Entscheidungsstichwort (Thema)
Einsetzung von Vermögen für Unterhalt
Leitsatz (amtlich)
Zur Verpflichtung des in einem Pflegeheim aufgenommenen Ehemanns, für den (Familien-)Unterhalt der Ehefrau Vermögen einzusetzen.
Normenkette
BGB §§ 1360, 1360a
Verfahrensgang
AG Kelheim (Urteil vom 16.04.2007; Aktenzeichen 1 F 371/06) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Endurteil des AG - FamG - Kelheim vom 16.4.2007 abgeändert.
II. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin von September 2007 bis einschließlich November 2007 monatlich bis zum 3. Tag im Voraus einen Unterhalt i.H.v. 410 EUR zu zahlen.
III. Der Beklagte wird weiter verurteilt, an die Klägerin rückständigen Unterhalt für die Zeit Mai 2006 bis August 2007 i.H.v. insgesamt 6.560 EUR zu zahlen.
IV. Im Übrigen werden die Klage abgewiesen und die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.
V. Die Kosten des Rechtsstreites werden gegeneinander aufgehoben.
VI. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
VII. Die Revision wird nicht zugelassen.
Beschluss:
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 10.780 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der am 8.3.1949 geborene Beklagte und die am 10.12.1967 geborene Klägerin, thailändische Staatsangehörige, haben am 10.11.2000 die Ehe geschlossen, aus der Kinder nicht hervorgingen. Die Klägerin lebte bereits seit 1999 in Deutschland. Im Juli 2005 erlitt der Beklagte einen Herzinfarkt, der eine massive Hirnschädigung zur Folge hatte. Er steht seit Oktober 2005 unter Betreuung und ist in einem Pflegeheim untergebracht. Die anfallenden Gesamtkosten übersteigen sein Einkommen um monatlich rund 200 EUR. Der Beklagte hat Sparvermögen i.H.v. rund 50.000 EUR sowie eine Eigentumswohnung in München, die 35 qm groß ist. Die Mieteinnahmen i.H.v. monatlich 483,89 EUR sind Teil seines Einkommens.
Die Klägerin ist ohne Einkommen und Vermögen und beherrscht die deutsche Sprache kaum.
Bis einschließlich April 2006 erhielt sie von der Betreuerin des Beklagten monatlich 400 EUR. Sie bewohnt die bisherige eheliche Wohnung, die sich im Haus der Mutter des Beklagten befindet, und zahlt dort weder Mietzins noch Nebenkosten. Allerdings wurde sie mit Schreiben der Prozessbevollmächtigten der Mutter des Beklagten vom 10.5.2006 erfolglos aufgefordert, eine monatliche Nutzungsentschädigung von 500 EUR sowie Nebenkosten i.H.v. 200 EUR zu zahlen.
Nachdem sich die Höhe der Bezüge des Beklagten vermindert hatte, stellte die Betreuerin ab Mai 2006 die Unterhaltszahlungen ein.
Mit der Klage verlangt die Klägerin Familienunterhalt i.H.v. monatlich 770 EUR ab Mai 2006. Mit Endurteil vom 16.4.2007 wies das AG - FamG - Kelheim die Klage ab.
Zur Begründung führte das Gericht im Wesentlichen aus, es gehe im vorliegenden Fall um Familienunterhalt nach den §§ 1360 und 1360a BGB. Der seit Juli 2005 andauernde Krankenhaus und Heimaufenthalt des Beklagten führe, da er nicht vom Willen der Parteien getragen sei, nicht zum Getrenntleben im Sinne des § 1567 BGB, der zu einem Trennungsunterhalt nach § 1361 BGB führen könne. Die Inanspruchnahme des Beklagten scheitere jedoch an seiner fehlenden Leistungsfähigkeit und an der fehlenden Bedürftigkeit der Klägerin. Der 58 Jahre alte Beklagte sei abgesehen von seiner Hirnschädigung körperlich gesund und habe statistisch noch eine Lebenserwartung von etwa 20 Jahren Er benötige sein Sparvermögen und die Einkünfte aus der Eigentumswohnung dringend, um seinen eigenen Bedarf vollständig mit eigenen Mitteln decken zu können, ohne selbst zum Sozialfall zu werden. Die Klägerin trage nach § 1353 Abs. 1 Satz 2 BGB für den Beklagten Verantwortung und sei ihm zum Beistand verpflichtet mit der Folge, dass sie ihren Lebensbedarf selbst verdienen müsse und auch könne. Innerhalb von sechs Monaten nach dem Herzinfarkt ihres Mannes wäre es ihr möglich gewesen, Grundkenntnisse der deutschen Sprache zu erwerben. Dann hätte sie auch eine Erwerbstätigkeit finden können.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie den ursprünglichen Klageantrag weiter verfolgt.
Sie macht geltend, dass sie sich unmittelbar nach der Einstellung der Unterhaltszahlungen im Mai 2006 als arbeitssuchend gemeldet habe, die Arbeitsgemeinschaft habe jedoch ihre Vermittelbarkeit verneint. Ab November 2006 hätte ein Deutschkurs stattgefunden, er sei jedoch kostenpflichtig gewesen und sie habe kein Geld gehabt. Seit 5.3.2007 nehme sie an einem Integrationskurs teil, welcher bis zum 21.9.2007 laufe. Der Unterricht finde in Vollzeit, nämlich in 25 Unterrichtsstunden pro Woche, statt. Nach Abschluss dieser Maßnahme werde sie sofort das Angebot der ARGE Landkreis Kelheim wahrnehmen und den Kurs "Aktiv in den Arbeitsmarkt" für die Dauer von vier Wochen in Vollzeit besuchen.
Der Beklagte beantragt die Zurückweisung der Berufung. Er ist der Auffassung, dass ihm im Hinblick auf seine Erkrankung eine Vermögensverwertung nicht zugemutet werden könne. An den mangelnden Sprachkenntnissen, die für eine Erwerbstätigkeit der Klägerin hinderlich seien, sei sie selbst schuld. Im Üb...