Leitsatz (amtlich)
1. Bei der Genehmigungsentscheidung nach §§ 2 Abs. 1, 9 GrdstVG sind neben der Förderung der Eigenlandausstattung von Land- und Forstwirten gleichrangig auch andere Maßnahmen der Agrarstrukturverbesserung zu beachten, wie z.B. Maßnahmen des Umwelt- und Naturschutzes oder sonstige andere Ziele, die für den ländlichen Raum relevant sind. Auch volkswirtschaftliche Belange sind nach § 9 Abs. 6 GrdstVG gleichrangig zu berücksichtigen.
2. Zu den volkswirtschaftlichen Belangen gehört auch das Interesse der Allgemeinheit an der Sicherung der Energieversorgung. Ein Landerwerb, der dazu dienen soll, einem Energieversorger die Anlage eines unterirdischen Erdgasspeichers zu ermöglichen oder die in der Genehmigung dieser Anlage vorgesehenen Ausgleichsflächen zu beschaffen, kann danach als volkswirtschaftlicher Belang beachtlich sein und trotz Vorhandenseins aufstockungsbedürftiger Landwirte die Erteilung der Grundstücksverkehrsgenehmigung nach §§ 2 Abs. 1, 9 Abs. 1, Abs. 6 GrdstVG rechtfertigen.
Verfahrensgang
AG Leer (Beschluss vom 17.12.2008; Aktenzeichen 5a Lw 61/08) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 2 wird der Beschluss des Landwirtschaftsgerichts Leer vom 17.12.2008 geändert.
Der Bescheid des Landkreises Leer vom 27.6.2008 über die Versagung der Grundstücksverkehrsgenehmigung und Mitteilung der Ausübung des Vorkaufsrechts durch die Beteiligte zu 3 wird aufgehoben.
Die Grundstücksverkehrsgenehmigung zu dem vor dem Notarvertreter des Notars ... am 8.5.2008 geschlossenen Kaufvertrag zwischen der Beteiligten zu 2 und der Beteiligten zu 1 wird erteilt.
Klarstellend wird festgestellt, dass die Ausübung des Vorkaufsrechts durch die Beteiligte zu 3 nicht wirksam geworden ist.
Die Gerichtskosten der Verfahren in beiden Instanzen trägt die Beteiligte zu 3.
Von einer Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten wird abgesehen.
Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 254.844,90 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Beteiligten streiten um ein versagte Grundstücksverkehrsgenehmigung und die Wirksamkeit der Ausübung des Vorkaufsrechts nach dem Reichssiedlungsgesetz (RSG) durch die Beteiligte zu 3.
Die Beteiligte zu 2 verkaufte mit notariellem Grundstückskaufvertrag vom 8.5.2008 (UR-Nr. 341/2008 des Notars ...,) landwirtschaftlich genutzte Flächen in ... zur Größe von insgesamt 13,7754 ha an die Beteiligte zu 1 zum Kaufpreis von 254.844,90 EUR (18.500 EUR/ha). Der zuständige Notar beantragte für diesen Kaufvertrag mit einem am 13.5.2008 eingegangenen Antrag bei dem Landkreis ... als zuständiger Genehmigungsbehörde die Erteilung der Genehmigung nach dem Grundstückverkehrsgesetz. Nach einem Zwischenbescheid mit Verlängerung der Entscheidungsfrist auf zwei Monate erließ der Landkreis ... am 27.6.2008 einen Bescheid ggü. den beteiligten Vertragsparteien, in dem diesen mitgeteilt wurde, dass der zuständige Grundstücksverkehrsausschuss des Landkreises beschlossen habe, dass die Grundstücksverkehrsgenehmigung zu versagen wäre, dass die Beteiligte zu 3 als Vorkaufsberechtigte nach dem RSG ihr Vorkaufsrecht ausgeübt habe und die Veräußerung für das Rechtsverhältnis zwischen der Verkäuferin und der Vorkaufsberechtigten als genehmigt gelte. Zur Begründung wird in diesen Bescheid im Wesentlichen ausgeführt, dass bei einem Verkauf an die Beteiligte zu 1 der Versagungsgrund einer ungesunden Verteilung des Grund und Bodens nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG vorliege und im Hinblick darauf die Beteiligte zu 3 das Vorkaufsrecht nach §§ 4 ff. RSG ausgeübt habe.
Gegen diesen Bescheid hat die Beteiligte zu 1 einen Antrag auf Entscheidung des Landwirtschaftsgerichts gestellt.
Sie hat geltend gemacht, dass sie landwirtschaftliche Grundstücke entweder zum Zwecke der Verpachtung an Landwirte oder als Objekte für Tauschgeschäfte mit Landwirten erwerbe, um Ausgleichsmaßnahmen erfüllen zu können, die ihr von der zuständigen Behörde bei beantragten Genehmigungen für Kavernen zur Lagerung von Erdgas in Salzstöcken aufgegeben werden. Im vorliegenden Fall komme hinzu, dass die Grundstücke mit einem bestehenden Pachtvertrag mit einem Landwirt erworben würden, dem die Grundstücke auch weiter überlassen werden sollen. Unter diesen Umständen könne von einer ungesunden Verteilung von Grund und Boden keine Rede sein. (...)
Das Landwirtschaftsgericht hat nach Beweisaufnahme durch Vernehmung der am Kauf interessierten Landwirte den Antrag der Beteiligten zu 1 zurückgewiesen. (...)
Gegen diese Entscheidung des Landwirtschaftsgerichts wendet sich die Beteiligte zu 1 mit der sofortigen Beschwerde, mit der sie ihren Antrag auf Erteilung der Grundstücksverkehrsgenehmigung weiter verfolgt. (...)
II. Die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 1 ist nach § 22 LwVG zulässig und im Ergebnis auch begründet.
Sie führt dazu, dass der Bescheid der Genehmigungsbehörde vom 27.6.2008 über die angekündigte Versagung der Grundstücksverkehrsgenehmigung und die Mitteilung der Ausübung des Vorkaufsrechts aufgehoben und die Grundstücksverkehrsgenehmigung zu...