Entscheidungsstichwort (Thema)
Prüfung des Architekten auf Genehmigungsfähigkeit des Bauvorhabens
Leitsatz (amtlich)
Ein mit der Bauplanung beauftragter Architekt hat bereits bei der Grundlagenermittlung zu prüfen, ob das Bauvorhaben grundsätzlich genehmigungsfähig ist. Eine Verletzung dieser Pflicht kann eine außerordentliche Kündigung des Architektenvertrags rechtfertigen und dazu führen, dass der Architekt auch für die erbrachten Leistungen keine Vergütung erhält.
Normenkette
BGB §§ 314, 631, 633
Verfahrensgang
LG Regensburg (Urteil vom 17.12.2004; Aktenzeichen 1 O 948/04) |
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des LG Regensburg vom 17.12.2004 wird zurückgewiesen.
II. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Beschluss:
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 362.277,55 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Parteien streiten um Architektenhonoraransprüche nach außerordentlicher Kündigung des Auftragsverhältnisses durch den Auftraggeber.
Im September 2002 erbte die Beklagte das mit einem Wohnkomplex, bestehend aus zwei zusammengebauten Wohnhäusern, und einer Lagerhalle bebaute Grundstück in der B.2 in R. Dieses liegt bauplanungsrechtlich in einem Industriegebiet. In einem solchen Gebiet kann gem. § 9 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO eine Wohnbebauung nur dann genehmigt werden, wenn die Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen oder für Betriebsinhaber und Betriebsleiter bestimmt sind, dem Gewerbebetrieb zugeordnet und ihm ggü. in Grundfläche und Baumasse untergeordnet sind.
Im November 2002 wandte sich die Beklagte an die Klägerin, damit diese den Wohnkomplex für ihre Wohnbedürfnisse umplane. Auf Bitte des Geschäftsführers der Klägerin übergab die Beklagte diesem einige Wochen später die ursprüngliche Baugenehmigung, aus der sich ergab, dass diese aufgrund einer auflösenden Bedingung wegfällt, wenn das Wohnhaus nicht mehr für den Betriebsinhaber als Betriebswohnung genutzt wird. Zum damaligen Zeitpunkt führte die Beklagte auf dem Grundstück keinen Betrieb. Die Lagerhalle war vielmehr an die Firma L.F. als Auslieferungslager vermietet. Dieses Mietverhältnis endete zum 31.12.2002. Da die Halle bei Beginn der Planungsarbeiten im November 2002 noch genutzt wurde, sah die Klägerin keine Veranlassung dazu abzuklären, ob und welchen Betrieb die Beklagte auf dem Grundstück führt.
Ende 2002/Anfang 2003 erstellte die Klägerin die Entwurfsplanung und begann mit der Genehmigungsplanung.
Erstmals am 13.2.2003 sprach die Mitarbeiterin der Klägerin, die Zeugin L.K., bei der Gemeinde R. vor. Herr L. vom Bauamt wies u.a. darauf hin, dass im Hinblick auf § 9 BauNVO sicherzustellen sei, dass der Bauherr Betriebsinhaber bzw. Betriebsleiter oder Aufsichtspersonal der sich auf dem Grundstück befindlichen Gewerbehalle sei; auch müsse darauf geachtet werden, dass die Wohnnutzung der Industrienutzung untergeordnet sei. Er riet, dies mit dem für die Erteilung der Genehmigung zuständigen Landratsamt abzuklären und evtl. eine Bauvoranfrage zu machen. Hiervon sah man ab, erstellte die Genehmigungsplanung und reichte den Bauantrag im April 2003 ein.
Anfang 2003 legte die Klägerin der Beklagten ein Honorarangebot über einen Architektenvertrag hinsichtlich des Bauvorhabens vor. Nach weiteren Verhandlungen unterzeichnete die Beklagte am 25.5.2003 einen "Vertrag über Bauplanungsarbeiten". Darin übernahm die Klägerin die Architektengrundleistungen der Leistungsphasen 1 bis 9 nach § 15 HOAI sowie die Leistungen für die Tragwerksplanung, die technische Ausrüstung und die landschaftsgärtnerische Planung.
Die Klägerin setzte ihre Arbeit fort, erstellte zum größten Teil die Ausführungsplanung und begann mit den Leistungsphasen 6, 7 und 8.
Da die Beklagte auf dem Grundstück als Gewerbebetrieb lediglich einen Imbisswagen angemeldet hatte und deshalb die Baugenehmigungsvoraussetzungen gem. § 9 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO nicht erfüllt waren, wurde die Beklagte vom Landratsamt R. mit Schreiben vom 4.6.2003 vorgeladen.
Die Beklagte nahm diesen Termin nicht wahr und ließ sich von Frau L.-K. vertreten. Nach dem Besprechungstermin vom 17.6.2003 wurde dem Landratsamt zum Nachweis der Betriebsinhaberschaft der Beklagten ein neuer Vertrag über die Vermietung der Lagerhalle vorgelegt. Am 11.7.2003 teilte das Landratsamt der Klägerin mit, dass die Beklagte selbst Inhaberin des Gewerbes sein müsse und eine Verpachtung der Halle nicht ausreiche. Mit Schreiben vom 15.7.2003 bat die Klägerin die Beklagte, die Voraussetzungen der Betriebsinhaberschaft mit einem Juristen abzuklären. Daraufhin konsultierte die Beklagte ihren jetzigen Prozessbevollmächtigten und ließ durch diesen mit Schreiben vom 21.7.2003, das die Klägerin am 22.7.2003 erhielt, den Vertrag über Bauplanungsarbeiten vom 15.3./25.5.2003 fristlos kündig...