Leitsatz (amtlich)
1. Zur Ersatzfähigkeit im Rahmen einer Rückrufaktion entstandener Aufwendungen.
2. Erweisen sich Transformatoren, die in Feststellanlagen von Brandschutztüren eingebaut sind, mittels derer diese Türen dauernd offen gehalten und lediglich im Brandfall automatisch geschlossen werden, als derart fehlerhaft, dass es zu Ausfällen der Transformatoren - mit der Folge eines Zufallens der Brandschutztüren - kommt, liegt die Gefahr nahe, dass die Türen auf mechanischem Wege, etwa mittels Unterlegkeilen, dauernd offen gehalten werden, wobei die Brandschutzfunktion der Türen entfällt. Zur Abwendung dieser Gefahr ist es erforderlich und gerechtfertigt, im Rahmen einer Rückrufaktion die fehlerhaften Bauteile auszutauschen. Weniger kostenträchtige Maßnahmen, etwa Warnhinweise oder die Aufforderung zur Außerbetriebsetzung der Türfeststellanlagen, sind insoweit nicht ausreichend.
3. Der Hersteller von Feststellanlagen für Brandschutztüren, der hierzu von einem Zulieferer fehlerhafte Transformatoren bezogen hat, kann die ihm für eine solche Rückrufaktion entstandenen Aufwendungen in vollem Umfang vom Zulieferer ersetzt verlangen.
Normenkette
BGB § 823 Abs. 1, § 840 Abs. 1, § 426
Verfahrensgang
LG Regensburg (Urteil vom 07.04.2006; Aktenzeichen 2 HKO 1367/02) |
Tenor
I. Die Berufung des Beklagten gegen das Endurteil des LG Regensburg vom 7.4.2006 (Az. 2 HK O 1367/02), berichtigt mit Beschluss vom 31.5.2006, wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die korrekte Bezeichnung der Beklagtenpartei im Rubrum dieses Endurteils zu lauten hat:
Z.
II. Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens sowie die der Streithelferin im Berufungsverfahren erwachsenen notwendigen Auslagen.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung seitens der Klägerin durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des jeweils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. Der Beklagte kann die Vollstreckung seitens der Streithelferin durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des jeweils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Streithelferin vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Beschluss:
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 1.230.925,71 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Klägerin macht Schadensersatzansprüche aus einer Rückrufaktion geltend, die sie im Hinblick auf ein fehlerhaftes Produkt durchgeführt hat.
1. Die Klägerin stellt Produkte für Türtechnik her, insbesondere Feststellanlagen von Brandschutztüren. Derartige Türen (Feuerschutzabschlüsse) haben die Funktion, Öffnungen in feuerhemmenden oder feuerbeständigen Wänden gegen den Durchtritt von Feuer zu sichern. Wo Brandschutztüren einzubauen sind, ist in den jeweiligen Landesbauordnungen geregelt (vgl. etwa für Bayern Art. 12, 24 ff., 33, 34 BayBO, § 11 BayBauVorlV). Ganz überwiegend sind sie in öffentlichen Gebäuden wie Gerichten, Schulen, Hotels, Verwaltungsgebäuden, Krankenhäusern, Heimen, Kindergärten, Kindertagesstätten, Bürgerzentren, Behindertenwerkstätten, Arztpraxen etc. vorgeschrieben. Im Allgemeinen werden Brandschutztüren in Öffnungen von Trennwänden und Brandwänden oder zur Unterteilung von mehr als 30 m langen Fluren gefordert.
Die Anforderungen an Feuerschutzabschlüsse werden in der DIN 4102-5 (Brandverhalten von Baustoffen und Bauteilen; Feuerschutzabschlüsse, Abschlüsse in Fahrschachtwänden und gegen Feuer widerstandsfähige Verglasungen, Begriffe, Anforderungen und Prüfungen) bzw. der Europäischen Norm EN 1634-2 (Feuerwiderstandsprüfungen für Tür- und Abschlusseinrichtungen) geregelt. Es gibt die Feuerwiderstandsklassen T30, T60, T90, T120 und T180; die Zahl hinter dem T gibt dabei (in Minuten) an, für welche Dauer die Tür den Durchtritt des Feuers (nicht des Rauches) verhindern und sich dann noch öffnen lassen muss. Welche Feuerwiderstandsklasse für eine Tür erforderlich ist, richtet sich nach der Gebäudenutzung und den Anforderungen an die Wand, in die sie eingebaut wird.
Brandschutztüren müssen immer selbstschließend sein und dürfen nicht mit Keilen oder ähnlichem offen gehalten werden. Teilweise verfügen Feuerschutzabschlüsse über Feststellanlagen, welche die Feuerschutzabschlüsse offen halten. Über autarke Brandmelder gesteuert, werden diese Feuerschutzabschlüsse bei Branddetektion automatisch geschlossen.
2. Bestandteil solcher Feststellanlagen für Brandschutztüren sind von der Klägerin unter der Typbezeichnung "X" hergestellte sog. Rauchschaltzentralen. In diese Rauchschaltzentralen werden u.a. Transformatoren eingebaut, welche die Klägerin im Streitfall unter der Bezeichnung "Stromversorgungsteil Y" von der "Z. Fabrik", deren Inhaber Z. (der Beklagte) war, bezogen hat.
Ein Transformator ist ein Bauelement oder eine Anlage der Elektrotechnik. Er besteht aus einem magnetischen Kreis -meist einem Ferrit- oder Eisenkern -, um den Leiter zweier oder weiterer verschied...