Leitsatz (amtlich)
Wird in der Gebäude- oder Inhaltsversicherung der Versicherungsfall "Nässeschaden" dahin definiert, dass Leitungswasser bestimmungswidrig ausgetreten sein muss aus
a) Rohren der Wasserversorgung (Zu- und Ableitungen) oder damit verbundenen Schläuchen,
b) mit dem Rohrsystem der Wasserversorgung verbundenen sonstigen Einrichtungen oder deren wasserführenden Teilen,
so liegt kein Versicherungsfall vor, wenn einer Zisterne infolge eines Defekts an dem Ventil, das die Leitungswasserzufuhr regelt, über Monate Leitungswasser zugeführt wird, welches sodann über einen Überlauf in einen städtischen Regenwasserkanal fließt.
Ein Nässeschaden in dem oben beschriebenen Sinne setzt vielmehr voraus, dass Wasser die für den Wasserfluss vorgesehenen Rohre, Schläuche oder sonstigen Einrichtungen auf einem dafür nicht vorgesehenen Weg verlässt. Entspricht das Ableiten überschüssigen Wassers einer geplanten Konstruktion, fehlt es an dem erforderlichen bestimmungswidrigen Wasseraustritt. Das gilt auch dann, wenn das Geschehen dem Willen des Betreibers der betreffenden Anlage zuwiderläuft.
Der Versicherungsfall "Bruchschaden" tritt ein, wenn an einem Bauteil durch Materialveränderung ein Riss oder ein Loch entsteht. Dass ein Ventil nicht ordnungsgemäß schließt, weil eines seiner Bauteile festsitzt, genügt insoweit nicht.
Normenkette
VVG § 1 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
LG Osnabrück (Aktenzeichen 9 O 1314/19) |
Tenor
I. Der Senat beabsichtigt, die Berufung durch einstimmigen Beschluss nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen.
Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme zu diesem Hinweisbeschluss und Entscheidung über die Aufrechterhaltung der Berufung unter Kostengesichtspunkten binnen zwei Wochen nach Zustellung des Beschlusses.
II. Der Senat lässt sich bei seiner Absicht, nach § 522 Abs. 2 ZPO zu verfahren, von folgenden Überlegungen leiten:
Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung durch Urteil. Eine mündliche Verhandlung ist nicht geboten. Die Berufung gegen das klageabweisende Urteil, mit der der Kläger sein erstinstanzliches Klagebegehren weiterverfolgt, hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg.
Das angefochtene Urteil beruht weder auf einer Rechtsverletzung im Sinne der §§ 513 Abs. 1, 546 ZPO noch rechtfertigen die gemäß § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung, § 513 Abs. 1 ZPO.
Das Landgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
Gründe
1. Die Parteien streiten um Ansprüche aus einer Gebäude- und Inhaltsversicherung.
Die Klägerin ist im Bereich des Maschinenbaus tätig und unterhält bei der Beklagten, die ein Versicherungsunternehmen betreibt, eine Unternehmensversicherung. Diese schließt unter anderem die Gefahr Leitungswasser ein. Versicherungsbeginn war der 01.10.2016. Mitversichert ist neben der Klägerin die Eigentümerin und Vermieterin ihres Betriebsgrundstücks, die GG GbR.
Das Versicherungsverhältnis ist näher ausgestaltet durch die Versicherungsbedingungen der Beklagten zur (...), die weiter untergliedert sind, unter anderem in die Versicherungsbedingungen zur Sachversicherung (Gebäude-, Inhalts- und Ertragsausfall- /Betriebsschließungsversicherung, nachfolgend VB Sach).
Diese lauten auszugsweise wie folgt:
28 Versicherte Sachen
Soweit zu einer in den speziellen Bedingungen genannten Gefahr nichts Abweichendes geregelt ist, leistet der Versicherer Entschädigung für versicherte Sachen, die durch eine versicherte Gefahr zerstört oder beschädigt werden oder infolge eines versicherten Ereignisses abhanden kommen.
34 Mitversicherte Kosten
Der Versicherer ersetzt bis zur vereinbarten Entschädigungsgrenze auch ohne Berücksichtigung einer Unterversicherung (auf erstes Risiko) die infolge eines Versicherungsfalls tatsächlich entstandenen Aufwendungen und die folgenden notwendigen Kosten:
(...)
34.14 Kosten für Mehrverbrauch von Flüssigkeiten oder Erdgas
Kosten für Mehrverbrauch von Leitungswasser, Leitungswasser gleichgestellten Flüssigkeiten sowie von Erdgas sind Kosten, die dadurch entstehen, dass infolge eines Versicherungsfalls in der Leitungswasser- und Wasserlöschanlagenleckageversicherung Leitungswasser, Leitungswasser gleichgestellte Flüssigkeiten oder Erdgas (...) austreten und der Mehrverbrauch durch das Versorgungsunternehmen in Rechnung gestellt wird.
(...)
103 Versicherte Gefahren
Die Versicherung umfasst
a) Bruchschäden innerhalb von Gebäuden,
b) Bruchschäden außerhalb von Gebäuden,
c) Nässeschäden.
106 Nässeschäden
a) Ein Nässeschaden liegt bei bestimmungswidrig ausgetretenem Leitungswasser vor.
b) Das Leitungswasser muss ausgetreten sein aus
aa) Rohren der Wasserversorgung (Zu- und Ableitungen) oder damit verbundenen Schläuchen;
bb) mit dem Rohrsystem der Wasserversorgung verbundenen sonstigen Einrichtungen oder deren wasserführenden Teilen;
(...).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Versicherungsverhältnisses wird auf den Versicherungsschein (Anlagenband Blatt 196) sow...