Leitsatz (amtlich)
1. Ein Freihaltebedürfnis gem. § 23 Nr. 2 MarkenG besteht jedenfalls nicht, wenn das Zeichen die drucktechnische Aufmachung der Verpackung eines Artikels wiedergibt.
2. § 140 Abs. 3 MarkenG ist für die Notwendigkeit der Abmahnkosten des Patentanwalts analog anwendbar.
Normenkette
MarkenG § 23 Nr. 2, § 140 Abs. 3
Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth (Urteil vom 16.07.2010; Aktenzeichen 4 HK O 7053/09) |
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des LG Nürnberg-Fürth vom 16.7.2010 wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung aus Ziffer V. des Endurteils des LG Nürnberg-Fürth durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Für die Beklagte wird hinsichtlich der in Ziffer V. des Endurteils des LG Nürnberg-Fürth ausgeurteilten Freistellung von der Forderung des Patentanwalts B. über 1.359,80 EUR die Revision zum BGH zugelassen. Im Übrigen wird die Revision nicht zugelassen.
Beschluss
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 50.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Parteien streiten um markenrechtliche Ansprüche.
Die Klägerin ist Inhaberin der beim Deutschen Patent- und Markenamt eingetragenen Wortmarke 1 ... "Schneeflöckchen", eingetragen für ein "alkoholfreies Kinderheißgetränk auf Fruchtbasis;...".
Sie ist weiterhin Inhaberin der beim Deutschen Patent- und Markenamt eingetragenen gleichlautenden Wortmarke 2 ..., eingetragen für Glühwein und alkoholfreien Glühwein.
Die Firma G. GmbH vertreibt ein alkoholfreies Fruchtsaftgetränk mit Glühwein-Gewürzen unter der Bezeichnung "Schnee Flöckchen".
Mit Lizenzvertrag vom 15.12.1999 gestattete die Klägerin der Firma G. GmbH die Nutzung der Wortmarke Schneeflöckchen (1 ...) zur Kennzeichnung des von der G. vertriebenen "Schnee Flöckchen".
Die Beklagte vertreibt Geschenkartikel. Eine der Produktserien trägt die Bezeichnung "Schneeflocken sind kleine Geschenke des Himmels ...". Teil dieser Produktserie, die u.a. Bleistifte, Tintenroller, Bilderrahmen, Geldbeutel, Schlüsselanhänger, Tassen und anderes beinhaltet, ist auch ein Tee, der als "Schneeflöckchen-Tee" bezeichnet ist. Die Beklagte bewirbt den "Schneeflocke Schneeflöckchen-Tee" in einer Verpackung, auf der sich unterhalb des "s."-Zeichens die Bezeichnung "Schneeflöckchen-Tee" und darunter die Worte "Schneeflocken sind kleine Geschenke des Himmels ..." sowie weitere Gestaltungselemente befinden.
Die streitgegenständliche Verpackung gestaltet sich wie folgt.
Bild nicht wiedergegeben
Die Klägerin hat in erster Instanz die Ansicht vertreten, dass ihr Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft und Schadensersatz zustünden, weil die Beklagte die Bezeichnung "Schneeflöckchen-Tee" markenmäßig verwende und Verwechslungsgefahr bestünde. Es handle sich nicht um eine Beschaffenheitsangabe. Die Beklagte verwende die Bezeichnung "Schneeflöckchen-Tee" jedenfalls als Zweitmarke. Darüber hinaus stünden ihr Ansprüche auf Freistellung von den Rechtsanwalts- und Patentanwaltskosten für die Abmahnung zu.
Die Klägerin hat daher in erster Instanz beantragt:
I. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr die Bezeichnung "Schneeflöckchen" und/oder "Schneeflöckchen-Tee", insbesondere in der folgenden Form
Bild nicht wiedergegeben
und/oder "Schneeflocke Schneeflöckchen-Tee" für Früchtetee zu benutzen, insbesondere anzubieten, herzustellen, zu vertreiben oder sonst in den Verkehr zu bringen, hierfür zu werben oder diese zu vorgenannten Zwecken zu besitzen.
II. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin schriftlich Auskunft über den Umfang der Handlungen gem. Ziff. I. unter Vorlage entsprechender Einkaufs- oder Verkaufsbelege zu erteilen, insbesondere über
1. die einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Gegenstand, Menge, Zeitpunkt, Preisen sowie Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer und der gewerblichen Käufer oder Empfänger, einschließlich der Menge der noch im Besitz der Beklagten befindlichen Ware, sowie
2. die betriebene Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbegegenstand, Werbeträger, Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet, einschließlich der Verwendung auf Geschäftspapieren, sowie
3. den erzielten Umsatz, aufgeschlüsselt nach Kalenderjahren und unter der Angabe der Gestehungskosten nach Kostenfaktoren ohne Fixkosten.
III. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser aus Handlungen gem. Ziff. I. entstanden ist oder zukünftig noch entstehen wird.
IV. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von der Forderung der Rechtsanwältin...