Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth (Urteil vom 26.09.1995; Aktenzeichen 5 O 264/94) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Endurteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 26. September 1995 aufgehoben.
II. Der Klageanspruch ist dem Grunde nach gegeben.
III. Die weitergehende Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
IV. Die Sache wird zur (weiteren) Verhandlung und Entscheidung über die Höhe des Anspruchs sowie über die Kosten des Berufungsverfahrens an das Landgericht Nürnberg-Fürth zurückverwiesen.
V. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
VI. Der Wert der Beschwer (für beide Parteien) wird auf 2.731.826,50 DM festgesetzt.
Beschluß:
Der Streitwert für das Berufungsverfahren beträgt
2.731.826,50 DM.
Tatbestand
Die Klägerin fordert von der Beklagten Schadensersatz wegen Nichtausführung eines Werkvertrages, zu dem ihr die Klägerin mit Schreiben vom 10. August 1990 den Auftrag erteilt hatte.
Im Mai 1990 schrieb die Klägerin (und Widerbeklagte; im folgenden: Klägerin), vertreten durch die Autobahndirektion N. den Umbau der Saalebrücke, BW 176 c der BAB A 72, H. – Landesgrenze S., öffentlich aus, wobei eine Bindefrist bis zum 14. August 1990 bestimmt war. Die Beklagte (und Widerklägerin; im folgenden: Beklagte) schloß sich mit der seinerzeit selbständigen und nunmehr in der Beklagten aufgegangenen H. + W. Hoch- und Tiefbau GmbH, P. zu einer Bieter- und Arbeitsgemeinschaft zusammen und reichte ein Angebot ein, welches zu Position 18 des Leistungsverzeichnisses („Lehrgerüste, Freiverbaukonstruktion” = Bl. 21 d. LV) unter Aufgliederung in einzelne Unterpositionen einen Gesamtbetrag von 622.738,90 DM enthielt.
Die Gesamtsumme des Angebots der Beklagten (mit Datum 19. Juni 1990) betrug 23.709.036,49 DM (Bl. 63 d. LV).
Mit Schreiben vom 19. Juni 1990 bot die Beklagte „nach nochmaliger Überprüfung unserer Kalkulation” einen „Nachlaß” auf die Gesamtsumme von 1,75 % an (Anlage K 4).
Die Eröffnung der zu der Ausschreibung, die nach den Regelungen der VOB/A erfolgte, eingegangenen Angebote wurde am 20. Juni 1990 vorgenommen. Das Ergebnis, nach dem die Beklagte von den anbietenden Firmen das zweitniedrigste Angebot abgegeben hatte, wurde den anbietenden Firmen, so auch der Beklagten, bekanntgegeben. Die Gesamtsumme des billigsten Angebotes betrug 19.574.353,70 DM, die des drittbilligsten Angebotes 24.348.337,39 DM, die des teuersten Angebotes 42.832.723,64 DM.
Mit Schreiben vom 3. Juli 1990 (Anlage K 5) teilte die Beklagte der Klägerin folgendes mit:
„Wir haben für das Bauvorhaben BW 175 c, Saalebrücke, Umbau und Fahrbahnverbreiterung BAB A 722 P. -H. ein Angebot abgegeben. Bei dem Eröffnungstermin am 20.06.90 lagen wir an zweiter Stelle mit einem beträchtlichen Abstand von ca. DM 4 Mio zum günstigsten Bieter.
Gleichwohl fordern Sie von uns nunmehr eine Referenzliste über Brückenbauwerke an, die wir in jüngster Vergangenheit ausgeführt haben. Daraus schließen wir, daß Sie beabsichtigen, mit uns in Auftragsverhandlungen zu treten. Es ist uns zwar sehr unangenehm, doch müssen wir Sie darauf hinweisen, daß unser Angebot in der abgegebenen Form nicht aufrechterhalten werden kann.
Unter der Ordnungszahl 1.18 waren die Preise für Lehrgerüste anzugeben. In unserem Hause wurden die Kosten für diese umfangreichen Pauschalen wegen der kurzen Bearbeitungszeit von zwei Kalkulatoren ermittelt. Der eine wurde beauftragt, die Kosten für Antransport, erstmalige Montage, Vorhaltung während der Bauzeit, für Demontage und für den Rücktransport zu ermitteln. Der andere Kalkulator sollte die Kosten für das Umsetzen des Lehrgerüsts und für die Fundierungsarbeiten des Gerüstes ermitteln. Infolge der Eile, der kurzen Bearbeitungszeit und durch ein Versehen des Sachbearbeiters an der EDV-Eingabe fanden nur letztere Kosten (Umsetzen des Gerüsts usw.) Eingang in das Angebot. Dementsprechend ergibt sich hieraus ein Differenzbetrag von netto DM 1.706.108,–. Bei einem Vergleich der abgegebenen Angebote werden Sie vermutlich unschwer die Richtigkeit unserer Ausführungen feststellen können. Selbstverständlich sind wir auch in der Lage, die jeweiligen Kalkulationsunterlagen vorzulegen.
Während diese unrichtigen Zahlen im Angebot alleine von uns zu vertreten sind, haben wir auf die nachfolgend wiedergegebene Änderung keinen Einfluß:
Wie wir aus der … Zeitung vom 30.06./01.07.90 entnehmen mußten, haben sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber im ersten frei vereinbarten Tarifvertrag in der Bauindustrie der DDR auf Löhne und Gehälter geeinigt, die zwischen 55 und 72 % der Einkommen in der bundesdeutschen Bauindustrie betragen. Nach Mitteilung der IG Bau-S.-E. läuft dieser Vertrag vom 01.07.90 bis 31.10.90 (vgl. beiliegende Kopie des Zeitungsausschnitts).
Unser Angebot beruhte in wesentlichen Leistungsteilen auf der Zusammenarbeit mit dem VEB Baumontagekombinat Süd aus Z. Die uns angebotenen Lohnsätze wurden von uns zur gemeinsamen Bildung eines Mittellohns herangezogen. Hierbei wurde vorausgesetzt, daß sich das Lohnniveau der DDR bis zum Bauende auf 85 % des...