Leitsatz (amtlich)
Eine Regelung im Gesellschaftsvertrag einer Publikumskommanditgesellschaft, dass Auszahlungen von Liquiditätsüberschüssen den Kommanditisten als unverzinsliches Darlehen gewährt werden, ist im Einzelfall keine ausreichend klare Grundlage für Rückforderungen der Gesellschaft gegenüber Kommanditisten, die in Emissionsprospekt und Gesellschaftsvertrag vorgesehene Auszahlungen betreffen.
Normenkette
HGB § 161; BGB § 305c Abs. 2
Verfahrensgang
LG Regensburg (Urteil vom 28.11.2013; Aktenzeichen 3 O 1635/13 (3)) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Endurteil des LG Regensburg vom 28.11.2013 abgeändert.
2. Die Klage wird abgewiesen.
3. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
5. Die Revision wird zugelassen.
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 34.500 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Klägerin, eine Publikumsgesellschaft, verlangt vom Beklagten, der an ihr mit einer Einlage von 150.000 EUR als Direktkommanditist beteiligt ist, die Rückgewähr von Auszahlungen.
Der Gesellschaftsvertrag enthält folgende Regelungen:
§ 4 Gesellschafterkonten
...
3.
Auf den variablen Kapitalkonten werden Einlagen, die nicht dem Festkapital zuzuordnen sind, und Entnahmen gebucht.
§ 12 Besondere Gesellschafterleistungen, Ergebnisverteilung, Entnahmen und sonstige
Rechtsbeziehungen mit Gesellschaftern
...
6 ...
(Satz 3)
Soweit Auszahlungen von Liquiditätsüberschüssen vorgenommen werden, werden sie den Kommanditisten als unverzinsliche Darlehen gewährt, sofern die Auszahlungen nicht durch Guthaben auf den variablen Kapitalkonten gem. § 4 Ziff. 3 gedeckt sind.
Im Emissionsprospekt ist Folgendes aufgenommen:
(Seite 7)
Risiken ...
Bei Unterschreitung der prognostizierten Werte können die Auszahlungen geringer ausfallen oder ganz wegfallen. Im Fall der Illiquidität der Gesellschaft besteht die Möglichkeit, dass bereits erhaltene Auszahlungen zurückbezahlt werden müssen (Wiederaufleben der Haftung)...
(Seite 9)
Auszahlungen
Bereits für das Jahr 2002 ist eine Auszahlung i.H.v. 9 % vorgesehen. Die für 2004 vorgesehene Umstellung auf Tonnagesteuer wird zu einer deutlichen Renditeverbesserung beitragen. Die Auszahlungen sollen bis auf 16 % p. a. steigen, insgesamt sind während der Prospektlaufzeit 167 % ohne etwaigen Veräußerungserlös kalkuliert ...
Von 2002 bis 2007 erhielt der Beklagte Zahlungen von insgesamt 66.000 EUR von der Klägerin bei durchgehend negativen Kapitalkonten (Anlage K 5). Die Überweisung von 13.500 EUR im Jahr 2004 war als "Ausschüttung 2004" bezeichnet (Anlage B 2). In den Monaten November 2003 und 2006 versandte die Klägerin jeweils ein eine "Auszahlung" ankündigendes Schreiben (Anlage B 6 und Anlage zur Sitzungsniederschrift des OLG Nürnberg vom 8.12.2004, Bl. 127/128 d.A.). Die jeweiligen, dem Beklagten jährlich übersandten Jahresabschlüsse der Klägerin weisen keine Gewinne aus. Wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten verlangt die Klägerin die Rückzahlung von 34.500 EUR.
Wegen des darüber hinausgehenden erstinstanzlichen Parteivorbringens sowie der dortigen Anträge wird auf den Tatbestand des Endurteils des LG Regensburg vom 28.11.2013 Bezug genommen. Mit diesem Urteil ist der Beklagte verurteilt worden, an die Klägerin 34.500 EUR nebst Zinsen zu zahlen und sie von Inkassokosten von 1.099 EUR freizustellen. Dagegen hat der Beklagte Berufung eingelegt.
Der Beklagte macht geltend, dass zwischen den Parteien kein Darlehensvertrag zustande gekommen sei. Er habe die streitgegenständlichen Zahlungen nicht als Darlehen erhalten wollen. Für ihn sei auch nicht ersichtlich gewesen, dass es sich um Darlehen bzw. Liquidationsüberschüsse i.S.v. § 12 Nr. 6 des Gesellschaftsvertrages habe handeln sollen, da dies weder bei den Überweisungen noch bei den jährlichen Anschreiben mitgeteilt worden sei. Die notwendige Regelung, unter welchen Umständen Liquidationsüberschüsse zurückgefordert werden könnten, enthalte der Gesellschaftsvertrag nicht. Der Beklagte ist der Ansicht, dass es für ihn als durchschnittlichen Anleger nicht erkennbar gewesen sei, ob die Ausschüttungen durch Guthaben auf den variablen Kapitalkonten gedeckt gewesen seien. Die Warnung vor der Außenhaftung nach § 172 Abs. 4 HGB im Prospekt spiele hier keine Rolle.
Der Beklagte beantragt:
Unter Abänderung des am 28.11.2013 verkündeten Endurteils des LG Regensburg, Az. 3 O 1635/13 (3), wird die Klage abgewiesen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin meint, dass dem Beklagten nach dem eindeutigen Wortlaut des § 12 Nr. 6 Satz 3 des Gesellschaftsvertrages die Auszahlungen als unverzinsliche Darlehen gewährt worden seien. Maßgeblich seien allein der Gesellschaftsvertrag und nicht Aufschriften von Überweisungsträgern oder der Inhalt von...