Entscheidungsstichwort (Thema)

Räumung

 

Verfahrensgang

AG Ansbach (Urteil vom 02.08.1989; Aktenzeichen XI 3/89)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts –Landwirtschaftsgericht– Ansbach vom 02. August 1989 abgeändert.

II. Der Beklagte wird verurteilt, im Amwesen 8805 F., M. 16, Flur Nr. 81, zu räumen und an den Kläger herauszugeben:

  1. Anteil Scheune,
  2. Doppelgarage,
  3. Hofraum und
  4. Wiese.

III. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

V. Der wert der Beschwer beträgt 760,– DM.

Beschluß:

Der für das Rechtsmittel maßgebende Streitwert (§ 8 ZPO) wird auf 760,– DM festgesetzt; der Gebührenstreitwert (§ 16 Abs. 1 GKG) beträgt 130,– DM.

 

Tatbestand

Der Kläger verlangt Räumung und Herausgabe der dem Beklagten gemäß schriftlichem Pachtvertrag überlassenen Grundstücke und Gebäudeteile. Der Kläger hat den Vertrag nach Abmahnung wegen vertragswidrigen Gebrauchs, den er in der Unterbringung fremder Pferde sieht, fristlos gekündigt.

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen.

Der Kläger verfolgt seinen Anspruch weiter.

Von der weiteren Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 ZPO abgesehen.

 

Entscheidungsgründe

I.

1. Das erkennende Gericht ist als Berufungsgericht schon deshalb zuständig, weil das Amtsgericht als Landwirtschaftsgericht nach Verweisung (§ 281 ZPO), als die die Abgabe durch das Prozeßgericht zu beurteilen ist (Barnstedt/Steffen LwVG 4. Aufl. § 48 Rz 7, 89, § 12 Rz 4, 8), entschieden hat.

2. Im übrigen ist ein Streit über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Landpacht Verhältnisses vor den insoweit ausschließlich zuständigen Landwirtschaftsgerichten auszutragen (Barnstedt/Steffen § 1 LwVG Rz 68; Faßbender/Hötzel/Lukanow Landpachtrecht, LPachtNeuOG Art. 3 Rn 9, 38).

II.

Die Klage ist begründet. Das Vertragsverhältnis ist durch wirksame fristlose Kündigung aufgelöst.

1. Formal entspricht der schriftliche „Pachtvertrag” einem Landpachtvertrag, die tatsächlich ausgeübte Nutzung des Pachtobjekts –Tierhaltung ohne überwiegend landwirtschaftliche Bodennutzung– läßt jedoch lediglich die Merkmale eines Pachtvertrags erkennen.

Im Streitfall kann jedoch nach wie vor unentschieden bleiben, ob Pacht (§ 581 BGB) oder Landpacht (§ 585 BGB) vorliegt, weil der Beklagte den Pachtgegenstand unter jeder Voraussetzung wegen vertragswidrigen Gebrauchs zu räumen und herauszugeben hat; denn die Vertragswidrigkeit ist in jedem Fall nach den Grundsätzen des § 553 BGB zu beurteilen (§§ 581, 550, 553 oder §§ 585, 590 a, 594 e, 553 BGB).

2. a) Im (schriftlichen) Vertrag ist die Tierhaltung durch den Beklagten nicht ausdrücklich geregelt; die zusätzliche Vereinbarung (§ 14: „… Eigene Tierhaltung ist dem Verpächter nach Absprache mit dem Pächter erlaubt”) bezieht sich unstreitig auf eine Tierhaltung durch den Kläger. Die Beschreibung des Pachtgegenstandes (§ 1: „… Anteil Scheune als Stall … Koppel … Wiese als Weide”) und die Festlegung des Pachtzinses (§ 6: „… 50 kg Pferdemist”) machen aber deutlich, daß die Vertragspartner die Tierhaltung (nämlich die Haltung von Pferden) durch den Beklagten in Betracht gezogen haben.

b) Die dem Beklagten angelastete Vertragswidrigkeit ist demgemäß nach Vertragsinhalt und -zweck zu bestimmen.

Nach dem Sachvortrag der Parteien wurde die dem Beklagten nach Sachlage eingeräumte Tierhaltung zahlenmäßig nicht konkretisiert. Dabei kann aber davon ausgegangen werden, daß der Beklagte die Pferdehaltung nicht, wie der Kläger „aus seiner Sicht” meint, auf ein Tier beschränken mußte (und auch von Anfang an nicht beschränkte).

Es kann zwar dahinstehen, ob und inwieweit nach Vertragsinhalt und -zweck eine zahlenmäßige Obergrenze auch für die Haltung eigener Tiere anzunehmen ist; Größe und Zuschnitt des Pachtgegenstandes sprechen jedenfalls dafür.

Mangels einer vom Beklagten zu beweisenden Verabredung mußte und muß aber der Kläger die Unterbringung fremder Pferde nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) nicht hinnehmen; denn diese Nutzungsart hat den Charakter unbefugter Gebrauchsüberlassung an einen Dritten (§§ 581, 549 oder § 589 BGB), die die Rechte des Verpächters in erheblichem Maße verletzt (§ 553 BGB); dem Kläger ist es nicht zumutbar, eine nicht vereinbarte Nutzung der Pachtsache zu dulden.

Da im Streitfall die Vertragswidrigkeit aufgrund Vertragsauslegung festzustellen ist, ist es ohne Bedeutung, daß im Grundsatz der Verpächter die Beweislast für alle Voraussetzungen unzulässiger Nutzung trägt (Staudinger-Emmerich 12. Aufl. § 550 BGB Rz 21).

Die notwendige Abmahnung und die Fortsetzung des beanstandeten Verhaltens trotz Abmahnung sind unstreitig.

c) Klarzustellen ist, daß durch diese Entscheidung etwaige Ansprüche der Vertragspartner wegen Verwendungen auf die Pachtsache nicht berührt werden.

III.

1. Als Unterlegener trägt der Beklagte die Kosten des Rechtsstreits (§ 91 ZPO).

Da durch die „Verweisung” an das Landwirtschaftsgericht keine Mehrkosten entstanden sind (§ 9 GKG; § 14 S. 1 BRAGebO), erübrigt es sich, dem Kläger Mehrkosten (§ 281 Abs. 5 S. 2 ZPO) aufz...

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