Verfahrensgang
LG Osnabrück (Entscheidung vom 29.05.2008; Aktenzeichen 5 Ns 170/07) |
AG Meppen (Entscheidung vom 13.09.2007) |
Tenor
Auf die Revision des Angeklagten werdem das Urteil der 5. kleinen Strafkammer des Landgerichts Osnabrück vom 29. Mai 2008 und das Urteil des Amtsgerichts Meppen vom 13. September 2007 aufgehoben.
Der Angeklagte wird freigesprochen.
Die Kosten des Verfahrens und die darin dem Angeklagten entstandenen notwendigen Auslagen werden der Staatskasse auferlegt.
Gründe
Das Amtsgericht Meppen hat den Angeklagten am 13.09.2007 wegen Beleidigung zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu 10,00 EUR verurteilt. Die hiergegen eingelegte Berufung des Angeklagten hat das Landgericht mit Urteil vom 29.05.2008 mit der Maßgabe verworfen, dass der Angeklagte wegen Beleidigung zu einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu 10,00 EUR verurteilt wird.
Die gegen das Berufungsurteil gerichtete Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt, hat Erfolg und führt unter Aufhebung der Urteile zum Freispruch des Angeklagten.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat in ihrer Zuschrift vom 29.10.2008 u.a. folgendes ausgeführt:
"Die tatsächlichen Feststellungen tragen nicht den Schuldspruch der Beleidigung (§ 185 StGB).
Der Tatbestand der Beleidigung verlangt eine Kundgabe der Missachtung, Geringschätzung oder Nichtachtung. Vorausgesetzt wird eine Äußerung, die dem Betroffenen einen nicht vorhandenen Mangel an personalem Geltungswert ausdrücklich oder in Form einer Implikation nachsagt (Leipziger Kommentar - Hilgendorf, 11. Auflage, § 185, Rd.-Nr. 1). Die dem Angeklagten zur Last gelegte Äußerung, "Wenn nicht Sie dort säßen, sondern der Herr A..., und ich eine Pistole dabei hätte - dann würde ich ihn erschießen", unterstellt dem Verwaltungsbeamten A... keinen Makel, der dessen personalen oder sozialen Geltungswert herabmindern würde. Ebenso wie nicht jede Missachtung der körperlichen Integrität oder der Willensbetätigungsfreiheit in ein Beleidigungsdelikt umgewandelt werden kann (Fischer, StGB, 55. Auflage 2008, § 185, Rd.-Nr. 18), ist allein in der Drohung, einem anderen Menschen das Leben zu nehmen, noch nicht dessen Miss- oder Nichtachtung zu sehen.
Eine Umwandlung des Schuldspruchs in eine Verurteilung wegen Bedrohung (§ 241 StGB) dürfte ebenfalls nicht in Betracht kommen. Der Angeklagte hat dem Zeugen W... nicht mit der Begehung eines gegen ihn oder eine ihm nahe stehende Person gerichteten Verbrechens bedroht. Eine "nahe stehende Person" muss dem Bedrohten so verbunden sein, dass er eine Gefahr für diese Person auch für sich selbst als Drucksituation empfinden kann (Fischer a.a.O., § 35, Rd.-Nr. 7). Das ist bei Verwandten, Lebensgefährten, nahen Freunden oder Hausgenossen (Fischer a.a.O.), nicht aber bei einem Mitarbeiter der Fall.
Da auszuschließen ist, dass eine neue Hauptverhandlung eine weitere Sachaufklärung zu erbringen vermag, wird das Revisionsgericht auf Freispruch erkennen können (§ 354 Abs. 1 StPO)."
Diesen Ausführungen schließt sich der Senat an. Da der Angeklagte sich keiner Straftat schuldig gemacht hat, war er freizusprechen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 467 StPO.
Fundstellen
Haufe-Index 3030526 |
NJW 2009, 1015 |
NStZ-RR 2009, 77 |
NStZ-RR 2009, 77 (Volltext mit red. LS) |
Life&Law 2009, 355 (Kurzinformation) |
LL 2009, 355 |