § 415 Abs. 1 ZPO, durch die der Tod der Nießbrauchsberechtigten bewiesen wird.
Dem steht nicht entgegen, dass die Originalurkunde den Vermerk "Nur für Rente - gebührenfrei -"trägt. Entgegen der Ansicht des Grundbuchamts beeinflusst dieser Vermerk nicht die Beweiskraft der Sterbeurkunde für die Tatsache des Versterbens der Nießbrauchsberechtigten.
a) Gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 PStG ...