Leitsatz (amtlich)
Der grundsätzlich dem Arzt obliegende Nachweis des Verständnisses der erfolgten Aufklärung eines fremdsprachigen Patienten kann auch durch Art und Umfang dessen eigener Angaben zu Erkrankung und Vorerkrankungen geführt werden; die Qualität des Sprachverständnisses ist keine Tatsachenfeststellung, sondern eine Wertung und deshalb einem Zeugenbeweis nicht zugänglich.
Normenkette
BGB §§ 833, 847
Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth (Aktenzeichen 4 O 8004/97) |
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des LG Nürnberg-Fürth vom 16.12.1999 – 4 O 8004/97, wird zurückgewiesen.
II. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 10.000 DM abwenden, falls nicht die Beklagten in gleicher Höhe Sicherheit leisten.
IV. Der Wert der Beschwer für die Klägerin beträgt 99.254,46 DM.
Beschluss:
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 99.254,46 DM festgesetzt.
Tatbestand
Die Klägerin macht wegen behaupteter Folgen einer im Klinikum der Beklagten zu 1) durchgeführten, nach ihrer Darstellung fehlerhaften ärztlichen Behandlung Schmerzensgeld- und Schadensersatzansprüche geltend.
Die Klägerin begab sich am 9.8.1994 in das Klinikum, um wegen gynäkologischer Beschwerden eine Laparoskopie vornehmen zu lassen. Nach eingehender Untersuchung am 11.8. fand am 12.8. ein Aufklärungsgespräch statt. Am Morgen des 15.8. wurde die Laparoskopie in Intubationsnarkose durchgeführt, jedoch auf eine Laparotomie ausgeweitet. Gegen 12.30 Uhr war der Eingriff beendet. Am Nachmittag des gleichen Tages kam es aufgrund starker innerer Blutungen zu einer Verschlechterung des Zustands der Klägerin, der die Ärzte veranlasste, noch am Abend einen Revisionseingriff, ebenfalls in Intubationsnarkose, vorzunehmen. Am frühen Morgen des folgenden Tages wurde sie auf die Intensivstation zurückverlegt.
Als sich im weiteren Verlauf ein Halsemphysem entwickelte, kam es am 16.8. zu einem dritten in Intubationsnarkose durchgeführten Eingriff, bei dem der Hals geöffnet und mit Ösophagoskopie und Mediastinoskopie nach den Ursachen des Emphysems geforscht wurde, dies zunächst ohne Erfolg. Bei einer ebenfalls durchgeführten Tracheoskopie stellten die Ärzte jedoch einen ca. einen Zentimeter langen Schleimhauteinriss fest, dem mit einer Umtubierung begegnet wurde. Die Klägerin wurde danach wieder auf die Intensivstation zurückverlegt.
Dort kam es schließlich im Laufe der Intensivbehandlung zu einem ARDS (akutes Lungenversagen).
Die Beklagte zu 2) war als Anästhesistin bei dem Revisionseingriff am 15.8. beteiligt, der Beklagte zu 3) nahm die gynäkologischen Eingriffe vor und der Beklagte zu 4) den dritten Eingriff am 16.8. zum Zwecke des Auffindens der Ursache des Halsemphysems.
Die Klägerin hat erstinstanzlich geltend gemacht, sie habe lediglich in eine Laparoskopie, nicht jedoch in einen erweiterten Eingriff, eine Laparotomie eingewilligt und auch nicht in den dritten Eingriff am 16.8. Die Belehrung am 12.8. habe sie als Italienerin nicht verstanden. Bei der Intubation anlässlich des Revisonseingriffs sei es schließlich durch Verwendung eines nicht mehr gebräuchlichen Führungsstabes zu einer Perforation der Luftröhre und zu einer Fistelbildung zwischen Luft- und Speiseröhre gekommen, nach der anlässlich des dritten Eingriffs nicht ausreichend gesucht worden sei und die schließlich zu dem schwerwiegenden Lungenversagen geführt habe. Sie sei deswegen arbeitsunfähig geworden und leide heute noch an schweren körperlichen und psychischen Schäden.
Die Beklagten haben entgegnet, eine Verständigung mit der Klägerin sei durchaus gut möglich gewesen. Über eine uunter Umständen notwendige Erweiterung des Eingriffs und einer möglichen Eierstocksentfernung sei sie aufgeklärt worden; sie sei hiermit einverstanden gewesen. Keinesfalls sei es auch zu einer Perforation der Luftröhre und dem Entstehen einer ösophago-trachealen Fistel gekommen; das Lungenversagen sei hierauf nicht zurückzuführen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Parteivortrags wird auf die erstinstanzlich gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Das LG hat die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakten beigezogen und, sachverständig beraten, die Klage abgewiesen und hierzu im Wesentlichen ausgeführt:
Die Klägerin sei, wie aus ihrer schriftlichen Einwilligungserklärung hervorgehe, über eine eventuell notwendige Ausweitung des vorgesehenen Eingriffs und die dabei vorgesehenen Maßnahmen und Risiken aufgeklärt worden. Der Sachverständige T. habe überzeugend dargelegt, dass es (lediglich) zu einem Schleimhauteinriss, nicht aber zu einer ösophago-trachealen Fistel gekommen sei. Als Ursache des Lungenversagens komme ein durch die schwere Blutung nach dem ersten Eingriff bedingter Schockzustand in Betracht. Dieser sei rechtzeitig erkannt und adäquat behandelt worden.
Behandlungsfehler seien nicht nachgewiesen.
Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe Bezug gen...