Entscheidungsstichwort (Thema)
Barunterhaltspflicht eines die Kinder betreuenden Ehegatten
Leitsatz (amtlich)
Zur Barunterhaltspflicht eines die Kinder betreuenden Ehegatten bei unterschiedlichem Einkommen der Eltern und beiderseits vorhandenem Vermögen; keine Verpflichtung zum Vermögenseinsatz bei Leistungsfähigkeit des betreuenden Elternteils aus laufendem Einkommen.
Normenkette
BGB §§ 1603, 1606 Abs. 3
Verfahrensgang
AG Regensburg (Urteil vom 01.03.0207; Aktenzeichen 206 F 858/06) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Endurteil des AG - FamG - Regensburg vom 1.3.2007 wie folgt abgeändert:
1. Die Beklagte hat ab 1 9.2007 für die Kinder ..., geboren am 11.9.1992 und ..., geboren am 3.11.1994, einen monatlichen, monatlich vorauszahlbaren Unterhalt i.H.v. je 37,50 EUR zu Händen des Klägers zu bezahlen.
2. Für die Zeit von April 2006 bis August 2007 hat die Beklagte an den Kläger für das Kind ... 658,50 EUR und für das Kind ... 616,50 EUR, für beide Kinder also 1.275 EUR zu bezahlen.
II. Im Übrigen werden die Klage abgewiesen und die Rechtsmittel beider Parteien zurückgewiesen.
III. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger 86/100, die Beklagte 14/100.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
Beschluss:
Der Streitwert des Berufungsverfahrens beträgt 7.840 EUR (Berufung Kläger: 2.800 EUR, Berufung Beklagte: 5.040 EUR).
Gründe
I. Die Parteien sind die Eltern dreier Kinder, die nach der Trennung im September 2005 beim Vater in dem früheren ehelichen Anwesen leben und von diesem betreut werden. Zwei der Kinder sind minderjährig, nämlich ..., geboren am 11.9.1992 und ..., geboren am 3.11.1994. Für diese Kinder macht der Vater Kindesunterhalt gegen die Mutter geltend. Diese war in der Ehe Hausfrau und hat sich aus der Ehe gelöst; sie lebt mit einem anderen Mann zusammen, der als Zollbeamter vollschichtig berufstätig ist. Die Beklagte leidet nach dem Sachverständigengutachten des vom AG beauftragten LG-Arztes ... an einer mittelgradigen Depression mit einer hierfür typischen Minussymptomatik. Hieraus ergebe sich eine Einschränkung des Leistungsvermögens auf eine tägliche Arbeitsleistung von ca. fünf Stunden. Sie ist, da sie in ihrem erlernten Beruf einer Industriekauffrau kaum vermittelbar ist, als Teilzeitkraft mit ca. 20 Wochenstunden bei der Firma Müller-Markt beschäftigt.
Der Kläger ist Soldat der Besoldungsgruppe A 8 und hat nach Wegfall des Kindergelds und des Familienzuschlags für das älteste Kind ... ein monatliches Einkommen von mindestens 2.200 EUR (aus einer Abrechnung für Juni 2006 ergibt sich ein Einkommen von ca. 2.400 EUR). Der Kläger nutzt das im gemeinschaftlichen Eigentum stehende Haus, trägt die hierfür anfallenden Zins- und Tilgungslasten sowie die laufenden Unkosten. Eine Nutzungsentschädigung an die Beklagte bezahlt er nicht. Diese ist bislang nicht gefordert.
Mit seiner Klage vom 17.5.2006 begehrt der Vater 100 % des Regelbetrags für die beiden minderjährigen Kinder ab April 2006. Die Beklagte beantragt Klageabweisung im Hinblick auf fehlende Leistungsfähigkeit. Sie verweist auf ihre gesundheitlichen Einschränkungen.
Das AG hat den Kindern im Ergebnis einen monatlichen, monatlich vorauszahlbaren Kindesunterhalt von 64,31 % des Regelbetrags zugesprochen und ist dabei von einem erzielbaren Einkommen von 8 EUR brutto wie netto bei 22 Arbeitstagen à 5 Stunden ausgegangen. Bei Ansatz eines wegen Zusammenlebens und Haushaltsführung herabgesetzten Selbstbehalts von 490 EUR gelangte das AG zu einem einsetzbaren verbleibenden Betrag von 346 EUR.
Hiergegen richten sich die Berufungen beider Parteien. Der Ehemann beantragt weiterhin einen monatlichen, monatlich vorauszahlbaren Kindesunterhalt von 100 % des Regelbetrags abzüglich des anzurechnenden staatlichen Kindergelds.
Die Ehefrau beantragt weiterhin die Klageabweisung.
Der Senat hat mit den Parteien mündlich verhandelt. Eine gütliche Lösung unter Einbeziehung der weiteren Nutzung des ehelichen Anwesens durch Ehemann und Kinder konnte nicht erzielt werden.
II. Die Unterhaltsklage und die Berufung des Klägers gegen das Ersturteil sind weitgehend nicht begründet, da die Beklagte bedingt durch gesundheitliche Einschränkungen nur eingeschränkt arbeitsfähig und damit nur eingeschränkt leistungsfähig ist. Ihr stehen auch nach Zurechnung weiterer zumutbarer Arbeitseinkünfte und einer Haushaltsführung unter Berücksichtigung eines angemessenen Selbstbehalts nur 75 EUR für den Kindesunterhalt zur Verfügung. Im Übrigen ist ihre Leistungsfähigkeit eingeschränkt, § 1603 Abs. 1, Abs. 2 BGB, bei Haftung des Ehemanns gemäß § 1606 Abs. 3 BGB für den offenen Unterhaltsbedarf der Kinder.
Zwar ist die Beklagte dem Grunde nach den minderjährigen Kindern gemäß § 1603 Abs. 2 BGB "erweitert" unterhaltspflichtig; der betreuende Ehemann erfüllt seine Unterhaltspflicht grundsätzlich gemäß § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB durch die Betreuung der Kinder.
Die erweiterte Unterhaltspflicht der Beklagten gemäß § 1603 Abs. 2 BGB findet aber Grenzen in ...