Leitsatz (amtlich)
Rechtsfolge der unterbliebenen unverzüglichen Anzeige nach § 27 Abs. 2 VVG ist gem. § 28 Abs. 1 VVG die Leistungsfreiheit der Beklagten.
Normenkette
VVG § 23 ff.
Verfahrensgang
LG Weiden i.d.OPf. (Aktenzeichen 1 O 784/01) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Endurteil des LG Weiden vom 15.11.2001 abgeändert und die Klage abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung von 5.500 Euro abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Den Parteien wird gestattet, die Sicherheitsleistung auch durch selbstschuldnerische Bürgschaft eines in der Europäischen Union zum Garantiegeschäft zugelassenen Kreditinstituts zu erbringen.
Beschluss:
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 34.272,92 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Die Parteien streiten um einen Leistungsanspruch aus einer Fahrzeugversicherung wegen des von der Klägerin behaupteten Diebstahls eines Pkw BMW 740 iA in P. am 13.6.2000.
Das bei der Beklagten mit einer Selbstbeteiligung von 300 DM teilkaskoversicherte Fahrzeug war ursprünglich mit vier Schlüsseln ausgestattet: zwei Hauptschlüssel mit Fernbedienung, ein Werkstattschlüssel und ein sog. Portemonnaie-Schlüssel. Einer der Geschäftsführer der Klägerin, Herr R.L., bewahrte den Portemonnaie-Schlüssel zeitweise in einer Geldbörse, aber auch in der Kasse der von der Klägerin betriebenen Gaststätte in der M.-R.-H. in W. auf. Die Kasse war regelmäßig unversperrt; in der Gaststätte waren zahlreiche Mitarbeiter beschäftigt, die Zugriff zur Kasse mit dem dort befindlichen Portemonnaie-Schlüssel hatten. Zu einem unbekannten Zeitpunkt vor dem 19.8.1999 verschwand der Portemonnaie-Schlüssel auf nicht geklärte Weise, woraufhin der Geschäftsführer der Klägerin sogleich beim Hersteller des Fahrzeugs einen Original-Ersatzschlüssel bestellte und erhielt.
Der Verlust des Portemonnaie-Schlüssels, mit dem ein Öffnen und Wegfahren des Fahrzeugs möglich war, wurde der Beklagten nicht mitgeteilt; erst durch die Anhörung des Geschäftsführers der Klägerin im Termin vom 15.11.2001 erfuhr die Beklagte hiervon.
Das LG hat der auf Zahlung von 67.032,78 DM gerichteten Klage stattgegeben, weil das „äußere Bild” einer Entwendung erwiesen, von der erheblichen Wahrscheinlichkeit der Vortäuschung des Diebstahls hingegen nicht auszugehen sei. Zudem seien die Voraussetzungen der Leistungsfreiheit wegen Verletzung einer Obliegenheitsverpflichtung nicht gegeben.
Wegen der Einzelheiten von Tatbestand und Entscheidungsgründen wird auf das landgerichtliche Urteil Bezug genommen.
Gegen dieses ihr am 3.12.2001 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 21.12.2001 Berufung eingelegt und diese am 21.1.2002 mit dem Antrag, die erstgerichtliche Entscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen, begründet.
Die Beklagte trägt hierzu im Wesentlichen vor, dass die Entwendung nicht bewiesen sei. Auffallend sei, dass mit dem in M. (zunächst) wieder aufgefundenen Fahrzeug die Original-Fahrzeugschlüssel vorgefunden wurden, Aufbruchspuren hingegen nicht vorhanden waren. Andererseits weise der sog. Portemonnaie-Schlüssel charakteristische Duplizierspuren auf. Neben der Verletzung von Obliegenheiten nach § 7 Abs. 1 AKB sei der Klägerin insb. anzulasten, dass sie der Beklagten das Abhandenkommen eines Schlüssels nicht mitgeteilt und deshalb eine Gefahrerhöhung geschaffen habe. Sie, die Beklagte, hätte bei Kenntnis den Vertrag beendet, es sei denn, die Schlösser des Fahrzeugs wären ausgetauscht worden.
Die Klägerin beantragt, die Berufung aus den zutreffenden Gründen des landgerichtlichen Urteils zurückzuweisen. Sie bestreite, dass die Beklagte bei Kenntnis vom Verlust eines Originalschlüssels den Vertrag beendet hätte.
Die Klägerin behauptet, das sich in R. befindliche Fahrzeug sei ohne den verloren gegangenen Portemonnaie-Schlüssel entwendet worden und bietet hierfür Beweis an durch Erholung eines Sachverständigengutachtens.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Vorbringen der Parteien im Berufungsverfahren Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I. In Übereinstimmung mit dem Erstgericht geht der Senat davon aus, dass die Klägerin beweisen konnte, dass das Fahrzeug am 13.6.2000 in P. gestohlen wurde. Auch liegt der Klägerin keine Obliegenheitsverletzung zur Last, indem sie bei der Aufklärung des Sachverhalts nicht oder verspätet mitwirkte. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Die Beklagte ist aber leistungsfrei nach den §§ 28 Abs. 1, 27 Abs. 2 VVG:
1. Der Verlust des Portemonnaie-Schlüssels stellt eine Gefahrerhöhung in der Teilkaskoversicherung i.S.d. §§ 23 ff. VVG dar, weil hierdurch das versicherte Risiko des Diebstahls dauerhaft gesteigert wird (Römer/Langheid, VVG, 1997, §§ 23–25 VVG Rz. 14, 50; Prölss/Martin, VVG, 26. Aufl., § 23 VVG Rz. 11, 29 m.w.N.). Da der Verlust des Schlüssels u...