Leitsatz (amtlich)

1) Die erforderliche Erweiterung einer gemeindlichen Kanalisation kann zu einer deutlichen Umfangserweiterung einer beschränkt persönlichen Dienstbarkett führen (Verlegung von Abwasserrohren in einem landwirtschaftlichen Grundstück).

2) Allein die Bezugnahme auf einen Lageplan in der Bewilligungsurkunde der Dienstbarkeit stellt auch dann keine abschließende Begrenzung des Durchmessers der Abwasserrohre dar, wenn der Lageplan Maßangaben enthält.

 

Normenkette

BGB §§ 1018, 1090

 

Verfahrensgang

LG Regensburg (Urteil vom 20.01.2010; Aktenzeichen 3 O 1820/09)

 

Tenor

I. Die Berufung des Beklagten gegen das Endurteil des LG Regensburg vom 20.1.2010 wird zurückgewiesen.

II. Die Widerklage wird abgewiesen.

III. Die Hiifswiderklage wird abgewiesen.

IV. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

V. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht die Klägerin Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

VI. Die Revision wird nicht zugelassen.

Beschiuss:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird bis 20.06.10 auf 31.196,43 EUR festgesetzt (Klage: 30.000 EUR, Widerklage: 1.196,43 EUR), danach auf 91.196,43 EUR (wie vor zzgl. Hiifswiderklage i.H.v. 60.000 EUR.

 

Gründe

I. Die Klägerin verlangt vom Beklagten die Zustimmung zur Neuverlegung von Rohren der Kanalisation.

Der Beklagte ist Eigentümer eines landwirtschaftlichen Anwesens in der Gemein de P i, zu dem die Grundstücke mit den Flur-Nm. und gehören. Mit Dienstbarkeitsbestellungen vom 2.10.1986 wurden auf diesen Grundstücken zugunsten der klagenden Gemeinde beschränkte persönliche Dienstbarkeiten eingetragen, die den Inhaber der Dienstbarkeit berechtigen, in das jeweilige Grundstück eine Rohrleitung für Abwasseranlage zu verlegen, die bezeichneten Leitungen und Anlagen zu belassen und die Unterhalte ngs- und Instandsetzungsarbeiten an den Leitungen und Anlagen durch seine Beauftragten vorzunehmen; auf dem Grundstück Flur-Nr. ist die Klägerin zudem berechtigt, vier Schächte und ein Regenüberlaufbecken zu errichten (Anlagen K1 und K2). Die notariellen Urkunden zur Dienstbarkeitsbestellung verweisen jeweils auf einen Lageplan als Anlage und Bestandteil der Erklärung, in dem die Leitungen und Anlagen eingezeichnet sind (Anlagen B2 und B3). Die Anlage - einschließlich des Regenüberlaufbeckens und vierer Schächte - wurde im Jahr 1986 gebaut.

Die Klägerin hat seit Bestellung der Dienstbarkeiten weitere Bebauungsgebiete ausgewiesen ("P --S -" 1988, "Ai. "1993 und "Pi,-Si II" 1998) und beabsichtigt, im Zuge einer Sanierung ihres Abwassersystems auch die auf dem Grundstück des Beklagten liegenden Anlagen zu erneuern und zu erweitern, insbesondere die bisherigen Rohre mit einem Durchmesser von 25 cm und 30 cm durch Rohre mit einem Durchmesser von 120 cm und, 140 cm zu ersetzen. Der Beklagte ist hiermit nicht einverstanden.

Die Klägerin ist der Auffassung, dass der Inhalt der Dienstbarkeit entsprechend ihren Bedürfnissen unter Berücksichtigung der technischen und wirtschaftlichen Entwicklung und einem dadurch gesteigerten Nutzungsbedarf angepasst werden müsse, denn die Bedarfssteigerung hafte sich in den Grenzen einer der Art nach gleichbleibenden Nutzung und sei nicht auf eine zur Zeit der Dienstbarkeitsbestel-lung unvorhersehbare oder willkürliche Benutzungsänderung zurückzuführen.

Die Klägerin hat in erster Instanz beantrag:

1. Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin den Austausch der derzeit in seinen Grundstücken Flur-Nrn. und, Gemarkung P ' vorgetragen im Grundbuch des AG Cham für P:, Band, Blatt, verlegten Abwasserleitung gegen eine Leitung mit einem Durchmesser von 1200 mm bis 1400 mm einschließlich Zubehör (begleitende Wasserleitung) zu gestatten.

2. Der Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von den Kosten freizustellen, die für die außergerichtliche Aufforderung zur Duldung bei ihren Prozessbe vollmächtigten angefallen sind.

Der Beklagte hat beantragt: Die Klage wird abgewiesen.

Der Beklagte meint, dass sich der genaue Inhalt der Dienstbarkeiten aus den notariellen Bestellungen und den jeweils zum Vertragsinhalt gemachten Lageplänen abschließend ergebe. Danach sei der Klägerin lediglich eine Verlegung von Rohren mit Durchmessern von 25 cm bis 30 cm gestattet. Für eine Anpassung wegen eines gesteigerten Bedarfs sei daher kein Raum. Im Übrigen bestreitet der Beklagte eine relevante Bedarfserweiterung insbesondere durch Expansion der klagenden Gemeinde. Der Beklagte befürchtet auch eine Schädigung seiner in den Grundstücken in einer Tiefe von 0,5 m bis 1,5 m verlegten Drainageleitungen. Außerdem sei der Klägerin eine alternative Leitungsführung außerhalb seiner Grundstücke entlang der Kreisstraße von Pc. nach Pi, im Bereich des Straßengrundes möglich.

Das LG, auf dessen tatsächliche Feststellungen und Darlegungen des Partei Vortrags in erster Instanz einschließlich der übergebenen Anlagen Bezug genommen wird, hat der Klage voll...

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