Leitsatz (amtlich)
Zum Anspruch aus der privaten Unfallversicherung, wenn in Betracht zu ziehen ist, dass dem Ertrinkungstod des Versicherten beim Tauchen ein innerer Vorgang (hier: Funktionsbeeinträchtigung des Herzens und dadurch verursachte Bewusstseinsstörung) vorausgegangen ist.
Normenkette
AUB 88 § 1 III, § 2 I 1.
Verfahrensgang
LG Regensburg (Urteil vom 30.08.2010; Aktenzeichen 3 O 751/09 (3)) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des LG Regensburg vom 30.8.2010 - 3 O 751/09 (3), wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
4. Die Revision wird zugelassen.
Beschluss:
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 154.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Kläger ist der Vater des am 25.10.1972 geborenen R. M.. R. M. starb am 21.5.2008 beim Tauchen im ... see. Sein Vater hat ihn zusammen mit D. und C. M. beerbt (Anlage K 3).
Der Kläger ist Versicherungsnehmer eines seit dem 20.6.1991 bestehenden Familienunfallversicherungsvertrages bei einer von der Beklagten übernommenen Versicherungsgesellschaft. Versicherte Person war neben dem Kläger R. M. Die Versicherungssumme für diesen beträgt im Todesfall 154.000 EUR. Bezugsberechtigt im Todesfall sind die Erben. Dem Vertrag liegen die Allgemeinen Unfallversicherungs-Bedingungen AUB 88 zugrunde (Anlage K 2).
Der Kläger ist der Ansicht, es habe sich bei dem zum Tod führenden Geschehen um einen Tauchunfall gehandelt. Er fordert die Zahlung der Versicherungssumme von 154.000 EUR an die Erbengemeinschaft.
Die Beklagte bestreitet einen bedingungsgemäßen Unfall. Am Anfang der Kausalkette, die zum Tod des Versicherten führte, habe kein von außen auf den Körper wirkendes Ereignis gestanden, sondern ein körperinnerer Vorgang, nämlich ein Herzversagen. Dieses habe zur Bewusstlosigkeit geführt. Deren Folgen hätten dann, weil der Bewusstseinsverlust unter Wasser eintrat, zum Tod geführt.
Das LG hat Beweis erhoben durch Erholung eines schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen Dr. U. B. vom Institut für Überdruckmedizin (Bl. 47 - 70 d.A.) und durch Anhörung des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung (Bl. 86 - 91 d.A.).
Mit Urteil vom 30.8.2010 hat das LG die Klage abgewiesen.
Zur Begründung hat es ausgeführt, es sei nicht mit der erforderlichen Sicherheit davon überzeugt, dass der Tod des Versicherten durch Ertrinken eingetreten sei. Nach dem Gutachten von Dr. U. B. lasse sich zwar nicht nachweisen, dass der Verstorbene unter Wasser einen Herzstillstand oder eine Herzattacke erlitten habe. Er sei jedoch höchstwahrscheinlich bereits zu dem Zeitpunkt tot gewesen, als sein Tauchkamerad bemerkte, dass er leblos im Wasser trieb. Da sich keine andere Ursache für den Bewusstseinsverlust finden lasse, spreche alles dafür, dass der Versicherte aufgrund seines starken Übergewichts und der Verfettung des Herzmuskels Herzprobleme bekommen habe.
Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen wird gem. § 540 Abs. 1 ZPO auf das Urteil Bezug genommen.
Gegen dieses dem Klägervertreter am 1.9.2010 zugestellte (nach Bl. 111 d.A.) Urteil hat der Kläger mit Schriftsatz vom 20.9.2010, eingegangen bei Gericht am gleichen Tag, Berufung eingelegt (Bl. 121 d.A.) und sein Rechtsmittel mit Schriftsatz vom 4.10.2010, eingegangen bei Gericht am gleichen Tag, begründet (Bl. 127 d.A.).
Er rügt die Beweiswürdigung des LG und meint, dass auf seinen Antrag hin der Notarzt Dr. T. und der Obduzent Dr. H. als Zeugen hätten vernommen werden müssen. Das LG habe auch die Beweislast verkannt.
Der Kläger beantragt:
I. Die Beklagte wird unter Abänderung des am 30.8.2010 verkündeten Urteils des LG Regensburg verurteilt, an den Kläger, D. M. und C. M. als Mitgläubiger einer Erbengemeinschaft 154.000 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 3.12.2008 zu zahlen.
II. Die Beklagte trägt auch die Kosten der Berufungsinstanz.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das Ersturteil als richtig. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei nicht mit der erforderlichen Sicherheit von einem Tod durch Ertrinken auszugehen. Dem Tod des Versicherten sei eine durch einen inneren Vorgang ausgelöste Bewusstseinsstörung vorausgegangen, die den Ausschlusstatbestand des § 2 I 1. der AUB 88 erfülle.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Erholung eines schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen Prof. Dr. B. vom 28.12.2010 (Bl. 162 - 173 d.A.) und durch Anhörung des Sachverständigen im Termin vom 11.4.2011 (Bl. 193/194 d.A.). Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das schriftliche Gutachten und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 11.4.2011 Bezug genommen.
II. Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg.
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist der Senat davon überzeugt, ...