Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur (Un-)Zulässigkeit von Teilurteil in Unterhaltssachen
Leitsatz (amtlich)
In Unterhaltssachen darf ein den streitgegenständlichen Anspruch in zeitlicher Hinsicht nicht erschöpfendes Teilurteil nicht ergehen, wenn die für die Entscheidung über den durch das Teilurteil erfassten Zeitraum zu beantwortenden Rechts- oder Tatfragen auch für die noch ausstehenden Unterhaltsansprüche Relevanz besitzen.
Normenkette
ZPO § 301 Abs. 1
Verfahrensgang
AG Merzig (Urteil vom 04.05.2005; Aktenzeichen 20 F 655/03 UK) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das am 4.5.2005 verkündete Teilurteil des AG - FamG - in Merzig - 20 F 655/03 UK - aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung
- auch über die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens - an das AG - FamG - in Merzig zurückverwiesen.
2. Gerichtskosten des Berufungsverfahrens werden nicht erhoben.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
I. Die Kläger sind aus der seit dem 30.7.2003 rechtskräftig geschiedenen Ehe der Beklagten und ihres gesetzlichen Vertreters, in dessen Haushalt sie leben, hervorgegangen.
Die am. August 1964 geborene Beklagte ist ausgebildete Einzelhandelskauffrau und Altenpflegerin. Während der Ehe war sie in einem Fitness-Studio als Aushilfskraft tätig. Im Februar 2003 erlitt sie bei einem Unfall einen Bruch des 12. Brustwirbels und musste stationär behandelt werden. Ab dem 1.8.2003 war sie auf Grund eines bis zum 31.7.2004 befristeten Arbeitsvertrages als Altenpflegerin in einem Kinderdorf vollschichtig beschäftigt; das monatliche Nettoeinkommen belief sich auf 986,96 EUR. Ab dem 16.10.2003 war sie arbeitsunfähig erkrankt und ab dem 27.11.2003 bezog sie Krankengeld. Vom 4.3.2004 bis zum 8.4.2004 nahm sie an einer teilstationären Reha-Maßnahme und vom 11. bis 19.10.2004 an einer Berufsförderungsmaßnahme teil. Ab Februar 2005 absolvierte die Beklagte, die ab dem 13.8.2004 Arbeitslosengeld bzw. Arbeitslosengeld II bezieht, eine 6-wöchige Berufsfindungsmaßnahme. Außerdem hat die Beklagte Zahlungen auf Darlehen zu leisten.
Mit ihrer am 23.9.2003 eingereichten Klage haben die Kläger die Beklagte auf Zahlung von Kindesunterhalt ab August 2003 i.H.v. monatlich 284 EUR und 241 EUR in Anspruch genommen. Sie haben vorgetragen, dass die Beklagte keinen Erwerbseinschränkungen unterliege und daher bei gehöriger Anstrengung in der Lage sei, für die Kläger den Mindestunterhalt zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat vorgetragen, nicht leistungsfähig zu sein. Sie wolle ab September 2005 eine Umschulung zur Kauffrau in der Bürokommunikation beginnen. Der gesetzliche Vertreter der Kläger habe der Beklagten zugesagt, im Hinblick auf ihre beabsichtigte Berufsausbildung vorerst keine Unterhaltsansprüche geltend machen zu wollen. Außerdem müsse berücksichtigt werden, dass für den Kläger zu 2) Leistungen nach den Unterhaltsvorschussgesetz (UVG) gewährt worden seien.
Das FamG hat in dem angefochtenen Teilurteil, auf das Bezug genommen wird, die Beklagte verurteilt, ab Mai 2005 monatlich 80 EUR an den Kläger zu 1) und 68 EUR an den Kläger zu 2) zu zahlen; im Übrigen hat es die Klage für die Zeit ab Mai 2005 abgewiesen.
Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung, mit der sie ihren erstinstanzlichen Klageabweisungsantrag weiter verfolgt. Sie trägt vor, dass die beabsichtigten Umschulungsmaßnahmen sinnvoll und auf Grund ihres angegriffenen Gesundheitszustands notwendig seien. Im Übrigen sei sie wegen einer Medikamentenabhängigkeit vom 18.7. bis zum 7.11.2005 in der Fachklinik stationär behandelt worden.
Die Kläger beantragen, die Berufung zurückzuweisen; sie verteidigen das angefochtene Urteil.
II. Die zulässige Berufung hat einen vorläufigen Erfolg und führt zur Aufhebung des angefochtenen Teilurteils sowie zur Zurückverweisung der Sache an das FamG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung.
Das FamG hat verfahrensfehlerhaft durch ein unzulässiges Teilurteil entschieden. Nach § 301 ZPO ist eine Entscheidung durch Teilurteil u.a. dann vorgesehen, wenn nur ein Anspruch von mehreren oder ein Teil eines Anspruchs zur Entscheidung reif ist. Dies erfordert neben der Teilbarkeit des Streitgegenstandes, dass durch die abgetrennte Entscheidung nicht die Möglichkeit widerstreitender Entscheidungen eröffnet wird. Diese Voraussetzung ist im Streitfall indes nicht erfüllt. Denn die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen besteht schon dann, wenn bestimmte Tatsachen- oder Rechtsfragen sowohl für den vom Teilurteil erfassten Zeitabschnitt als auch für den noch zu behandelnden Zeitraum erheblich sind, da im Rahmen des § 301 Abs. 1 ZPO eine unterschiedliche Beurteilung von entscheidungsrelevanten Fragen innerhalb eines Verfahrens gerade vermieden werden soll (BGH v. 26.9.1996 - X ZR 48/95, MDR 1997, 593 = NJW 1997, 453 [455], m. w. N; OLG Nürnberg v. 25.11.2002 - 10 UF 2470/02, MDR 2003, 219 = OLGReport Nürnberg 2003, 145; Götsche, MDR 2005, 1086).
So liegt der Fall hier. Ob und in wel...