Verfahrensgang

AG Regensburg (Urteil vom 21.07.1999; Aktenzeichen 3 F 365/99)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Endurteil des Amtsgerichtes – Familiengericht – Regensburg vom 21. Juli 1999 (3 F 365/99) wie folgt abgeändert:

  1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger rückständigen Unterhalt für den Zeitraum 15. November 1998 bis 31. Dezember 1999 in Höhe von 4.101,00 DM nebst 4 % Zinsen aus 1.368,00 DM seit 16.03.1999 zu zahlen.
  2. Die Beklagte wird verurteilt, ab 01. Januar 2000 monatlich im voraus den jeweiligen der Altersstufe des Klägers entsprechenden Regelbetrag (West) nach der Regelbetragverordnung abzüglich der hälftigen Leistungen nach §§ 1612 b bzw. 1612 c BGB, zur Zeit also 306,00 DM, zu zahlen.

II. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Beschluß:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf

5.113,00 DM,

ab 22.11.1999 auf

4.956,00 DM

festgesetzt.

 

Tatbestand

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung des Klägers erweist sich als begründet.

Die Beklagte ist gemäß §§ 1601 ff BGB dem Kläger, ihrem am 25.1.1989 geborenen Sohn, gemeinsam mit dessen Vater unterhaltspflichtig. Es besteht eine anteilige Unterhaltspflicht der Eltern des Kindes (§ 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB). Da der Vater den Klägern betreut,erfüllt er grundsätzlich dadurch seine Unterhaltspflicht. Bar- und Betreuungsunterhalt sind im Regelfall gleichwertig (BGH FamRZ 98, 286, 288). Dies gilt auch, wenn der Betreuungsunterhalt Leistende über eigenes Einkommen verfügt und sich zeitweilig fremder Hilfe bei der des Kindes bedient (BGH FamRZ 81, 543 und FamRZ 91, 182). Diese Regel wird durchbrochen, wenn der an sich berunterhaltspflichtige Elternteil nicht leistungsfähig ist oder wenn dessen Heranziehung zum Baruntehalt zu einem erhelichen finanziellen Ungleichgewicht zwischen den Eltern führt (BGH FamRz 98, 286).

Die Unterhaltspflicht der Beklagten entfällt nicht wegen fehlender Leistungsfähigkeit (§ 1603 Abs. 1 BGB). Die Leistungsfähigkeit wird nicht allein durch das tatsächlich vorhandene. Einkommen des Unterhaltspflichtigen bestimmt, sondern durch, seine Arbeits- und Erwerbsfähigkeit (Lohmann, „Neue Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Familienrecht”, 8. Auflage, Rn 186). Der Unterhaltspflichtige muß nach der ständigen. Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes seine Arbeitsfähigkeit so gut wie möglich einsetzen und sich Einkünfte anrechnen lassen, die er bei gutem Willen durch zumutbare Erwerbstätigkeit, unter Umständen durch Wechsel seines Arbeitsplatzes oder -ortes oder sogar des Berufes erzielen könnte (Lohmann, a.a.O.). Dies gilt auch im vorliegenden Fall, wenn eine Beteiligung des Betreuungsunterhalt Leistenden am Barunterhalt in Betracht kommt (OLG Frankfurt, FamRZ 96, 888; OLG Düsseldorf, FamRZ 92, 92; OLG Bamberg, FamRZ 95, 566). Die Beklagte ist daher gehalten, einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit nachzugehen.

Daran ist sie aus gesundheitlichen Gründen nicht gehindert. Soweit sie im Berufungsverfahren erstmals vorträgt, aus gesundheitlichen Gründen nicht vollschichtig arbeiten zu können, ist dies unbeachtlich, da unsubstaniiert. Die Beklagte trägt vor, seit der Trennung vom Vater des Klägers unter erheblichen Depressionen zu leiden und erklärte in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 22.11.1999, die Depressionen hätten sich eingestellt infolge der Entfremdung vom Kläger wegen Problemen beim Umgangsrecht. Das Scheidungsverfahren wurde im Mai 1998 anhängig, die Trennung der Ehegatten erfolgte am 01.05.1997. Es kann dahingestellt bleiben, ob mit dem Oberlandesgericht Hamm (FamRZ 95, 996) anzunehmen ist, dass langanhaltende depressive Reaktionen nach Trennung und ständiger Belastung generell ungeeignet sind, unterhaltsrechtliche Leistungseinschränkungen zu begründen, denn es kann hier nicht einmal davon ausgegangen werden, dass Depressionen mit Krankheitswert vorliegen. Die Beklagte teilt nicht mit, wie sich ihre Depressionen auswirken und ob sie deswegen in Behandlung gewesen ist. Ihr Vortrag ist daher insoweit unsubstantiiert. Entsprechendes gilt für die angeführten somatischen Beschwerden. Bei den vorgetragenen Beschwerden (Arthrose im linken Kniegelenk mit Bewegungseinschränkungen, degenerative Veränderung der Wirbelsäule, Verengung der Herzkranzgefäße) handelt es sich um eine allgemein gehaltene Darstellung üblicher altersbedingter körperlicher Abnutzungserscheinungen und gesundheitlicher Beeinträchtigungen. Es wird nicht mitgeteilt, ob Behandlungsbedürftigkeit vorliegt oder eine Behandlung erfolgt. Mangels substaniierten Sachvortrages auch insoweit ist daher die Erholung eines Sachverständigengutachtens nicht veranlaßt.

Die Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, sie könne auch bei vollschichtiger Tätigkeit nur maximal 1.500,00 DM monatlich verdienen. Sie trifft die Obliegenheit, sich intensiv um eine Anstellung zu bemühen und kann deshalb die beh...

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