Verfahrensgang

LG Nürnberg-Fürth (Aktenzeichen 10 O 2687/06)

 

Tenor

I. Der Antrag des Klägers auf Bestimmung des zuständigen Gerichts wird zurückgewiesen.

II. Die Sache wird an das LG Nürnberg-Fürth, 10. Zivilkammer, zurückgegeben.

III. Der Kläger hat die Kosten des Gerichtsstandsbestimmungsverfahrens zu tragen.

IV. Der Wert des Bestimmungsverfahrens wird auf 10.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

Die Voraussetzungen für die Bestimmung des Gerichtsstandes durch das OLG Nürnberg liegen nicht vor.

Ein Fall des § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO ist nicht gegeben, da für die als Streitgenossen in Anspruch genommenen Beklagten ein gemeinsamer Gerichtsstand besteht. Denn für den Rechtsstreit ist der ausschließliche Gerichtsstand gem. § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO begründet, der vorliegend für jeden der Beklagten gilt. Es handelt sich hierbei um München, den Sitz der Filmfondsgesellschaften V. Medienfonds GmbH & Co. KG und V. Medienfonds GmbH & Co. KG als Emittenten der beanstandeten Kapitalmarktinformationen.

§ 32b ZPO betrifft grundsätzlich alle Klagen, mit welchen der Ersatz eines aufgrund falscher, irreführender oder unterlassener öffentlicher Kapitalmarktinformationen verursachten Schadens geltend gemacht wird.

Um solche handelt es sich hier zum einen, soweit der Kläger Prospekthaftungsansprüche gegen die Beklagten zu 1), 3) und 4) erhebt.

Der ausschließliche Gerichtsstand des § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO ist in diesen Fällen jedenfalls München, der Sitz der Filmgesellschaften V. Medienfonds GmbH & Co. KG und V. Medienfonds GmbH & Co. KG als betroffene Emittenten der beanstandeten Emissionsprospekte. Diese Prospekte sind als öffentliche Kapitalmarktinformationen nach der Legaldefinition des § 1 Abs. 1 Satz 3 KapMuG anzusehen.

Entgegen der Auffassung des Klägers gilt § 32b Abs. 1 Nr. 1 ZPO zum anderen aber ebenso für die Ansprüche ggü. der Beklagten zu 2).

Im Ergebnis folgt der Senat insoweit der von dem Prozessbevollmächtigten des Beklagten zu 1) vorgelegten Entscheidung des OLG Koblenz im einem vergleichbaren Fall (Az.: 4 SmA 21/06).

Bei der Anwendung des § 32b Abs. 1 ZPO kommt es nach Auffassung des Senats entscheidend darauf an, ob ein Schadensersatzanspruch auch wegen falscher bzw irreführender öffentlicher Kapitalmarktinformation geltend gemacht wird. Gegenstand der der Beklagten zu 2) zur Last gelegten Pflichtverletzungen ist gerade die Empfehlung der Medienfondsbeteiligung V. und V. Dabei werden die Verletzungshandlungen sowohl auf die nach Klägervortrag fehlerhaften Informationen in den übergebenen Emissionsprospekten, bei denen es sich um öffentliche Kapitalmarktinformationen handelt, gestützt, als auch darauf, dass der entsprechende Anlageberater der Beklagten zu 2) den Kläger nicht umfassend über alle Einzelheiten und Risiken dieser Anlagen informiert und somit seine Aufklärungspflicht verletzt habe. Denn Gegenstand des persönlichen Beratungsgesprächs waren hier auch nach Klagevortrag jedenfalls die beanstandeten Emissionsprospekte, so dass der geltend gemachte Schaden ebenfalls aufgrund letzterer i.S.d. § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO verursacht wurde.

§ 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bezieht sich dabei generell auf Schadensersatzansprüche. Dem Wortlaut der Vorschrift ist demgegenüber nicht zu entnehmen, dass diese bei Klagen, die neben der Übergabe irreführender Kapitalmarktinformationen durch den Anlageberater auch mit dessen Beratungsfehler begründet werden, nicht einschlägig sein soll. Derartiges ergibt sich auch nicht aus der vom Klägervertreter zitierten BT-Drucks. 15/5091, S. 33 f. Dort wird der ausschließliche Gerichtsstand nach Satz 1 Nr. 1 zwar auf außervertragliche Schadensersatzansprüche bezogen, aber eben nicht nur auf solche. Denn der Fall, dass daneben auch vorvertragliche bzw vertragliche Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden, wird hierdurch nicht betroffen. Es entspräche auch nicht dem Sinn des § 32b ZPO, dass der ausschließliche Gerichtsstand immer dann entfiele, wenn die Übergabe einer zu beanstandenden öffentlichen Kapitalmarktinformation im Rahmen eines persönlichen, fehlerhaften Beratungsgespräches erfolgte.

Dem entspricht auch, dass es für die Anwendung des § 1 KapMuG keine persönlichen Beschränkungen gibt. So kann Beklagter jeder Pflichtiger (z.B. Emittent, Anbieter sonstiger Vermögensanlagen, Prospektverantwortlicher, Anlageberater) sein (vgl. Keller/Kolling, BKR 2005, 399 ff.).

Da somit wegen des gemeinsamen ausschließlichen Gerichtsstandes die Voraussetzungen des § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO nicht vorliegen, war das Gesuch des Klägers auf Bestimmung des zuständigen Gerichts zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf analoger Anwendung des § 91 ZPO (BayObLG, NJW-RR 2000, 141; BGH NJW-RR 1987, 757).

Der Wert des Bestimmungsverfahrens war gem. § 3 ZPO auf einen Bruchteil des Werts der Hauptsache festzusetzen, der dem Senat im Hinblick auf die Höhe der geltend gemachten Forderung vorliegend etwa mit 1/10, d.h. 10.000 EUR angemessen erscheint.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1718684

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge