Leitsatz (amtlich)
Entsteht ein Wasserschaden an einem Gebäude dadurch, dass Wurzeln eines auf Gemeindegrenze stehenden Baumes einen Abwasserkanal verstopfen, schließt das Fehlen eines Rückstauventils einen Ersatzanspruch nicht aus. Dieser Umstand ist im Rahmen des Mitverschuldens zu berücksichtigen (Abgrenzung zu BGH v. 30.7.1998 - III ZR 263/96, VersR 1999, 230).
Normenkette
BGB §§ 254, 839
Verfahrensgang
LG Ansbach (Urteil vom 27.11.2006; Aktenzeichen 2 O 707/04) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Endurteil des LG Ansbach vom 27.11.2006 - 2 O 707/04, wie folgt geändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.252,65 EUR sowie Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten Über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 21.9.2004 zu bezahlen.
II. Die weitergehende Berufung des Klägers und die Berufung der Beklagten werden zurückgewiesen.
III. Die Kosten beider Rechtszüge werden gegeneinander aufgehoben.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
Beschluss:
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 2.505,31 EUR festgesetzt.
Gründe
A. Der Kläger nimmt die beklagte Stadt auf Ersatz eines Wasserschadens in Anspruch, der im Keller seines Anwesens ... in der Nacht vom ... auf den 12.1. 2004 entstand.
In dieser Nacht kam es infolge starker Niederschläge zu einem Wasserrückstau im Abwasserkanal zum Grundstück des Klägers.
Vom Hauptkanal im ... führt der Hausanschluss des Klägers zunächst durch ein Grundstück der Beklagten mit einer Grünfläche. Hierauf befindet sich ein Ahorn, dessen Wurzeln zumindest teilweise den Abwasserkanal verstopft hatten.
Entgegen § 9 der Entwässerungssatzung der Beklagten ist im Anwesen des Klägers kein Rückstauventil eingebaut.
Der Kläger trägt vor, dass der Schaden allein von der Beklagten verursacht worden sei. Die Kanalverstopfung sei ausschließlich auf die Verwurzelungen des Baumes zurückzuführen.
Bei einer turnusmäßigen Befahrung auch des streitgegenständlichen Abwasserkanals hätte die Gefahr der Verstopfung durch Baumwurzeln rechtzeitig erkannt werden können. Demgegenüber hätte ein Rückstauventil den Schaden nicht verhindert.
Der Kläger hat in erster Instanz beantragt:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.505,31 EUR nebst 5 Prozentpunkten hieraus über dem Basiszinssatz seit Klagezustellung zu bezahlen.
Die Beklagte hat beantragt:
Die Klage wird abgewiesen.
Sie behauptet, ihren Pflichten in ausreichendem Maß nachgekommen zu sein. Eine Kamerabefahrung des Abwasserkanals zum Anwesen des Klägers sei vor dem Schadenseintritt technisch noch nicht möglich gewesen. Selbst wenn sie zu einer regelmäßigen Kontrolle der Kanalisation verpflichtet gewesen wäre, würde dies nicht dem Schutz des Klägers, sondern lediglich dem Schutz der Kanalisation dienen.
Zu den festgestellten Tatsachen und dem Vortrag der Parteien in erster Instanz, insbesondere zur Höhe des geltend gemachten Schadens, wird ergänzend auf den Tatbestand des Ersturteils verwiesen.
Nach Erholung eines Gutachtens durch den Sachverständigen ... hat das LG die Beklagte verurteilt, an den Kläger 1.133,76 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 21.9.2004 zu bezahlen, und die Klage im Übrigen abgewiesen. Es hat einen Schadensersatzanspruch des Klägers wegen der Verletzung von Pflichten aus dem öffentlich-rechtlichen Benutzungsverhältnis nach § 280 Abs. 1 BGB sowie aus Amtshaftung bejaht. Gestützt auf die Ausführungen des Sachverständigen hat es festgestellt, dass die weitgehende Verstopfung des Kanals auf - in einem längeren Zeitraum entstandenen - Einwurzelungen des Baumes der Beklagten zurückzuführen sei. Eine regelmäßige Kontrolle und Wartung der Leitung sei von der Beklagten zu erwarten gewesen. Der Schaden hätte aber auch durch ein Rückstauventil verhindert werden können. Trotz des fehlenden Rückstauventils scheitere eine Haftung der Beklagten nicht aus dem Gesichtspunkt des Schutzzweckes der Norm, weil die Beklagte über den normalen Betrieb der Entwässerungsanlage hinaus durch den Baum eine Gefahrenquelle geschaffen habe. Die unterlassene Sicherung durch den Einbau eines Rückstauventils führe jedoch zu einem hälftig zu bewertenden Mitverschulden des Klägers. Die Kosten der vorprozessualen Erholung eines Gutachtens des Deutschen Wetterdienstes i.H.v. 237,80 EUR hat das LG nicht anerkannt, weil der Kläger zu deren Notwendigkeit nicht ausreichend vorgetragen habe. Wegen weiterer Einzelheiten der Entscheidungsgründe wird auf das Ersturteil verwiesen..
Gegen das Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt. Zur Begründung wiederholen und -vertiefen sie im Wesentlichen ihren Sachvortrag erster Instanz.
Der Kläger trägt insbesondere weiterhin vor, dass ein Rückstauventil den Schaden nicht verhindert hätte.
Er beantragt in zweiter Instanz:
Unter Abänderung des am 27.11.2006 verkündeten Urteils des LG Ansbach, Az.: 2 O 707/04, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 2.505,31 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 21.9.2004 zu bezahlen.
Weiter beantragt der Kläg...