Leitsatz (amtlich)
Ein Absehen vom Fahrverbot nach § 25 StVG kommt in Betracht, wenn zwischen Verkehrsverstoß und letzter tatrichterlicher Entscheidung mehr als 2 Jahre liegen. Grundsätzlich nicht maßgebend ist der Zeitpunkt der Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts oder des -in den Fällen des § 25 Abs 2a Satz 1 StVG hiervon zeitlich abweichenden- Wirksamwerdens des Fahrverbotes.
Normenkette
StVG §§ 25, 25 Abs. 2a
Verfahrensgang
AG Westerstede (Entscheidung vom 05.05.2011) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Westerstede vom 05.05.2011 wird auf seine Kosten als unbegründet zurückgewiesen.
Gründe
Durch Urteil vom 05.05.2011 hat das Amtsgericht den Betroffenen wegen fahrlässiger Unterschreitung des Abstandes zu einer Geldbuße von 160 € verurteilt. Dem Betroffenen ist für die Dauer von einem Monat verboten worden, Kraftfahrzeuge jeder Art im öffentlichen Straßenverkehr zu führen, wobei das Amtsgericht eine Anordnung nach § 25 Abs. 2a Satz 1 StVG getroffen hat. Dem zu Grunde lag ein am 20.05.2009 auf der A 28 in der Gemeinde B... begangener Abstandsverstoß.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Rechtsbeschwerde des Betroffenen, mit der er die Verletzung materiellen und formellen Rechts rügt, sich jedoch "in erster Linie gegen die Verhängung des Fahrverbotes" wendet.
Der Betroffene macht geltend, dass zwischen der Tat und dem Urteil des Amtsgerichts annähernd zwei Jahre gelegen hätten. Die lange Verfahrensdauer sei allenfalls zu einem sehr geringen Teil von dem Betroffenen zu verantworten: "Die von dem Betroffenen lediglich zu vertretene Säumnis verzögerte das Verfahren nur marginal um vier Monate", so die Rechtsbeschwerdebegründung.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Rechtsbeschwerde mit der Maßgabe als offensichtlich unbegründet zu verwerfen, dass das Fahrverbot entfalle. Die Generalstaatsanwaltschaft hat hierzu ausgeführt, dass die dem Betroffenen zur Last gelegte Ordnungswidrigkeit ‚nunmehr‚ (das Schreiben der Generalstaatsanwaltschaft datiert vom 22.07.2011) vor mehr als zwei Jahren und zwei Monaten begangen worden sei. Berücksichtige man ferner, dass dem Betroffenen die Regelung des § 25 Abs. 2a Satz 1 StVG zugute kommen würde, könnte das Fahrverbot möglicherweise erst mehr als 21/2 Jahre nach der Tat wirksam werden.
Die gemäß § 79 Abs. 1 Nr. 2 OWiG statthafte Rechtsbeschwerde ist mit der Sachrüge zulässig begründet worden. Die lediglich in allgemeiner Form erhobene Rüge der Verletzung formellen Rechts ist bereits unzulässig, wie die Generalstaatsanwaltschaft zutreffend ausgeführt hat.
Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.
Der Schuldspruch lässt Rechtsfehler nicht erkennen. Insoweit wird ebenfalls verwiesen auf die Zuschrift der Generalstaatsanwaltschaft vom 22.07.2011, der sich der Senat insoweit anschließt.
Allerdings weist auch der Rechtsfolgenausspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen auf.
Das Fahrverbot nach § 25 StVG hat in erster Linie eine Erziehungsfunktion. Es ist als Denkzettel und Besinnungsmaßnahme gedacht und ausgeformt.
Der Senat folgt der überwiegend in der Rechtsprechung vertretenen Ansicht dahingehend, dass bei einem Zeitraum von mehr als zwei Jahren seit der Tat, das Fahrverbot seinen Sinn verloren haben kann (vgl. nur OLG Köln NZV 04, 422. KG VRS 113. Band, S. 69 jeweils m.w.N.). Nicht einheitlich beantwortet wird allerdings die Frage, auf welchen Zeitraum es dabei ankommt. Während teilweise das Wirksamwerden der Anordnung genannt wird (OLG Köln aaO. Bayerisches ObLG DAR 97, 115), stellen andere Oberlandesgerichte auf das Datum ihrer eigenen Entscheidung ab (vgl. OLG Schleswig DAR 02, 326. OLG Hamm, 3. Senat für Bußgeldsachen, Beschluss vom 17.02.2009 3 Ss OWi 941/08 juris. KG VRS 113. Band, S. 69). Demgegenüber hat das OLG Hamm (DAR 2000, 580) ausgeführt, dass von Bedeutung nur der Zeitraum zwischen Tatbegehung und der letzten tatrichterlichen Verhandlung sein könne, da der Tatrichter den sich anschließenden Zeitraum zwischen seiner Entscheidung und deren Rechtskraft nicht berücksichtigen könne und das Rechtsbeschwerdegericht lediglich zu prüfen habe, ob das Urteil des Tatrichters, auch was den Rechtsfolgenausspruch, insbesondere die Verhängung und Begründung eines Fahrverbotes betreffe, Rechtsfehler aufweise. Auch der 3. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm führt in einer Entscheidung vom 24.03.2011 (3 RBs 70/10, III - 3 RBs 70/10 juris) aus, dass grundsätzlich auf den Zeitraum zwischen Tat und letzter tatrichterlicher Entscheidung abzustellen sei.
Der erkennende Senat hat mit Beschluss vom 14. Juni 2010 (2 SsBs 226/09) ebenfalls die Auffassung vertreten, das grundsätzlich nur der Zeitraum zwischen Tatbegehung und letzter tatrichterlicher Verhandlung maßgeblich sei. An dieser Auffassung hält der Senat fest.
Nur der Tatrichter ist nämlich in der Lage zu überprüfen, ob der Betroffene sich nach dem ihm vorgeworfenen Vorfall verkehrsgerecht verhalten hat (vgl. zu diesem Erfordernis nur OLG Hamm, Beschluss vom 24....