Verfahrensgang
LG Amberg (Entscheidung vom 10.07.2000; Aktenzeichen 24 O 303/99) |
Tenor
I. Die Berufungen des Klägers und des Beklagten gegen das Endurteil des Landgerichts Amberg vom 10.7.2000 werden zurückgewiesen.
II. Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger 2/5 und der Beklagte 3/5.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar,
IV. Der Wert der Beschwer beträgt für den Kläger 30.000 DM, für den Beklagten 45.000 DM.
Beschluss: Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 75.000 DM festgesetzt. (Schmerzensgeldanspruch: 60.000 DM, Feststellungsanspruch: 15.000 DM).
Tatbestand
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe
I. Beide Berufungen sind zulässig, haben aber in der Sache keinen Erfolg.
1. Wie das Erstgericht hält auch der Senat ein Schmerzensgeld von insgesamt 70.000 DM als Ausgleich der vom Kläger erlittenen Verletzung und der noch zu erduldenden dauernden Beeinträchtigungen für angemessen.
Um Wiederholungen zu vermeiden, nimmt der Senat Bezug auf die zutreffenden Darlegungen und Erwägungen im Urteil des Landgerichts Amberg. Ergänzend ist zum Parteivorbringen in der Berufungsinstanz folgendes auszuführen:
a) Der zum Unfallzeitpunkt 15-jährige Kläger wurde durch den damals 17-jährigen Beklagten, der ihn erschrecken wollte, ganz erheblich am linken Auge verletzt: Der Beklagte hatte mit einem Besenstiel von innen gegen das Fenster eines Gartenhäuschens gestoßen, den Stoß jedoch ungewollt so heftig geführt, dass die Scheibe barst und ein herumfliegender etwa 3 cm großer Glassplitter in den linken Augapfel des Klägers, der vor dem Fenster stand, eindrang.
Bei diesem Sachverhalt liegen Anhaltspunkte für ein grob fahrlässiges Verhalten des Beklagten nicht vor. In den Fällen einfacher Fahrlässigkeit überwiegt die Funktion des Schmerzensgeldes, immaterielle Schäden auszugleichen, und tritt der Gedanke der Genugtuung demgegenüber zurück (vgl. BGHZ 18, 149, 158).
b) Insbesondere Art und Umfang der unfallbedingten Lebensbeeinträchtigung des Klägers rechtfertigen vorliegend ein Schmerzensgeld von insgesamt 70.00000 DM.
aa) Am 3.9.1995 wurde das linke Auge des Klägers erheblichst verletzt:
Der Kläger erlitt eine durchbohrende Bindehaut-, Lederhaut-, Netzhaut- und Augapfelverletzung mit seitlicher Eröffnung des Augapfels.
Da sich während des Heilungsverlaufs wiederholt Netzhautnarbenstränge mit nachfolgender Netzhautablösung bildeten, wurden bislang insgesamt fünf Operationen notwendig, letztmals am 4.4.1997. Seitdem liegt die Netzhaut an (vgl. Seite 3 des Gutachtens Prof. Dr. N., Vorstand der Augenklinik der Universität E. vom 3.7.1998, Anlage K 2).
bb) Unfallbedingt ist das Sehvermögen des Klägers auf dem linken Auge erheblich vermindert: Es beschränkt sich mit Korrektur auf 10 %, ohne Korrektur auf "1/50 Lesetafel in 20 cm". Die Fähigkeit, räumlich zu sehen, ging unfallbedingt verloren. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit beträgt 20 %. Die Minderung der Gebrauchsfähigkeit des linken Auges bei korrigiertem Visus 20/30 (vgl. Gutachten Prof. Dr. N., S. 7, 9 und 11)
In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Kläger zum verbliebenen Sehvermögen unbestritten - erklärt; dass er weder harte noch welche Kontaktlinsen vertrage, so dass eine Korrektur praktisch nicht erfolgen könne. Seine Angaben vor dem Erst- und auch vor dem Berufungsgericht, die Richter mit dem linken Auge nur schemenhaft zu sehen, ist daher durchaus glaubhaft.
cc) Hinzu kommt eine deutlich sichtbare kosmetische Beeinträchtigung, insbesondere eine Außenschielstellung. Hiervon konnte sich der Senat in der mündlichen Verhandlung überzeugen. Die Schielstellung wird zudem im ärztlichen Gutachten als unfallbedingter Dauerschaden aufgeführt.
dd) Unter diesen erheblichen Unfallfolgen wird der noch junge Kläger Zeit seines Lebens zu leiden haben. Die. Sehbehinderung, vor allem das fehlende räumliche Sehen, schränkt die. Möglichkeiten bei der Berufswahl ein und kann sich auch bei so mancher Sport- und Freizeitbetätigung, wie zum Beispiel Tennisspielen und Bergsteigen, auswirken.
Zwar ist eine Verschlechterung aus Sicht des Gutachters eher unwahrscheinlich; mit den nicht auszuschließenden Risiken einer erneuten Netzhautablösung, der Entwicklung eines grünen Stars, einer Schrumpflang, Erblindung öder auch Entfernung des blinden und schmerzhaften linken Auges (vgl. Gutachten Bl. 12) muss der Kläger aber leben. Hierin liegt eine psychische Beeinträchtigung, die nicht vernachlässigt werden kann.
Dagegen geht der Senat nicht davon aus, dass die hinter dem Beklagten stehende Haftpflichtversicherung verzögert reguliert hat, so dass sich die Frage, inwieweit ein solcher Umstand Schmerzensgeld erhöhend wirkt, vorliegend nicht stellt. Zwar wurden im Jahre 1995 insgesamt nur 5.000;00 DM gezahlt. Das ärztliche Gutachten lag aber erst im Juli 1998 vor. Auf dieses Gutachten hat die Haftpflichtversicherung mit den Zahlungen über 5.000 DM am 31.7.1998 und 30.000 DM am 22.1.1999 in angemessener Zeit reagiert.
Unter Berücksichti...