Leitsatz (amtlich)
1. Die Zulässigkeit eines Teilurteils ist im Berufungsverfahren von Amts wegen zu prüfen.
2. Ein Teilurteil ist hinsichtlich einzelner Zeitabschnitte eines Unterhaltsanspruchs jedenfalls dann unzulässig, wenn der Unterhalt für den nicht von der Entscheidung erfassten Zeitraum im Wesentlichen von denselben Tatsachen- und Rechtsfragen bestimmt wird.
Normenkette
ZPO § 301
Verfahrensgang
AG Regensburg (Aktenzeichen 1 F 78/02) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Teilurteil des AG – FamG – Regensburg vom 8.7.2002 aufgehoben.
II. Das Verfahren wird zur erneuten Entscheidung einschl. der Kosten des Rechtsmittelverfahrens an das AG – FamG – Regensburg zurückverwiesen.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Beschluss:
Der Streitwert des Berufungsverfahrens beträgt 6.456 Euro.
Gründe
I. In dem Verfahren begehrt der Kläger die Feststellung, dass entgegen der Titulierung in der einstweiligen Anordnung vom 3.12.2001 (ergangen im Scheidungsverfahren) ab 1.12.2001 für das Kind J. an Stelle der titulierten 142 % nur 135 % des Regelbetrages und kein Ehegattenunterhalt geschuldet sind. Mit Widerklage vom 16.4.2002 hat die Beklagte rückständigen Ehegattenunterhalt für die Zeit von Januar 2002 bis April 2002 und ab 1.5.2002 laufenden Ehegattenunterhalt von 714,34 Euro begehrt. Der Kläger hat daraufhin insoweit seine Feststellungsklage für erledigt erklärt. Die Beklagte hat der Erledigungserklärung nicht zugestimmt.
Die Parteien streiten insb. um das anzurechnende Einkommen des Klägers und den Ansatz von Rechtsanwaltsraten als eheprägende Schulden sowie das anzusetzende Einkommen der Beklagten.
Mit Einverständnis beider Parteien hat das AG am 8.7.2002 Teilurteil über die Feststellungsklage und Widerklage erlassen, soweit die Anträge die Zeit ab 1.5.2002 betreffen. Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, der eine geringere Titulierung begehrt.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat auf Bedenken hinsichtlich der Zulässigkeit der Entscheidung durch Teilurteil hingewiesen. Die Parteien haben einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren zugestimmt. Mit Beschluss vom 5.11.2002 hat der Senat die Entscheidung im schriftlichen Verfahren gem. § 128 ZPO festgelegt.
II. Die Berufung des Klägers gegen das Teilurteil des AG – FamG – Regensburg vom 8.7.2002 ist gem. § 511 ZPO zulässig. Das Teilurteil des AG – FamG – Regensburg vom 8.7.2002 ist jedoch von Amts wegen aufzuheben. Die Voraussetzungen für den Erlass eines Teilurteils sind unverzichtbar. Ihr Vorliegen unterliegt in der Berufungsinstanz der Prüfung von Amts wegen (vgl. Zöller/Vollkommer, 23. Aufl., § 301 ZPO Rz. 2). Das Teilurteil ist aufzuheben, da die Voraussetzungen des § 301 ZPO für seinen Erlass nicht vorlagen. Mit dem Urteil hat das FamG über einen Teil eines einheitlichen prozessualen Anspruchs entschieden. Ein Teilurteil ist aber nur zulässig, wenn es über einen aussonderbaren, einer selbstständigen Entscheidung zugänglichen Teil des Verfahrensgegenstandes ergeht und der Ausspruch über diesen Teil unabhängig von demjenigen über den restlichen Verfahrensgegenstand getroffen werden kann, so dass die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen ausgeschlossen ist (vgl. BGH v. 24.2.1999 – XII ZR 155/97, MDR 1999, 694; OLG Nürnberg v. 16.5.1994 – 10 UF 3952/93, FamRZ 1994, 1594). Der Unterhalt für die Zeit vor dem 1.5.2002 wird jedoch im Wesentlichen von denselben Tatsachen- und Rechtsfragen bestimmt wie der zeitlich nachfolgende von dem Teilurteil erfasste Unterhaltszeitraum. Damit bestünde die Gefahr abweichender Beurteilungen eines einheitlichen, prozessualen Anspruchs durch das Rechtsmittelgericht. Damit war das Teilurteil aufzuheben und das Verfahren zur einheitlichen Entscheidung einschl. der Kosten dieses Rechtsmittelverfahrens an das AG zurückzuverweisen, § 538 Abs. 2 S. 1 Nr. 7, S. 3 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, § 543 Abs. 2 ZPO, da die Entscheidung des Senates auf einer gesicherten Rechtsprechung des BGH beruht.
Für das weitere Verfahren wird darauf hingewiesen, dass nach Auffassung des Senates über die ursprünglich erhobene Feststellungsklage eine Entscheidung zu treffen ist, entweder durch Feststellung der Erledigung (so Kläger) oder durch Abweisung (so Beklagte). Durch die Identität des Streitgegenstandes mit der später erhobenen Leistungsklage entfiel lediglich das Feststellungsinteresse.
Streitwert des Berufungsverfahrens:
Kindesunterhalt: 18 Euro × 12 = 21 Euro
Ehegattenunterhalt: 520 Euro × 12 = 6.240 Euro,
somit insgesamt 6.456 Euro.
Kleinknecht Weikl Dr. Söllner
VorsRiOLG RiOLG RiOLG
Fundstellen
Haufe-Index 1108415 |
FamRZ 2003, 545 |
EzFamR aktuell 2003, 78 |
MDR 2003, 219 |
FamRB 2003, 183 |
NJOZ 2003, 335 |
OLGR-MBN 2003, 145 |
www.judicialis.de 2002 |