Leitsatz (amtlich)
1. Ein nachehelicher Unterhaltsanspruch, der wegen nachhaltiger und massiver Behinderung des Umgangsrechts des Unterhaltsverpflichteten durch den Unterhaltsberechtigten teilweise verwirkt ist, kann wieder aufleben.
2. Für das Wiederaufleben des verwirkten Unterhaltsanspruches genügt es nicht, daß der Unterhaltsberechtigte sich hinsichtlich des Umgangsrechts nunmehr neutral verhält. Es setzt vielmehr voraus, daß die Wirkungen des früheren Fehlverhaltens bei den Kindern beseitigt sind und der Unterhaltspflichtige einen dauerhaften und angemessenen Umgang mit den Kindern ausüben kann.
Normenkette
BGB §§ 1570, 1579 Nr. 6
Verfahrensgang
Tenor
I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Endurteil des Amtsgerichts – Familiengericht – Weiden vom 13. Februar 1996 abgeändert.
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin in Abänderung des Endurteils des Amtsgerichts Weiden vom 26.7.1993, Az.: 2 F 380/92, in der Fassung des Urteils des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 8.2.1994, Az.: 11 UF 2641/93, ab 1. Januar 1996 an Stelle von monatlich 1.150,– DM einen monatlichen, monatlich vorauszahlbaren Unterhalt in Höhe von 1.300,– DM zu bezahlen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die weitergehende Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen.
III. Von den Kosten beider Instanzen trägt der Beklagte 15 % und die Klägerin 85 %.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beschluß:
Der Streitwert des Berufungsverfahrens beträgt 12.831,00 DM.
Tatbestand
Die Klägerin ist die geschiedene Ehefrau des Beklagten. Sie begehrt eine Erhöhung des nachehelichen Unterhalts vom Beklagten.
Aus der gemeinsamen Ehe sind die Kinder …, geboren am 26. März 1985 und …, geboren am 7. Oktober 1987 hervorgegangen.
Die Ehe der Parteien ist seit 12. November 1991 rechtskräftig geschieden. Die elterliche Sorge für die beiden Kinder wurde der Klägerin, mit Ausnahme des Aufenthaltsbestimmungsrechts übertragen. Letzteres nimmt ein Pfleger wahr. Seit der Trennung der Eheleute im Jahr 1989 gibt es zwischen ihnen erhebliche Spannungen wegen des Umgangsrechts des Vaters mit den Kindern. Weil die Klägerin dem Beklagten selten oder überhaupt nicht die Kinder zum Umgangsrecht überließ, reduzierte der Beklagte ab Januar 1992 seine Unterhalts Zahlungen für die Klägerin. Sie verklagte daraufhin den Beklagten zur Zahlung des vollen Unterhalts. Mit Urteil vom 26. Juli 1993 verurteilte das Amtsgericht – Familiengericht – Weiden den Beklagten zur Unterhaltszahlung an die Klägerin, jedoch beschränkt auf den Mindestunterhalt in Höhe von 1.150,– DM. Zur Begründung führte es aus, die Klägerin behindere das Umgangsrecht des Beklagten nachhaltig und massiv. Der Unterhaltsanspruch der Klägerin sei deshalb teilweise verwirkt.
Die Klägerin legte gegen dieses Urteil Berufung ein. Mit Endurteil vom 8. Februar 1994 wies das Oberlandesgericht Nürnberg die Berufung der Klägerin zurück. Es führte u.a. aus: „… Die Klägerin hat die Ausübung des Umgangsrechts des Beklagten schuldhaft fortgesetzt und massiv vereitelt … Das Verhalten der Klägerin ist auch jetzt noch dafür ursächlich, daß der Beklagte sein Umgangsrecht nicht wahrnehmen kann. Die jetzige Weigerung der Kinder, mit ihrem Vater zusammen zu sein, ist auf das Verhalten der Klägerin zurückzuführen … Gegen die Ausübung des Umgangsrecht durch den Beklagten gab es von Anfang an keinen sachlichen Grund … Die Klägerin hat ihren Unterhaltsanspruch nicht auf Dauer teilweise verwirkt. Sofern der Beklagte dauerhaft sein Umgangsrecht in Zukunft in angemessenem Umfang wieder wahrnehmen kann, ist eine Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs der Klägerin aus Gründen der Billigkeit nicht mehr veranlaßt. Der Unterhaltsanspruch lebt dann wieder auf … Es ist Sache der Klägerin, diese Voraussetzungen zu schaffen …”.
Die Klägerin ist der Auffassung, daß sich die Verhältnisse seit dem Urteil des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 8. Februar 1994 wesentlich geändert haben. Das Umgangsrecht könne seit Juni 1994 wieder ausgeübt werden. Kontakte fänden nach anfänglichen Anlaufschwierigkeiten nunmehr alle drei Wochen regelmäßig statt.
Die Klägerin hat deshalb in erster Instanz beantragt:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin in Abänderung des Urteils des Amtsgerichts Weiden in der Fassung des Urteils des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 8.2.1994 ab 1.8.1995 einen monatlichen, monatlich vorauszahlbaren Unterhalt in Höhe von 2.137,– DM zu bezahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte ist der Auffassung, daß die Voraussetzungen für einen Wegfall der teilweisen Verwirkung des Unterhaltsanspruchs noch nicht gegeben seien. Es sei zwar richtig, daß er weitgehend regelmäßig alle drei bis vier Wochen mit den Kindern Umgang haben könne, allerdings nur am Samstag von 14.00 Uhr bis 17.00 Uhr. Die Kinder weigerten sich, irgendetwas anderes...