Leitsatz (amtlich)
Der für die Höhe der Gebühr nach RVG VV Nr. 4142 maßgebliche Wert der anwaltlichen Beratung eines Angeklagten bezüglich eines von der Staatsanwaltschaft gestellten Verfallantrages richtet sich nach den zum Zeitpunkt der Beratung erkennbaren Umständen. OB sich später Anhaltspunkte für einen niedrigeren Wert ergeben haben, ist insoweit ebenso unerheblich wie die Höhe, in der letztlich das Gericht den Verfall von Wertersatz festgestellt hat.
Normenkette
RVG VV Nr. 4142
Verfahrensgang
LG Osnabrück (Entscheidung vom 01.06.2011; Aktenzeichen 10 KLs 22/10) |
Tenor
Die Beschwerde der Landeskasse gegen den Beschluss des Landgerichts Osnabrück vom 1. Juni 2011 wird als unbegründet verworfen.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
Rechtsanwalt ...war Verteidiger des Angeklagten in dem beim Landgericht Osnabrück anhängig gewesenen Strafverfahren, das am 15. Dezember 2010 mit dem Freispruch des Angeklagten und der Verpflichtung der Landeskasse zur Tragung der notwendigen Auslagen des Freigesprochenen endete. Dieser war angeklagt gewesen, unerlaubt mit Betäubungsmitteln in großen Mengen gehandelt zu haben. In der Anklageschrift war auch beantragt worden, den Verfall von 462.250 € als Wertersatz anzuordnen.
Mit Antrag vom 24. März 2011 hat Rechtsanwalt ... für seine Tätigkeit in Bezug auf die Abwehr des von der Staatsanwaltschaft beantragten Verfalls die Festsetzung und Erstattung einer Gebühr nach VV RVG Nr. 4142 (Verfahrensgebühr bei Einziehung und verwandten Maßnahmen) in Höhe von 2.878 € Euro beantragt, wobei er als Gegenstandswert die Höhe des in der Anklage beantragten Verfallbetrages zu Grunde gelegt hat.
Diesen Wert hält der Bezirksrevisor bei dem Landgericht Osnabrück für zu hoch, weil der in der Anklage genannte Verfallsbetrag angesichts der Vermögenslage des früheren Angeklagten nicht werthaltig gewesen sei. Er hat deshalb eine niedrigere gerichtliche Wertfestsetzung beantragt.
Mit Beschluss vom 1. Juni 2011 hat das Landgericht Osnabrück den Gegenstandswert der Verfallsanordnung auf den in der Anklage bezeichneten Wert - 462.250 € - festgesetzt und zur Begründung u. a. ausgeführt, es sei nicht ersichtlich, dass der Fiskus nicht in dieser Höhe hätte befriedigt werden können.
Hiergegen wendet sich der Bezirksrevisor namens der Landeskasse mit der vorliegenden Beschwerde. Zur Begründung vertieft er sein Vorbringen, die Verfallsanordnung sei in der sich aus der Anklage ergebenden Höhe nicht werthaltig gewesen. Seinerzeit hätten auch noch keine tragfähigen Vermögensermittlungen vorgelegen. Inzwischen habe sich herausgestellt, dass bei dem früheren Angeklagten allenfalls 4.000 € hätten beigetrieben werden können.
Die nach § 33 Abs. 3 RVG statthafte Beschwerde, der das Landgericht nicht abgeholfen hat, ist zulässig. Insbesondere ist der nach § 33 Abs. 3 Satz 1 RVG erforderliche Beschwerdewert erreicht, denn die Beschwerdeführerin wendet sich gegen eine Wertfestsetzung, die zu einer mehr als 200 € höheren Gebühr zu Lasten der Landeskasse führte.
Der Senat entscheidet in der Besetzung mit drei Richtern, weil die angefochtene Entscheidung nicht von einem Einzelrichter, sondern von der Kammer des Landgerichts erlassen worden ist, § 33 Abs. 8 Satz 1 RVG.
Das Rechtsmittel ist nicht begründet.
Die anwaltliche Beratung eines Angeklagten bezüglich eines von der Staatsanwaltschaft gestellten Verfallantrages löst die Gebühr nach Nr. 4142 der Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG (Nr. 4142 VV RVG) aus. Dies findet seinen Sinn darin, dass der Einsatz des Rechtsanwalts zur Bewahrung des Eigentums des Mandanten besonders abgegolten werden soll. Die Gebühr ist - unabhängig vom Umfang der konkret entfalteten Bemühungen des Rechtsanwalts - als reine Wertgebühr ausgestaltet.
Die vorliegend von Rechtsanwalt ...durchgeführte Beratung zur Abwehr des von der Staatsanwaltschaft in der Anklageschrift beantragten Verfalls von Wertersatz löste diese Gebühr aus. Die Beratung war geboten, weil in der Anklageschrift der Verfall beantragt worden war. Die für die Wertgebühr maßgebende Höhe des Verfalls richtet sich nach den zum Zeitpunkt der Beratung erkennbaren Anhaltspunkten. Diese fand hier nach Anklageerhebung, aber vor Beginn der Hauptverhandlung statt. Damit war die Gebühr auf der Grundlage des zu dieser Zeit gegebenen Gegenstandswertes entstanden. Ob sich später, etwa in der Hauptverhandlung, Anhaltspunkte für einen niedrigeren Wert ergeben haben, ist insoweit unerheblich. Deshalb kommt es (im Falle einer Verurteilung) auch nicht darauf an, in welcher Höhe letztlich das Gericht den Verfall von Wertersatz festgesetzt hat, vgl. OLG Stuttgart Beschl. v. 24.8.2010, Aktz.: 5 Ws 151/10 bei juris. OLG Karlsruhe NStZRR 2007, 683. KG NStZRR 2005, 358.
Vorliegend belief sich für den damit maßgeblichen Zeitpunkt der Wert auf die Höhe des in der Anklageschrift beantragten Verfalls. Zu dieser Zeit bestanden auch keine Anhaltspunkte für eine fehlende Werthaltigkeit dieses Betrages. Nach der Anklage hatte der Angeklagte...