Entscheidungsstichwort (Thema)
Unwirksamkeit von Teilklauseln in Allgemeinen Versicherungsbedingungen zu so genannten Riester-Rentenversicherungsverträgen
Leitsatz (amtlich)
1. Zur Frage der Unwirksamkeit von insgesamt 14 Teilklauseln in Allgemeinen Versicherungsbedingungen zu so genannten Riester-Rentenversicherungsverträgen (hier insbesondere betreffend den Rückkaufswert und Stornoabzug, die Beitragsverwendung, Warnhinweise zu Nachteilen, die Beitragsfreistellung, die Verteilung der Abschluss- und Vertriebskosten).
2. Der Streitwert in Verfahren nach dem UKlaG richtet sich allein nach dem Interesse der Allgemeinheit an der Beseitigung der gesetzwidrigen AGB-Bestimmung, nicht hingegen nach der wirtschaftlichen Bedeutung eines Klauselverbots. Für jede angegriffene Teilklausel ist ein Wert von 2.500 Euro anzusetzen (Anschluss an BGH BeckRS 2015, 14782 Rn. 3 mwN). Die am 9.10.2013 in Kraft getretene Regelung des § 12 Abs. 4 UWG ändert daran nichts.
Normenkette
AltzertG § 1 Abs. 1 Nr. 8; BGB §§ 305, 305c, 307 Abs. 1-2, § 309 Nrn. 5, 12 lit. a; GKG § 51 Abs. 2, 5; UKlaG §§ 1, 4-7, 8 Abs. 2 Nr. 1; UWG § 12 Abs. 1 S. 2, Abs. 4-5; VVG § 169 Abs. 3 S. 1, § 176
Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth (Urteil vom 22.12.2016; Aktenzeichen 7 O 9287/15) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Kläger wird das Endurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 22.12.2016, Az: 7 O 9287/15 teilweise abgeändert und die Beklagte über die im angefochtenen Urteil hinaus ausgesprochene Verurteilung verurteilt,
es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes - und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens 250.000,00 EUR; Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre, zu vollziehen an. den Vorstandsmitgliedern der Beklagten) zu unterlassen,
beim Abschluss von Verträgen mit Verbrauchern über fondsgebundene Rentenversicherungen als Altersvorsorgeverträge Im Sinne des Altersvorsorge-Zertifizierungsgesetzes (sog. "Riester"-Verträge) folgende (oder inhaltsgleiche) Klauseln in neue Versicherungsverträge einzubeziehen oder sich bei der Abwicklung bestehender Verträge der genannten Art auf eine solche Klausel zu berufen (unzulässige Bestimmungen im Fettdruck):
"Allgemeine ... Bedingungen für die fondsgebundene Rentenversicherung als Altersvorsorgevertrag im Sinne des Altersvorsorge-Zertifizierungsgesetzes (AltZertG)
§ 10 Wie verteilen wir die bei der Beitragskalkulation in Ansatz gebrachten Abschluss- und Vertriebskosten?
Die bei der Beitragskalkulation in Ansatz gebrachten Abschluss- und Vertriebskosten verteilen wir bei laufenden Beiträgen in gleichmäßigen Jahresbeträgen über den Zeitraum von fünf Jahren, aber nicht länger als bis zum Beginn der Auszahlungsphase, Bei Sonderzahlungen nach § 5 Abs. 3 verrechnen wir die Abschluss und Vertriebskosten unmittelbar mit dem Einmalbetrag."
II. Die weitergehende Berufung der Kläger und die Berufung der Beklagten werden zurückgewiesen.
III. Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen trägt die Beklagte.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages abwenden, sofern nicht die Kläger zuvor Sicherheit in Höhe des vollstreckbaren Betrages leisten. Das Urteil des II. Landgerichts äst ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar, soweit die Berufung der Beklagten zurückgewiesen worden ist.
V. Die Revision wird zugelassen, soweit die Berufung der Kläger Erfolg hatte.
Beschluss
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 35.0Q0r00 EUR festgesetzt. Davon 'entfallen auf die Berufung der Beklagten 32.500,00 EUR und auf die Berufung der Kläger 2.500,00 EUR.
Gründe
A. Die Kläger, die als Verbraucherschutzorganisation bzw. -Verein zu den qualifizierten Einrichtungen gemäß § 4 UKIaG gehören, machen gegen die Beklagte, eine Versicherungsgesellschaft, Unterlassungsansprüche nach § 1 UKIaG geltend. Sie sind der Auffassung, diese verwende unwirksame Klauseln in ihren Vertragsbedingungen mit Verbrauchern über fondsgebundene Rentenversicherungen als Altersvorsorge im Sinne des Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetzes (Alt-ZertG). Angegriffen werden insgesamt 14 Klauseln.
Hinsichtlich der weiteren Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand im angefochtenen Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 22.12,2016 Bezug genommen.
Das Landgericht hat der Klage überwiegend stattgegeben und die Beklagte verurteilt zu unterlassen, beim Abschluss von Verträgen mit Verbrauchern über fondsgebundene Rentenversicherungen als Altersvorsorgeverträge im Sinne des Altersvorsorge-Zertifizierungsgesetzes (sog. "Riester-Verträge") folgende (oder inhaltsgleiche) Klauseln in neue Versicherungsverträge einzubeziehen oder sich bei der Abwicklung bestehender Verträge der genannten Art auf eine solche Klausel zu berufen (unzulässige Bestimmungen im Fettdruck):
"Allge...