Leitsatz (amtlich)

1. Verwendet eine Bank gegenüber einem Drittsicherungsgeber eine Widerrufsbelehrung, obwohl ein gesetzliches Widerrufsrecht nicht besteht, liegt darin die Einräumung eines vertraglichen Widerrufsrechts.

2. Auch die Vereinbarung eines Widerrufsrechts nach den für das gesetzliche Widerrufsrecht geltenden Vorschriften ist möglich, aber nicht generell anzunehmen.

3. Für zusammengehörige, wenn auch in getrennten Formularen niedergelegte Erklärungen eines Drittsicherungsgebers kann eine einheitliche Widerrufsbelehrung erteilt werden.

4. Eine allgemein gehaltene Widerrufsbelehrung, die als Widerrufsfolgen die Verpflichtung zur Rückgewähr beiderseits empfangener Leistungen und zur Herausgabe ggf. gezogener Nutzungen nennt, kann von einem verständigen Drittsicherungsgeber nicht so verstanden werden, dass er im Widerrufsfall das - nicht ihm gewährte - Darlehen zurückzuzahlen habe.

 

Normenkette

BGB §§ 312, 355, 357, 360

 

Verfahrensgang

LG Nürnberg-Fürth (Urteil vom 18.05.2011; Aktenzeichen 2 O 8329/10)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das

Endurteil des LG Nürnberg-Fürth vom 18.5.2011 abgeändert.

II. Die Beklagte wird verurteilt, die Eintragung einer sofort fälligen und vollstreckbaren Buchgrundschuld i.H.v. 75.000 EUR nebst Zinsen i.H.v. 18 % p. a. ab dem 10.1.2012 auf dem Grundstück H. S. Nr ... in R., eingetragen im Grundbuch von B., AG Fürth, Blatt ..., Flurnr ... an nächstoffener Rangstelle in Abteilung III des Grundbuchs zu bewilligen.

III. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn die Klägerin nicht vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

Beschluss:

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 75.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die klagende Sparkasse macht Ansprüche aus einer von der Beklagten unterzeichneten Verpflichtungserklärung geltend.

Die Beklagte unterzeichnete als Alleineigentümerin des Grundstücks H. S. Nr ... in R. zur Sicherung von Darlehen, die die Klägerin ihrem Ehemann gewährte, folgende Schriftstücke, wobei Formulare der Klägerin verwendet wurden:

  • Unter dem 30.5.2007 eine Abtretung des Rückgewähranspruchs hinsichtlich einer Grundschuld, die auf dem Grundstück zugunsten einer anderen Bank bestellt worden war (Anlage K 5),
  • unter dem 13.6.2007 eine Erklärung, wonach sie sich u.a. verpflichtete, auf Verlangen der Klägerin eine sofort fällige und vollstreckbare Grundschuld über 75.000 EUR mit 18 v.H. p.a. Zinsen auf dem Grundstück an nächstoffener Rangstelle eintragen zu lassen (Anlage K 1) sowie
  • unter dem 13.6.2007 eine "Widerrufsbelehrung für Haustürgeschäfte" "zu Verpflichtungserklärung und Abtretung Rückgewährsansprüche vom 30.5.2007" (Anlage K 4).

Die genannte Abtretung des Rückgewähranspruchs enthält auch folgende Formulierung:

"Der Sicherungsgeber verpflichtet sich, Sie unverzüglich zu unterrichten, wenn ihm ein Wechsel des Grundschuldgläubigers, insbesondere infolge Abtretung der Grundschuld(en), bekannt wird."

Die genannte Widerrufsbelehrung besteht u.a. aus folgenden Regelungen:

"Widerrufsrecht

Sie können ihre Vertragserklärung innerhalb von zwei Wochen ohne Angabe von Gründen in Textform (z.B. Brief, Fax, E-Mail) widerrufen. Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung ...

Widerrufsfolgen

Im Falle eines wirksamen Widerrufs sind die beiderseits empfangenen Leistungen zurückzugewähren und ggf. gezogene Nutzungen (z.B. Zinsen) herauszugeben. Können Sie uns die empfangene Leistung ganz oder teilweise nicht oder nur in verschlechtertem Zustand zurückgewähren, müssen Sie uns insoweit ggf. Wertersatz leisten. Das kann dazu führen, dass sie die vertraglichen Zahlungsverpflichtungen für den Zeitraum bis zum Widerruf gleichwohl erfüllen müssen ..."

Mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 8.2.2010 widerrief die Beklagte ihre in der unter dem 13.6.2007 unterzeichneten Verpflichtungserklärung abgegebenen Willenserklärungen. Der wiederholten Aufforderung durch die Klägerin, ihr die entsprechende Grundschuld zu bestellen, kam die Beklagte nicht nach.

Wegen des erstinstanzlichen Parteivorbringens sowie der dortigen Anträge wird auf den Tatbestand des Endurteils des LG Nürnberg - Fürth vom 18.5.2011 Bezug genommen.

Das LG hat die Klage auf Bewilligung der Grundschuldeintragung abgewiesen, da der Beklagten ein vertragliches Widerrufsrecht eingeräumt worden sei, über das sie nicht ordnungsgemäß belehrt worden sei. Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihr erstinstanzliches Ziel weiter.

Die Klägerin meint, dass es einen logischen Widerspruch darstelle, wenn man von einem vertraglichen Widerrufsrecht hinsichtlich der Verpflichtungserklärung ausgehe, wenn unklar sei, ob sich die Widerrufsbelehrung darauf beziehe. Da Verpflichtungs- und Abtretungserklärung sowie die Widerrufsbelehrung von der Beklagten un...

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