Leitsatz (amtlich)
1) Leistet ein Drittschuldner an den späteren Insolvenzschuldner, obwohl das Insolvenzgericht einen Zustimmungsvorbehalt nach § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 InsO angeordnet und der vorläufige Insolvenzverwalter dieser Leistung an den Insolvenzschuldner nicht zugestimmt hat, war der Insolvenzschuldner zur Annahme der Leistung nicht mehr berechtigt im Sinne des § 816 Abs. 2 BGB. In der Erhebung der Klage auf Herausgabe der empfangenen Leistung durch den Insolvenzverwalter gegen den Insolvenzschuldner nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens kann eine Genehmigung der Annahme der Leistung liegen, die diese wirksam werden lässt.
2) Zur Geltendmachung des Anspruchs auf Herausgabe des Geleisteten gegen den Insolvenzschuldner ist der Insolvenzverwalter nach § 80 InsO aktivlegitimiert.
3) Der Insolvenzverwalter ist prozessführungsbefugt, da er den Anspruch für die Insolvenzmasse geltend macht. Der Klage fehlt auch nicht das Rechtsschutzbedürfnis, wenn auf das insolvenzfreie Vermögen des Insolvenzschuldners zugegriffen werden soll.
Normenkette
BGB § 816 Abs. 2; InsO § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 2, § 24 Abs. 1, §§ 80-81
Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth (Aktenzeichen 19 O 4671/22) |
Tenor
1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 03.03.2023, Az. 19 O 4671/22, wird zurückgewiesen.
2. Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Dieses Urteil sowie das vorbezeichnete Endurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet
4. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 12.350,58 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Kläger begehrt als Insolvenzverwalter über das Vermögen des Beklagten von diesem die Rückzahlung vereinnahmter Gewinne aus einer gewerblichen Untervermietung für den Zeitraum der gegen den Beklagten angeordneten vorläufigen Insolvenzverwaltung.
Mit Beschluss des Amtsgerichts - Insolvenzgerichts - Fürth vom 27.11.2019 wurde über das Vermögen des Beklagten das Insolvenzverfahren eröffnet und Rechtsanwalt Dr. D. zum Insolvenzverwalter bestellt. Mit Beschluss vom 27.05.2021 wurde dieser auf eigenen Antrag entlassen und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt.
Bereits vor der Insolvenzeröffnung war zur Sicherung des Schuldnervermögens vor nachteiligen Veränderungen mit Beschluss des Amtsgerichts - Insolvenzgerichts - Fürth vom 05.08.2019 die vorläufige Insolvenzverwaltung angeordnet und Rechtsanwalt Dr. D. zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt worden. In dem Beschluss war u.a. angeordnet worden, dass der vorläufige Insolvenzverwalter ermächtigt wird, insbesondere Forderungen des Schuldners auf ein von ihm zu errichtendes Treuhandkonto einzuziehen, und dass Drittschuldner nur an den vorläufigen Insolvenzverwalter leisten dürfen, es sei denn, dieser stimmt der Leistung an den Schuldner zu. Weiterhin hatte das Insolvenzgericht gemäß § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 Alt. 2 InsO angeordnet, dass Verfügungen des Schuldners nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam sind, und dass unter diese Anordnung auch die Einziehung von Außenständen fällt.
Der Beklagte vermietet unter der Bezeichnung "SE." ein Anwesen in Schweinfurt berechtigt gewerblich unter. Während des Zeitraums der vorläufigen Insolvenzverwaltung erzielte er dadurch Einnahmen in Höhe von 22.550,01 Euro brutto. Ausgaben entstanden in Höhe von 8.699,35 Euro.
Obwohl der Beklagte von der Anordnung der vorläufigen Insolvenzverwaltung und dem angeordneten Zustimmungsvorbehalt wusste, teilte er die Einkünfte aus gewerblicher Untervermietung zunächst dem Insolvenzverwalter nicht mit.
Die Erstattung der Differenz von Einnahmen und Ausgaben abzüglich der vom Beklagten am 04.01.2021 zur Insolvenzmasse geleisteten Zahlung über 1.500 Euro, damit 12.350,58 Euro brutto, macht der Kläger nun mit der Klage geltend.
Die gewerbliche Untervermietung als selbständige Tätigkeit des Beklagten wurde vom Insolvenzverwalter für die Zeit ab 01.01.2020 aus dem Insolvenzbeschlag freigegeben. Einkünfte aus der Zeit vor dem 01.01.2020 waren davon ausdrücklich ausgenommen. Weiterhin wurde mit Schreiben vom 20.05.2020 die selbständige Tätigkeit des Beklagten als Transportunternehmer und mit Schreiben vom 06.10.2020 die selbständige Tätigkeit des Beklagten als Fliesenleger freigegeben. Seit dem 01.06.2020 ist der Schuldner außerdem bei der Fa. C. UG, Nürnberg, als Kraftfahrer, Prokurist und Verkehrsleiter beschäftigt.
Der Kläger ist der Meinung, er habe spätestens mit Klageerhebung die Einziehung der Untermieten durch den Beklagten konkludent genehmigt. Der Beklagte als Nichtberechtigter sei daher dem Kläger als Berechtigtem zur Herausgabe des Geleisteten nach § 816 Abs. 2 BGB verpflichtet. Er, de...