Leitsatz (amtlich)
Entgelte, die Banken für Tätigkeiten erheben, zu denen sie gesetzlich verpflichtet sind, unterliegen gem. § 307 Abs. 3 BGB der Inhaltskontrolle. Zusätzliche Entgelte für die Einrichtung und Führung eines P-Kontos sind daher kontrollfähig. Es stellt eine gegen Treu und Glauben verstoßende unangemessene Benachteiligung des Kunden dar, wenn das P-Konto zu schlechteren Konditionen als das vergleichbare Girokonto des jeweiligen Kreditinstituts geführt wird.(Rz. 32)
Normenkette
BGB § 307 Abs. 1, 2 Nr. 1, Abs. 3
Verfahrensgang
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des LG Nürnberg-Fürth vom 12.7.2011 - 7 O 1516/11 wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Das Ersturteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
IV. Das Berufungsurteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die gegen sie gerichtete Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 7.000 EUR abwenden, wenn nicht der Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
V. Die Revision zum BGH wird zugelassen.
Beschluss:
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.500 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Kläger ist ein eingetragener Verein, der nach seiner Satzung Verbraucherinteressen wahrnimmt und in die Liste der qualifizierten Einrichtungen nach § 4 UKlG eingetragen ist. Er beanstandet mit seiner Klage eine spezielle Regelung im Preis- und Leistungsverzeichnis der beklagten Sparkasse, die dort im Zusammenhang mit dem durch § 850k Abs. 7 ZPO eingeführten "Pfändungsschutzkonto" (= im Folgenden P-Konto) getroffen worden ist. Auf einem solchen Konto bleiben das Guthaben des Kontoinhabers in der Höhe gesetzlicher Pfändungsfreigrenzen sowie weitere Sozialleistungen und Kindergeld u. Ä. pfändungsfrei; es wird insoweit auf die Regelungen in § 850k Abs. 2 Nr. 2 u. 3 ZPO Bezug genommen. § 850k Abs. 7 Satz 2 ZPO bestimmt, dass auf Verlangen des jeweiligen Kunden ein Girokonto als P-Konto geführt wird.
Der vom Kläger beanstandete Teil im Preis- und Leistungsverzeichnis der beklagten Sparkasse ist im Kapitel B Seite 1, Punkt I.1.16. enthalten und lautet wie folgt:
"P-Konto (Pfändungsschutzkonto)
Grundpreis monatlich 10 EUR
Restliche Preise analog Giro-Ideal"
Die Beklagte bietet in ihrem Preis- und Leistungsverzeichnis weitere unterschiedliche Kontenmodelle an, deren Grundpreis zwischen 0 EUR (= Giro-Balance bei Einhaltung eines bestimmten Durchschnittguthabens) und 10 EUR ("Giro-Balance" bei Unterschreitung des Durchschnittguthabens) liegt. Das Kontenmodell Giro-Balance sieht für einzelne Geschäftsvorfälle - ebenso wie das Kontomodell Giro-Live - grundsätzlich kein gesondertes Entgelt vor Daneben gibt es noch das Kontenmodell "Giro-Ideal", dessen Grundpreis bei 3 EUR liegt und das für einzelne Geschäftsvorfälle eine zusätzliche Vergütung vorsieht.
Die Parteien streiten nun darum, ob die von der Beklagten in ihrem Preis- und Leistungsverzeichnis getroffene Regelung für das P-Konto wirksam ist.
Der Kläger ist der Ansicht, dass die Preisregelung für das P-Konto wegen Verstoßes gegen § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB unwirksam sei.
Die Beklagte sei kraft Gesetzes zur Einrichtung eines P-Kontos verpflichtet. Dann aber dürfe sie nach der Rechtsprechung des BGH (Urt. v. 18.5.1999 - XI ZR 219/98) dafür kein zusätzliches Entgelt verlangen. Denn in diesem Urteil habe der BGH unter der Geltung der mit § 307 Abs. 1 und 2 BGB gleichlautenden Regelung im AGBG § 9 festgestellt, dass Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Kreditinstituten, in denen für die Bearbeitung und Überwachung von Pfändungsmaßnahmen gegen Kunden von diesen ein Entgelt gefordert werde, gegen AGBG § 9 verstoße. Diesem Verbot könne die Beklagte auch nicht dadurch entgehen, dass sie das P-Konto als eigenständiges Kontomodell deklariere.
Der Kläger hat in der 1. Instanz den aus dem Tatbestand des Ersturteils ersichtlichen Antrag gestellt.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.
Die Argumentation des Klägers, dass sie mit der Führung eines Girokontos als P-Konto nur einer durch § 850k Abs. 7 ZPO auferlegten gesetzlichen Pflicht folge und deswegen dafür kein Entgelt verlangen dürfe, sei im Ausgangspunkt falsch. Denn in der genannten Vorschrift sei lediglich ein Kontrahierungszwang dahingehend angeordnet, dass die Kreditinstitute verpflichtet werden, auf Antrag ihres Kunden ein bereits bestehendes Girokonto in ein P-Konto umzuwandeln. Die Ausgangslage sei völlig anders als in der vom BGH im Verfahren XI ZR 219/98 getroffenen Entscheidung.
Da es sich bei dem P-Konto um ein eigenständiges Kontomodell handle, könne sie dafür den Preis in Abweichung ihrer sonstigen Kontomodelle gesondert regeln. Deshalb sei die dafür getroffene Preisbestimmung eine Preishauptabrede und unterliege - wie sich dies aus dem Urteil des BGH v. 18.4.2002 - II ZR 199/01 ergebe - gerade ni...