Leitsatz (amtlich)

1. Der beschreibende Charakter einer Marke ergibt sich in erster Linie aus dem Sinngehalt der betreffenden Bezeichnung. Maßgeblich für die Frage, ob der Verkehr das Zeichen nur beschreibend versteht, ist jedoch auch der Kontext, in der die gerügte Benutzungshandlung erfolgte, insbesondere die Einbettung des Zeichens in sein Umfeld.

2. Bei einer Rücknahme der vom Erstgericht nur hinsichtlich der Auskunft entschiedenen Stufenklage in der Berufungsinstanz richtet sich die Kostenentscheidung, auch wenn die Beklagtenpartei der Klagerücknahme nicht zustimmt, in Bezug auf den dennoch wirksam zurückgenommenen Leistungsantrag nach § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO. Darüber kann das Berufungsgericht im Urteil entscheiden, obwohl die Betragsstufe - weil lediglich das zusprechende Teilurteil über die erste Stufe vom Beklagten angefochten wurde - in erster Instanz anhängig geblieben ist. Eine Rückgabe der Sache an das Landgericht zur Entscheidung über die Kosten der unerledigten Leistungsstufe wäre eine bloße Förmelei.

3. Im Rahmen des für den Streitwert einer Stufenklage zu schätzenden Leistungsbegehrens der Betragsstufe ist zu berücksichtigen, dass Ansprüche auf Schadensersatz über die konkrete Verletzungshandlung hinaus lediglich im Umfang solcher Handlungen gegeben sein können, in denen das Charakteristische der Verletzungshandlung zum Ausdruck kommt.

 

Normenkette

BGB § 242; GKG § 44; MarkenG § 14 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 6; ZPO §§ 3, 269 Abs. 3 S. 2

 

Verfahrensgang

LG Nürnberg-Fürth (Aktenzeichen 19 O 172/21)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Beklagten werden das Teilurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 01.07.2021, Az. 19 O 172/21, abgeändert und die vom Landgericht verbeschiedenen Klageanträge abgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert für das Verfahren in erster Instanz wird auf 12.500,00 EUR und für das Berufungsverfahren auf 1.000,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

A. Der Kläger zu 2) ist als niedergelassener Arzt Inhaber zweier Praxen. Die Kläger sind u.a. Inhaber der für mehrere Waren- und Dienstleistungsklassen - darunter die Klasse 41 (Erziehung; Unterhaltung; Ausbildung, insbesondere Fort- und Weiterbildung im medizinischen Bereich aller Art für Ärzte, medizinisches Hilfspersonal und/oder Patienten [...]) - eingetragenen nationalen Wortmarke "Bewegte Medizin", Urkundennummer [...], (nachfolgend Klagemarke) und Unionswortmarke "Bewegte Medizin", Urkundennummer [...].

Der Beklagte ist als Facharzt für Kardiologie sowie Innere Medizin tätig und Betreiber der Webseite www.kardiologie-mit-herz.de. Er hielt am 18.07.2019 einen Vortrag in Regensburg. Eine Zusammenfassung dieses Vortrags stellte er mit folgendem Text auf die unter der URL www.kardiologie-mit-herz.de/aktuelles/bewegte-medizin abrufbare Unterseite seiner Homepage:

Die Bedeutung von Bewegung und Gesundheitsvorsorge

Bewegte Medizin

Medizinischer Vortrag in Regensburg

Im Rahmen eines Informationsforums zur privaten Krankenversicherung der T. AG in Regensburg sorgten PD Dr. P. und [...] für den aktiven Part; nach einem medizinischen Vortrag von Dr. P. zur großen Bedeutung von Bewegung und Gesundheitsvorsorge in der Arztpraxis leitete [...] die Zuhörer an, wie man mit Hilfe eines einfachen Expanders effektiv den Büroalltag durch effektive Pausen bereichern kann.

Die Kläger mahnten den Beklagten mit anwaltlichem Schreiben vom 24.07.2020 ab. Der Beklagte gab mit anwaltlichem Schreiben vom 06.08.2020 eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab.

Das Landgericht Nürnberg-Fürth erließ am 01.07.2021 das nachfolgende Teilurteil:

1. Der Beklagte wird verurteilt, den Klägern Auskunft darüber zu erteilen, in welchem Umfang der Beklagte die Wortmarke "Bewegte Medizin" benutzt und verwendet hat, und zwar unter Angabe von Ort, Zeit und Umfang einer jeden einzelnen Nutzungs- und Verwertungshandlung.

2. Der Beklagte wird verurteilt, an die Kläger vorgerichtliche Kosten der Rechtsverfolgung in Höhe von 2.238.15 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.10.2020 zu zahlen.

Zur Begründung führte das Landgericht u.a. aus, dass die Kläger gemäß § 242 BGB i.V.m. § 14 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 6 MarkenG Auskunft über den Umfang der Verletzungshandlung zur Vorbereitung der Berechnung ihres Schadensersatzanspruchs wegen Verletzung der klägerischen Rechte an der deutschen Wortmarke verlangen könnten. Insbesondere liege eine markenmäßige Benutzung durch die Verwendung im Rahmen der URL verbunden mit der Bewerbung des Vortrags als "Bewegte Medizin" auf der Internetseite vor.

Gegen dieses Urteil wendet sich der Beklagte in seiner Berufung. Er beantragt, unter Abänderung des Teilurteils des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 01.07.2021 die Klage in vollem Umfang abzuweisen. Zur Begründung führt er u.a. aus, dass das Landgericht rechtsfehlerhaft die Tatbestandsvoraussetzungen der markenmäßigen Benutzung bejaht habe. Außerdem sei der Auskunftsanspruch zu weit gefasst, da e...

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