Leitsatz (amtlich)
1. § 174 BGB war jedenfalls unter der bis zum 2. Dezember 2020 geltenden Rechtslage auf die wettbewerbsrechtliche Abmahnung nicht anwendbar.
2. § 13 Abs. 4 UWG begründet keine Einwendung gegenüber Ansprüchen auf Erstattung von Abmahnkosten, die bereits vor Inkrafttreten der Bestimmung zum 2. Dezember 2020 entstanden sind.
3. Im Anwendungsbereich des § 13 a Abs. 4 UWG n.F. kann der abgemahnte Verletzer die Wiederholungsgefahr nicht mehr durch eine Unterwerfungserklärung gegenüber dem abmahnenden Mitbewerber ausräumen. Insbesondere genügt hierzu nicht eine "einfache", d.h. nicht strafbewehrte Unterlassungserklärung gegenüber dem Mitbewerber; er muss eine strafbewehrte Unterlassungserklärung gegenüber einem Anspruchsberechtigten nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 oder 3 UWG abgeben oder kann alternativ bei Klageerhebung ohne vorangegangene Abmahnung sofort anerkennen.
Normenkette
BGB § 174; UWG § 13 Abs. 3-4; ZPO §§ 307, 520 Abs. 3
Verfahrensgang
LG Weiden i.d.OPf. (Urteil vom 30.11.2022; Aktenzeichen 13 O 373/21) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Klägerin und (soweit Ziffer. 1. des Versäumnisurteils betroffen ist) das Anerkenntnis der Beklagten wird das Endurteil des Landgerichts Weiden i.d.OPf. vom 30. November 2022, Az. 13 O 373/21, abgeändert und das Versäumnisurteil des Landgerichts Weiden i.d.OPf. vom 22. März 2022 aufrechterhalten.
II. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits auch insoweit zu tragen, als darüber noch nicht im Versäumnisurteil des Landgerichts Weiden i.d.OPf. vom 22. März 2022 entschieden ist. Ausgenommen hiervon sind Kosten, die durch die Anrufung des Landgerichts Dresden entstanden sind; diese trägt die Klägerin.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 6.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Parteien streiten noch darum, ob der Klägerin wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche trotz einer von der Beklagten abgegebenen strafbewehrten Unterlassungserklärung zustanden und wer die Abmahn- und die Prozesskosten zu tragen hat.
Die klagende Gesellschaft mit beschränkter Haftung ließ die beklagte Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die wie sie mit Elektrozubehör handelt, unter dem 17. November 2020 durch ihren nunmehrigen Prozessbevollmächtigten abmahnen und zur Abgabe einer (nicht ausformulierten) strafbewehrten Unterlassungserklärung auffordern, weil am Vortag im Online-Shop "s." der Beklagten auf ebay in drei Fällen Elektrokabel für den Erwerb durch Endverbraucher angeboten wurden, ohne dass dabei der Meterpreis als Grundpreis angegeben war. Mit gesondertem Schreiben vom 24. November 2020 wies die Beklagte gegenüber dem nunmehrigen Prozessbevollmächtigten der Klägerin die Abmahnung mangels Vorlage einer Vollmacht gem. § 174 BGB zurück (Anlage K 4) und versprach der Klägerin, entsprechende Bewerbungen zu unterlassen und im Fall einer Zuwiderhandlung eine Vertragsstrafe von bis zu 1.500,00 EUR je Fall an die Beklagte zu zahlen (Anlage K 5). Die Klägerin ließ diese Unterwerfung mit Schreiben ihres nunmehrigen Prozessbevollmächtigten vom 7. Dezember 2020 zurückweisen, da der versprochene Betrag zu gering sei, und legte eine Vollmachtsurkunde vor. Im Laufe des nachfolgenden Rechtsstreits hat die Beklagte erneut eine Unterlassungserklärung mit einem Vertragsstrafenversprechen von bis zu 1.500,00 EUR abgegeben, welche die Klägerin wiederum zurückwies.
Das Landgericht hat die Beklagte zunächst mit Versäumnisurteil vom 22. März 2022 zur Unterlassung und zur Erstattung von Abmahnkosten i.H.v. 480,20 EUR nebst Zinsen verurteilt. Im angegriffenen Endurteil vom 30. November 2022 hat es das Versäumnisurteil aufgehoben und die Klage abgewiesen, da die zugesagte Vertragsstrafe ausreichend sei.
Hiergegen wendet sich die Berufung der Klägerin, die die zugesagte Vertragsstrafe wegen der Obergrenze von 1.500,00 EUR für untauglich hält, und beantragt,
das Endurteil des Landgerichts Weiden vom 30.11.2022, Az. 13 O 373/21, abzuändern und das Versäumnisurteil des Landgerichts Weiden vom 22.03.2022 unter Verwerfung des Einspruchs der Beklagten aufrechtzuerhalten.
Die Beklagte hat im Schriftsatz vom 24. März 2023 den Unterlassungsanspruch anerkannt und beantragt im Übrigen,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte vertritt weiter den Standpunkt, die zugesagte Vertragsstrafe von bis zu 1.500,00 EUR sei angesichts der Größe ihres Unternehmens und des Charakters des Verstoßes als "Ausrutscher" ausreichend. Ihr Anerkenntnis sei ein sofortiges i.S.v. § 93 ZPO, da sie bis zum Bekanntwerden der BGH-Entscheidung "Wegfall der Wiederholungsgefahr III" davon ausgehen habe können, dass die von ihr abgegebene Unterwerfungserklärung die Wiederholungsgefahr entfallen habe lassen. Sie ruft ferner in Erinnerung, dass zum 2. Dezember 2020, also noch vor dem Schreiben der Klägerseite vom 7. Dezember 2020, die Neuregelung der § 13 und § 13 a UWG in Kraft getreten ist und danach bei Verstößen der hier vorliegenden Art ein Mitbewerber weder Ersatz von Abmahnkosten noch eine Ver...