Entscheidungsstichwort (Thema)
Unwirksamkeit von AGB
Leitsatz (amtlich)
1. Vereinbart der Versender mit dem Kunden, dass dieser die Pakete codiert und mit einer vom Versender zur Verfügung gestellten Software die Barcode-Kontrollnummer in das Computersystem des Versenders eingibt, womit schriftliche Übernahmebestätigungen entfallen, reicht es zum Nachweis der Übernahme aus, dass die Pakete ordnungsgemäß bereitgestellt wurden und nach Abholung nicht mehr vorhanden waren.
2. Zur Unwirksamkeit von AGB im Hinblick auf § 449 Abs. 2 HGB, § 307c BGB.
Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth (Urteil vom 21.04.2004; Aktenzeichen 4 HK O 10425/03) |
Tenor
I. Die Berufung der Klägerinnen und die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des LG Nürnberg-Fürth vom 21.4.2004 werden zurückgewiesen.
II. Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerinnen je 1/6 und die Beklagte 2/3.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beschluss:
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 8.010 Euro festgesetzt.
Gründe
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gem. § 540 Abs. 2 ZPO abgesehen.
Die Berufung der Beklagten ist zulässig, hat jedoch keinen Erfolg. Die Klägerinnen haben die Übernahme des Pakets der Firma B. AG am 16.12.2002 (Inhalt: 100 Handys) durch die Beklagte nachgewiesen. Nachdem die Beklagte nicht detailliert zum Organisationsverlauf in ihrem Betrieb und zu den von ihr gegen einen Verlust von Transportgut eingerichteten Sicherheitsmaßnahmen vorgetragen hat, lässt dies den Schluss darauf zu, dass der Verlust des Pakets durch Leichtfertigkeit verursacht wurde. Die Beklagte kann sich nicht auf ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen berufen, die insoweit gem. § 449 Abs. 2 HGB, §§ 305c, 307 BGB unwirksam sind.
Die Berufung der Klägerinnen hat ebenfalls keinen Erfolg, da sie sich ein Mitverschulden der Versenderin anrechnen lassen müssen, die eine Wertangabe unterlassen hat. Die Beklagte hat ausreichend dargetan, dass im Fall der Wertangabe zusätzliche Kontrollen und Sicherungen ergriffen worden wären und zumindest der Ort des Schadenseintritts einzugrenzen gewesen wäre. Dieses Mitverschulden hat das LG zutreffend mit 1/3 bewertet. Weil sich die Berufung der Beklagten hiergegen wendet, hat sie ebenfalls keinen Erfolg.
1. Das LG hat im angefochtenen Urteil (Ziff. 1. S. 5 und 6 des Endurteils) mit zutreffender Beweiswürdigung ausgeführt, dass aufgrund der Aussage des Zeugen H. in Verbindung mit den übergebenen Belegen feststehe, dass der Karton der Beklagten übergeben worden sei und dass dieser Karton 100 Handys der Marke "Nokia 3310" enthalten habe. Soweit die Beklagte dazu vorträgt, die Nichtvorlage einer Übernahmequittung sei ein Indiz dafür, dass das Paket gar nicht übergeben worden sei, geht dies fehl. Die Beklagte hat mit der Firma B. AG als Dauerkundin das sog. EDI-Verfahren vereinbart. Der Kunde erhält von der Beklagten eine Software zur Verfügung gestellt, mittels deren er die Daten des jeweiligen Paketes eingibt und selbst Aufkleber für die Pakete ausdruckt. Diese Software erteilt dem Kunden auch automatisch mit jeder Eingabe eine Identifikationsnummer, die Barcode-Kontrollnummer. Diese Nummer wird automatisch vergeben und automatisch beim sog. Tagesabschluss an die Beklagte übermittelt. Die Beklagte verzichtet damit ganz gezielt auf die Anfertigung von Frachtbriefen, sondern lässt den Kunden das Paket codieren und die Paketkontrollnummer in ihr eigenes Computersystem einspielen. Sie verzichtet damit auf eine Dokumentation, sei sie schriftlich oder elektronisch, der Übergabe. Da die Beklagte mit dem von ihr entwickelten System bewusst auf den Nachweis der Übergabe verzichtet, kann sie nach Treu und Glauben gegenüber einem Kunden nicht geltend machen, dass dieser Nachweis fehle. Durch die Aussage des Zeugen H. ist erstinstanzlich bewiesen worden, dass, wie sich aus dem Packzettel ergibt, die 100 Handys ordnungsgemäß verpackt wurden, sie von der B. AG für die Beklagte codiert und dann zum Abtransport bereitgestellt wurden. Die Beklagte hätte bei dieser Sachlage, nachdem sie bewusst auf die Erteilung einer Übernahmebestätigung verzichtet, beweisen müssen, dass sie das Paket nicht erhalten hat. Dies ist nicht geschehen.
2. Nachdem die Beklagte auch nicht ansatzweise zum Organisationsverlauf in ihrem Betrieb und zu den von ihr gegen einen Verlust des Transportguts eingerichteten Sicherheitsmaßnahmen vorgetragen hat, lässt dies den Schluss darauf zu, dass der Verlust des Paketes durch Leichtfertigkeit verursacht wurde (BGH TranspR 2003, 467; TranspR 2004, 175; TranspR 2004, 177). Die Beklagte hat lediglich vorgetragen, ein Paket mit der hier vergebenen Barcodenummer sei zu keinem Zeitpunkt im Abholcenter erfasst worden. Daraus ergibt sich lediglich, dass im Abholcenter eine Schnittstelle installiert ist, bei der die Codenummern der Pakete gelesen werden. Weder ist dem zu entnehmen, ob dies bereits bei Anlieferung in das Abholcenter geschieht, während des Sortierens oder erst bei Abtransport der Pakete. Die Beklagte hat sons...