Leitsatz (amtlich)
1. Verlangt eine Bank die Rückzahlung eines gekündigten Verbraucherdarlehens, geben die schlichten Rollen der Parteien für sich genommen keinen Anlass, unter dem Gesichtspunkt einer besonderen Schutzbedürftigkeit des Schuldners die Anforderungen an die Annahme einer Verwirkung abzusenken.
2. Auch während der langjährigen Hemmung der Verjährung gem. § 497 Abs. 3 Satz 3 BGB kann die Bank ihren Rückzahlungsanspruch nicht allein dadurch verwirken, dass sie den über die Aufrechterhaltung der Forderung informierten Schuldner später nicht erneut an seine Zahlungspflicht erinnert.
Normenkette
BGB §§ 242, 497 Abs. 3 S. 3
Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth (Urteil vom 30.09.2013; Aktenzeichen 6 O 2832/12) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des LG Nürnberg-Fürth vom 30.9.2013 abgeändert.
II. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 10.533,31 EUR nebst Zinsen aus 7.197,92 EUR i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26.3.2011 zu bezahlen.
III. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 7.197,92 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die klagende Bank verfolgt einen Rückzahlungsanspruch aus einem Darlehensvertrag.
Im April 2000 nahm der Beklagte bei der Klägerin zur Finanzierung einer Kapitalanlage ein Annuitätendarlehen i.H.v. (umgerechnet) 18.437,19 EUR auf. Mit Schreiben vom 16.6.2004 kündigte die Klägerin den Vertrag wegen aufgelaufener Zahlungsrückstände und verlangte den Ausgleich des offenen Saldos (19.929,09 EUR) binnen Monatsfrist.
Die Verwertung der gestellten Sicherheit erbrachte 12.731,17 EUR, worüber die Klägerin den Beklagten mit Schreiben vom 28.9.2004 informierte. Darin hieß es weiter: "Die Höhe der Forderung beträgt gemäß beigefügter Abrechnung per 28.9.2004 EUR 7.451,58. Hinzu kommen Tageszinsen i.H.v. EUR 1,2684 ab 28.9.2004. Wir bitten um Mitteilung bis zum 10.10.2004, wie Sie sich die Tilgung dieser Restforderung vorstellen". Der Beklagte reagierte hierauf nicht.
Auf Antrag der Klägerin vom 9.4.2011 erging ein Mahnbescheid über eine Hauptforderung von 10.533,31 EUR (einschließlich ausgerechneter Zinsen bis zum 25.3.2011), gegen den der Beklagte fristgerecht Widerspruch einlegte. Die mit gerichtlicher Verfügung vom 28.4.2011 bezifferten Kosten für die Durchführung des streitigen Verfahrens zahlte die Klägerin am 22.3.2012 ein. Nach Eingang der Akten forderte das Streitgericht die Klägerin mit Verfügung vom 12.4.2012 auf, ihren Anspruch zu begründen. Dies geschah mit Schriftsatz vom 9.10.2012.
Wegen der Einzelheiten des unstreitigen Sachverhalts, des erstinstanzlichen Parteivorbringens und der dort gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des Endurteils des LG Nürnberg Fürth vom 30.9.2013 Bezug genommen. Mit diesem Urteil ist die Klage abgewiesen worden. Hiergegen hat die Klägerin Berufung eingelegt.
Die Klägerin verfolgt ihr erstinstanzliches Ziel weiter. Sie wendet sich gegen die Annahme des LG, der Rückzahlungsanspruch sei verwirkt.
Die Klägerin beantragt:
1. Das Urteil des LG Nürnberg-Fürth vom 30.9.2013 zu Az. 6 O 2832/12 wird aufgehoben.
2. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 10.533,31 nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über Basis p. a. aus EUR 7.197,92 zu bezahlen seit dem 26.3.2011.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil als zutreffend.
Wegen der Einzelheiten zum Sach- und Streitstand in der Berufungsinstanz wird auf die gewechselten Schriftsätze und die Sitzungsniederschrift vom 23.6.2014 Bezug genommen.
II. Die zulässige Berufung ist begründet. Die Klägerin kann ihren in Entstehung und Höhe unstreitigen Anspruch noch immer geltend machen und durchsetzen. Insbesondere ist entgegen der Auffassung des LG nicht von einer Verwirkung auszugehen.
1. Die Klägerin hat gegen den Beklagten infolge der Kündigung des Darlehensvertrags einen Anspruch auf Zahlung von 10.533,31 EUR. Diese Summe setzt sich zusammen aus einem Teilbetrag von 7.197,92 EUR, der nach erfolgter Verrechnung des Erlöses aus der Sicherheitenverwertung auf die noch geschuldete Tilgung entfällt, sowie einem Teilbetrag von 3.335,39 EUR, der an ausgerechneten Verzugszinsen für den Zeitraum bis zum 25.3.2011 geltend gemacht wird. Hinzu treten die verlangten weiteren Verzugs- bzw. Prozesszinsen (aus dem erstgenannten Teilbetrag) für den Zeitraum ab dem 26.3.2011. Die Richtigkeit der detaillierten Forderungsaufstellung, die die Klägerin auf den gerichtlichen Hinweis vom 7.11.2012 hin nachgereicht hat, ist vom Beklagten nicht (mehr) in Abrede gestellt worden.
2. Der Weiterverfolgung und Durchsetzung des Anspruchs stehen keine rechtsvernichtenden oder rechtshemmenden Einwendungen entgegen.
a) Ohne Erfolg - wie schon vom LG festgestellt - erhebt der Beklagte die Einrede der Verjährung. Die Verjährung des Anspruchs der Klägerin auf Darlehensrückzahlung und Zinsen war vom Eintritt des Verzugs an...